Die Tochter des Königs
Blodeyn sich richtig aufgesetzt hatten.
Zwei der Männer saßen ab, einer hielt seine Fackel hoch über den Kopf, so dass für einen Moment sein Gesicht hinter
dem Rauch beleuchtet wurde und die Details seines Helms zu sehen waren, der Ohrenschutz, der sein schlammbespritztes gebräuntes Gesicht umrahmte, der durchnässte rote Helmbusch. Als der Lichtschein schließlich ins Innere der Hütte fiel, sah der Mann nur noch drei Frauen, die sich ängstlich erhoben und Stroh von ihren Kleidern wischten. Die Kinder waren fort.
Eigon lief tief in die Dunkelheit des Waldes, ihren Bruder und ihre Schwester hatte sie an die Hand genommen. Einmal schrie Togo vor Angst auf. Resolut zerrte sie ihn am Arm. »Sei still! Wir müssen uns verstecken!« Sie schlidderten einen Abhang hinab und blieben keuchend auf dem schlammigen Ruheplatz eines Schafes unter Haselsträuchern liegen. Eigon schloss die Augen und wartete. Der Regen hatte wieder eingesetzt, in der Ferne hörte sie Donner grollen. Unglücklich zog sie ihre Geschwister an sich. »Wir spielen Verstecken«, wiederholte sie mehr zu sich selbst als zu den beiden. »Wir müssen warten, bis Mama uns ruft. Wir spielen Verstecken. Wir müssen leise sein.«
Sie warteten sehr lange. Der Regen wurde immer stärker, schließlich zitterten alle drei vor Kälte. Auf einmal hielt Eigon es nicht mehr aus. Sie setzte sich auf. »Wartet hier«, befahl sie den beiden Jüngeren. »Untersteht euch, euch zu rühren, bevor Mama sagt, dass ihr rauskommen dürft. Habt ihr mich verstanden? Ich gucke nach, was passiert.«
Es war nicht leicht, in der Dunkelheit den Weg zur Hütte zurückzufinden, aber nach mehreren gescheiterten Versuchen und Umwegen konnte Eigon die dunkleren Umrisse des Unterstands vor dem dunklen Hügel ausmachen. Von dort, wo sie im Schutz eines Baums stand, sah sie keine Pferde. Fröstelnd und bis auf die Haut durchnässt, kroch sie zum Pfad und näherte sich vorsichtig der Hütte.
»Mama?«
Keine Antwort.
»Mama? Wo bist du? Spielen wir das Spiel immer noch?« Auf Zehenspitzen schlich sie näher und spähte hinein. Die Hütte war leer. »Mama?« Eigon drehte sich um und starrte in die Dunkelheit. »Mama?« Sie sprach im Flüsterton, ihre Stimme zitterte.
Wie zur Antwort wieherte ganz in der Nähe ein Pferd. Eigon erstarrte. Das Geräusch kam aus einem kleinen Wäldchen jenseits der eingefallenen Steinmauer. Sie kroch näher, und dann entdeckte sie sie. Die Männer hatten eine Fackel in einen Steinspalt gesteckt, und in deren flackerndem Licht sah sie ihre Mutter bewusstlos am Boden liegen, ihr Kleid über die Hüften geschoben, einer der Soldaten lag auf ihr. Er hielt ihre Hände über ihrem Kopf fest und stieß immer wieder in sie. Ihr Gesicht war von Schnittwunden entstellt, eines ihrer Augen war zugeschwollen. Ganz in der Nähe trat Alys schreiend um sich, während zwei Männer sie abwechselnd auf die Erde drückten. Von Blodeyn war keine Spur zu sehen.
»Mama?« Eigons Flüstern war tonlos vor Grauen. »Mama, spielen wir immer noch Verstecken?« Den Mann hinter sich hatte sie noch nicht bemerkt.
»Ja, was haben wir denn hier? Noch eine kleine Britannierin!« Zwei Hände packten sie, schwangen sie in den Lichtkreis der Fackel und ließen sie neben ihrer Mutter auf den Boden fallen.
Jess wachte vom verzweifelten, nicht enden wollenden Schreien des Mädchens auf. Dann lag sie da und starrte zur Decke, während Eigons Stimme durch das Zimmer hallte. Draußen dämmerte der Morgen. Jess hörte den jubilierenden Morgenchor der Vögel aus dem Wald jenseits der Gartenmauer.
Als sie sich aufsetzte, zitterte sie vor Angst, und ihre Bettwäsche war schweißdurchtränkt.
Sie hatte von einer Vergewaltigung geträumt. Nicht ihrer eigenen. Einer grausamen, niederträchtigen, mörderischen Vergewaltigung eines Kindes. Schluchzend stand Jess auf und stürzte ins Bad, wo sie sich würgend übergab. Das Grauen dessen, was sie gerade gesehen hatte, war überall, sie konnte die Bilder einfach nicht aus ihrem Kopf verbannen. Die Gesichter der Männer, der Geruch von Lust, der grausame Hohn. Die Beiläufigkeit, mit der einer von ihnen das Kurzschwert zog und Alys damit die Kehle durchtrennte, als sie sich zwischen ihn und das Mädchen werfen wollte, so dass sie wie eine zerbrochene Puppe auf den Boden fiel, den Kopf halb vom Körper abgetrennt. Und das Kind, das Mädchen, dessen Schreie Jess in den Ohren hallten. Einer von ihnen hatte das Mädchen festgehalten, ein anderer hatte
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