Die Tochter des Leuchtturmmeisters
oder es eventuell auch gar nicht schaffe. Dann redete er weiter, ich könne ja zu meinem Französischkurs gehen, weil aus der Bootstour nichts würde, doch der ist freitags und nie montags.«
»Wer ist dieser Franzose, von dem er sprach«, fragte Karin.
»Ich wollte es gerade erzählen. Per ist fasziniert von der Meeresgeschichte und kann die Namen aller Piraten im Schlaf hersagen. François Lolonois war ein blutrünstiger Pirat, der seine Raubzüge im 17. Jahrhundert ausführte. Per aber hat den Namen falsch gesagt, er nannte ihn Pierre François Lolonois und redete dann von meinem Französischkurs. Das klingt vielleicht weithergeholt, aber Per würde sich nie bei einem Namen irren, und dann war da noch was. Das Letzte, was er sagte, und das ist das Merkwürdigste: Ich solle nicht vergessen, die Buccaneere zu leeren.«
»Die Buccaneere?«, fragte Karin verwundert. »Bist du sicher, dass er Buccaneere gesagt hat?«
»Ganz sicher«, sagte Anita, »und ich sehe, dass du weißt, was das bedeutet.«
Karin nickte. Sie wusste es nur zu gut.
»Piraten«, sagte sie und schaute Rob an.
Jerker war den MP3-Player durchgegangen. Das Gerät war rotlackiert in derselben Nuance wie die Kitchenaid, eines ihrer Hochzeitsgeschenke, hatte er gedacht, während er ihn mit seinem Computer verband.
Ein Piepton teilte mit, dass der PC die neue Hardware erkannt hatte. Ein Glück, dass der Mann einen Trockenanzug getragen hatte.
Außer den Musikdateien fand Jerker zwei Bild- und fünf Textdateien. Er machte eine Sicherheitskopie vom gesamten Inhalt und brannte das Ganze auf eine CD, die er beschriftete, bevor er sie zum Ansehen öffnete. Zwei der Dateien schienen verschlüsselt, und die Sache war obendrein sehr gut gemacht. Nach einer Schnelldurchsicht mailte er die Dateien, die er hatte öffnen können, als äußerst dringlich an Karin, Rob und Folke. Dann wählte er Karins Nummer, aber die war besetzt, dasselbe bei Rob. Jerker zögerte, wählte dann aber doch Folkes Mobilnummer.
Zwanzig Minuten später stand Folke in Jerkers Zimmer und betrachtete die Hightechausrüstung. Heutzutage Polizist zu sein, war nicht mehr dasselbe wie früher. Nur noch selten rannte die Polizei mit Gummiknüppeln herum und jagte Schurken. In der jetzigen Zeit wurden Computer beschlagnahmt, und manchmal nannte man sie nicht Computer, sondern Server, und wenn man von Cookies sprach, meinte man keine Kekse. Jerker hörte den Seufzer, den Folke ausstieß.
»Mann, siehst du bedripst aus«, sagte Jerker. Das klang besser als alt und müde.
»Ja, manchmal fühle ich mich wie ein übriggebliebener Dinosaurier«, gestand Folke.
»Steht es so schlimm?«, fragte Jerker, den Blick auf den Kollegen gerichtet, während er zugleich auf die Tastatur einhämmerte.
»Ich habe gerade an dich gemailt, wollen mal sehen. Wie ist es, kannst du ein bisschen Deutsch?«, fragte Jerker, währendder Drucker losrasselte. Folke nahm die Seiten an sich. Wäre Karin hier gewesen, sie hätte den Packen durchgeblättert, um sich einen Überblick zu verschaffen, dachte Jerker. Ganz anders Folke. Er las Seite für Seite. Es schien ein Zeitungsartikel über Schweden zu sein. Folke machte eine Ausnahme und blätterte zum Ende vor. Darunter stand in der Tat ein Name. Er notierte ihn auf seinem Block, verabschiedete sich von Jerker und ging mit schweren Schritten zurück an seinen Schreibtisch.
Jerker zog an seinen Fingern, bis einer nach dem anderen ein Knacken hören ließ. Schließlich nahm er sich die beiden verschlüsselten Dateien vor. Vielleicht konnte er auf andere Weise zu ihrem Inhalt vordringen. Zum Beispiel über den PC, an dem man die Dateien eingerichtet hatte. Die Software war auf den Namen Sara von Langer registriert. Jerker erkannte den Namen wieder. Mit ein wenig Glück befanden sich alle Originaldateien unverschlüsselt und lesbar in ihrem Computer.
Folkes Deutschkenntnisse von der Realschule hatten ihre Grenzen, aber nachdem er an seinen Schreibtisch zurückgekehrt war, buchstabierte er sich langsam durch die ersten beiden Artikel.
»Hallo, Folke, wie läuft’s?« Carsten, der von draußen kam und die Jacke noch anhatte, blieb neben ihm stehen.
»Markus Steiner, das könnte der Name des Tauchers sein. Er hatte so einen Player bei sich, und da kann man anscheinend auch anderes als Musik drauf speichern. Er hat Artikel für Zeitungen geschrieben, vermutlich war er Journalist.«
»Markus Steiner, das klingt nicht sehr schwedisch.« Carsten beugte sich vor, um auf
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