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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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sein weiteres Schicksal abwarten.«
    Das musste man ihr lassen, sie zuckte nicht einmal zusammen. Ihre Schultern blieben nicht minder straff als vorher, ihr Gesicht war wieder ausdruckslos.
    »Ich werde Euch ebenfalls dorthin bringen lassen, zusammen mit Eurer Tochter. Wenn ich es recht verstehe, wurde sie von einem meiner Männer tätlich angegriffen?«

    Cerys sah ihm in die Augen. »General, wir wurden beide von Euren Männern geschändet.«
    »Sobald sie dingfest gemacht sind, werden sie bestraft. Darauf habt Ihr mein Wort, Herrin. Was Eure beiden anderen Kinder betrifft«, seine Stimme wurde etwas weicher, »so wurde alles darangesetzt, sie zu finden.«
    All ihrer Willenskraft zum Trotz konnte sie diesen Schmerz nicht verbergen.
    »Ist alles unternommen wurden?« Er wandte den Blick zu dem Präfekten Justinus, der neben ihr stand.
    Dieser nahm Haltung an und salutierte. »General, wenn sie dort zu finden gewesen wären, hätten wir sie gefunden. Die Suche wurde auf ein sehr großes Gebiet ausgedehnt. Entweder sie wurden von Stammesleuten gefunden und in die Berge gebracht, oder …« Er machte einen kurze Pause und warf einen Blick zu seinem Kommandanten. »Oder sie sind nicht mehr.« Wölfe. Das Wort hing in der Luft, doch aus Rücksicht auf die Gefühle der Frau sprach keiner es aus.
    Scapula seufzte. Er war sich so gut wie sicher, dass die Frau ihre beiden jüngeren Kinder nie mehr sehen würde. Und er war nicht bereit, die Zeit seiner Soldaten noch länger auf deren Suche zu verschwenden. Dass Cerys und eine ihrer Töchter in seinem Gewahrsam waren, war ihm Druckmittel genug, wenn er denn eines gegenüber Caratacus benötigte. Jetzt, da er von der Gefangennahme des Fürsten erfahren hatte, brauchte er die beiden eigentlich gar nicht. Allerdings würde es den Einheimischen ihre Niederlage noch deutlicher vor Augen führen, wenn er diese Geiseln vor den Einwohnern von Camulodunum, der einstigen Hauptstadt des Vaters dieses Mannes, zur Schau stellen ließ.
     
    Im Zelt setzte Cerys sich an das Bett ihrer Tochter und legte ihr einen Arm um die Schultern. »Mein Herz, dein Vater ist
gefunden worden. Er ist am Leben, verletzt zwar, aber nicht allzu schwer.« Wozu sollte sie Eigon sagen, dass er gefangen genommen worden war? Wozu ihr sagen, dass die Königin der Briganten ihn verraten hatte, und nicht nur ihn, sondern ihr Blut, ihre Sippe, ihren Eid gegenüber den Göttern und ihrem Volk? Verzweifelt presste Cerys die Lippen aufeinander. Sie würde Togo und Glads nie wiedersehen. Das hatten die Römer deutlich gemacht. Sie waren nicht gefühllos, Cerys hatte das Mitleid in Scapulas Augen gesehen, aber er würde die Suche abbrechen. Und niemals, gelobte Cerys sich und drückte ihre Tochter an sich, niemals würde ihr ein Wort über die Lippen kommen, das Eigon als Vorwurf auffassen könnte.
     
    Es war ein Spiel! Können wir jetzt damit aufhören?
    Die Stimme hallte Jess im Schlaf durch den Kopf.
    Bitte, können wir jetzt aufhören zu spielen?
    Diese Worte sprach nicht Eigon, sondern ein kleineres Kind. Ihre Schwester.
    Unruhig drehte Jess sich um und knuffte das Kissen. »Sie ist am Leben! Sie lebt noch! Glads ist am Leben. Ach bitte, jemand soll doch nach ihr suchen!« Sie rief die Worte nur in Gedanken, und niemand hörte sie.
    Die Lampen brannten herunter, niemand war gekommen, um das Öl nachzufüllen, und das Zelt war voller Schatten. Cerys sah die Silhouetten der beiden Wachposten hinter der Zeltklappe. Vor dem Schein der Flammen hob sich ihr Profil ebenso schwarz ab wie ihre gekreuzten Lanzen.
    Wieder hallte die dünne Stimme durch Ty Bran:
    Eigon, wo bist du? Kann ich Togo sagen, dass er jetzt rauskommen darf?
    Im Schlaf stöhnte Jess leise auf.

    Vor dem Haus huschte eine Gestalt über den Hof und blieb einen Moment vor der Haustür stehen. Es wurde gerade hell.
    Vorsichtig versetzte Daniel der Tür einen leichten Stoß, rüttelte leise am Knauf, dann schlich er am Haus entlang und hielt an der Ecke zögernd inne. Im Stechpalmenbusch flatterte die Amsel zu ihrem Beobachtungsposten hinauf und stieß einen Warnruf in die kalte Morgenluft, so dass Jess mit einem Ruck aufwachte. Noch während sie sich aufsetzte, verflüchtigte sich ihr Traum.
    Nervös spitzte sie die Ohren. Irgendetwas war da. Sie warf die Decken zurück, stand leise auf und schlich gebückt zum Fenster. Der Hof war leer, fast farblos lag er im allerersten Morgenlicht da. Lautlos schob sie das Fenster auf und beugte sich hinaus. Auf dem

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