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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Äste über ihnen, die Blätter rauschten in der Dunkelheit.
    »Wo ist sie?«, rief Meryn wieder.
    Das Kind verblasste.
    »Komm zurück. Bitte rede mit mir!«
    Aber sie war fort.
    Meryn seufzte. »Ich konnte sie nicht festhalten.«
    »Ist Jess tot?« Rhodri klang verzweifelt. »Wollte sie das damit sagen?«
    »Ich glaube nicht.« Meryn seufzte. »Ich habe nicht das Gefühl, dass sie tot ist. Hier passiert so vieles gleichzeitig, so viele unterschiedliche Geschichten laufen parallel.«
    »Was ist mit Titus?«

    »Ich spüre ihn nicht in der Nähe. Schon länger nicht. Ich weiß nicht, ob er Daniel folgt. Irgendwie bezweifle ich das. Die Verbindung zwischen den beiden ist momentan unterbrochen, aber das heißt nicht, dass er nicht noch in der Gegend ist. Wenn er es wirklich darauf abgesehen hat, Eigon zu fassen, ist es gut möglich, dass er hier in der Nähe ist. Vielleicht hat er sich mit der Energie dieses Kindes verbunden.« Er schüttelte den Kopf. »Wir bewirken hier nichts Gutes. Ich glaube, wir sollten kehrtmachen.«
    »Nein! Wir dürfen nicht weg! Noch nicht. Wir müssen nach Jess suchen. Was, wenn sie sich verletzt hat und irgendwo hier liegt? Vielleicht ist sie bewusstlos.« Rhodri klang außer sich vor Sorge.
    »Der Gedanke ist mir auch gekommen. Das könnte erklären, warum sie halb in dieser Welt ist und halb nicht.«
    »Das spüren Sie?« Entsetzt sah Rhodri zu ihm.
    »Ich bin mir nicht sicher, was ich spüre.« Meryn seufzte wieder. »Ich bekomme sehr widersprüchliche Signale. Jemand verschleiert das Bild, und zwar absichtlich. Eine Frau, die das sozusagen von der Pike auf gelernt hat. Sie wehrt mich ab und verbirgt alles, was passiert, vor mir.«
    »Aber die können Sie doch überlisten, oder nicht?«
    Meryn zuckte mit den Schultern. »Das hatte ich auch immer geglaubt. Aber diese Person ist sehr mächtig, ausgesprochen mächtig.« Er streckte die Hände aus und spreizte die Finger, als wolle er die klebrige Luft um sich trennen. »Marcia.« Er lächelte. »Einen kurzen Moment hat sie nicht achtgegeben, und ich habe sie gespürt.« Lange herrschte Stille, er hatte die Augen geschlossen. Beklommen beobachtete Rhodri ihn.
    »Marcia Maximilla. Jetzt lässt sie mich sie sehen. Sie glaubt, sie habe nichts zu befürchten. Sie verhöhnt mich mit ihren Fähigkeiten. Sie ist die Beste.« Er lächelte finster.

    »Ist sie eine Römerin?« Ehrfurcht schwang in Rhodris Flüsterstimme mit.
    »O ja, sie ist eine Römerin.« Meryn lächelte. »Eine grandiose Herausforderung.«
    »Und weiß sie, wo Jess ist?«
    Meryn schwieg einige Sekunden. »Tja, das werden wir abwarten müssen.«
     
    Der Wagen hatte Eigon bei einer Villa abgesetzt, die gleich an der Hauptstraße lag, genau, wie sie es erwartet hatte. Aber ohne ihr Wissen waren sie einer Straße gefolgt, die von Durovernum wieder nach Süden Richtung Portus Lemanis führte. Ganz in der Nähe fand sie ein mansio , das auf Reisende eingestellt war. Dort wartete sie den ganzen Nachmittag und die folgende Nacht, die sie in ihren Umhang gehüllt auf einer Bank verbrachte, da sie sich ein Bett nicht leisten konnte. Schließlich wurde ihr klar, dass Commios und Drusilla nicht mehr kommen würden. Unglücklich fragte sie sich, was sie jetzt tun solle. Aber sie unterdrückte die Panik, die in ihr aufzusteigen drohte, und überschlug im Kopf, wie viel Geld noch in ihrer Börse war - so gut wie keines. Sie hatte nichts als den Korb, den Umhang und ein paar feste Schuhe. Eine Weile weigerte sich ihr Verstand, klare Gedanken zu fassen. Die Vorstellung, ohne ihre Freunde weiterzureisen, kam nicht in Frage, und den Gedanken, was ihnen zugestoßen sein könnte, wollte sie nicht weiter verfolgen. Waren sie gefasst worden? Sollte sie umkehren? Aber wie sollte sie sich gegen Titus zur Wehr setzen? Wo war er? War er ihr auf den Fersen, oder hatte er inzwischen ihre Spur verloren?
    Vielleicht konnte sie mit ihm verhandeln. Vielleicht konnte sie ihm anbieten, sich selbst auszuliefern, wenn er ihre Freunde freiließe. Bei der Idee musste sie an Julius denken
und an einen anderen Plan, der gescheitert war. In Rom. Tränen traten ihr in die Augen. Mit steifen Gliedern, hungrig und fröstelnd stand sie schließlich auf und schlug den Weg zurück nach Durovernum ein. Fast sofort erbot sich ein Bauer, sie ein Stück auf seinem Wagen mitzunehmen. Da erst wurde ihr klar, dass sie an der falschen Straße gewartet hatte. Der Bauer erbarmte sich ihrer und gab ihr etwas Brot und ein Stück von dem

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