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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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noch einmal wagen, Licht zu machen? Tasil hatte es verboten. Sie kämpfte mit sich. Es konnte zumindest nicht schaden, es griffbereit zu haben. Hell, dunkel, hell, dunkel, hell, dunkel-hell. Alles war so wie vorher. Aber dennoch, da war etwas, sie konnte es fühlen.
    Das bilde ich mir nur ein!, versuchte sie sich zu beruhigen. Sie konnte ihren eigenen Atem hören. Er ging schnell und schneller. Wenn sie nur etwas sehen könnte! Aber hier war es stockfinster, sie konnte die Hand vor den Augen nicht sehen. Unruhig fühlte sie nach dem Feuerstein. Er war an seinem Platz. Hell, dunkel, hell, dunkel, hell, dunkel-hell.
    Und dann waren sie da: zwei rote Punkte in der Dunkelheit. Sie waren so schwach, dass sie fast mit der Dunkelheit verschmolzen,
ja, es sah aus, als würde sich um diese beiden kleinen Punkte die Dunkelheit noch stärker zusammenballen. Sie näherten sich durch den Eingang der Kammer, langsam, lautlos. Maru hielt den Atem an. Die Angst lähmte sie. Zwei Punkte, Augen, umgeben von Finsternis. Sie konnte den Feuerstein kaum festhalten, verzweifelt versuchte sie, einen Funken zu schlagen. Die beiden mattroten Punkte verharrten. Endlich sprang der Funke in den Zunder. Eine kleine Flamme leuchtete auf und schlug die Dunkelheit in die Flucht.
    »Ich grüße dich, Maru Nehis«, sagte eine silbrige Stimme.
    Maru verbrannte sich die Finger. Der Zunder fiel ihr aus der Hand und verlosch. Sie war erschrocken, wütend, erleichtert und verblüfft zugleich. »Utukku!« Maru kämpfte gegen die Versuchung an, noch einmal Licht zu machen.
    »Sonnenaufgang«, flüsterte der Daimon. Seine Stimme schien von überall aus der Dunkelheit zu kommen.
    »Was willst du hier?«, fuhr sie ihn an.
    »Dann beginnt es.«
    Maru seufzte. Es hatte sich nichts geändert. Der Daimon sprach immer noch in Rätseln. Sie schwieg. Vielleicht war es besser, ihn einfach reden zu lassen. Irgendwann würde er schon sagen, was er wollte.
    Aber der Daimon sagte nichts mehr. War er überhaupt noch da? Immer noch war es stockfinster in der Kammer, und Maru konnte die Hand vor Augen nicht sehen. »Utukku?«
    »Blut.«
    »Was?«, rief sie entsetzt.
    Die silberne Stimme erklang erst nach einer gefühlten Ewigkeit wieder. »Nicht genug Steine.«
    Maru stöhnte. War es nicht schon schlimm genug, dass sie in dieser Grabkammer saß? Musste sich jetzt auch noch dieser unergründliche Daimon dazugesellen?

    »Du musst mir etwas geben«, sagte Utukku. Seine Stimme war leiser geworden, fast nur noch ein kalter Hauch.
    Marus Geduld war am Ende. Sie hatte sich wirklich bemüht, aber sie ertrug es einfach nicht länger: »Was? Was soll ich dir geben? Was willst du von mir? Warum kannst du nicht einfach verschwinden und mich in Ruhe lassen?«
    Der Daimon antwortete nicht. Tropfen fielen in die Stille. Sie lauschte. War er noch da? Oder hatte er sie allein zurückgelassen?
    »Utukku?«, fragte sie zaghaft in die Dunkelheit. Aber die Dunkelheit antwortete nicht. Da war nur das Fallen der Tropfen in einiger Ferne. Hell, dunkel, hell, dunkel, hell, dunkel-hell …
     
    Eine Viertelstunde später ertönte draußen ein Posaunenstoß. Es war nicht das Durcheinander der vielen Hörner, das sie bei ihrem Einzug in die Stadt empfangen hatte, es war ein langer, klagender Ton, der anschwoll und langsam wieder verebbte. Hatte Utukku das mit » es beginnt « gemeint? Fing jetzt – endlich – die Beisetzung des Raik an? Eine Art Sprechgesang ertönte. Es klang überraschend nah. Sie waren entweder schon in der Grabanlage oder dicht vor dem Eingang.
    »Edhil hat sich erhoben!«, riefen viele Stimmen.
    Rotes Licht fiel in den Gang. Maru war auf seltsame Art erleichtert. Natürlich wurde es jetzt richtig gefährlich, aber alles war besser als dieses endlose Warten in der Finsternis. Sie duckte sich hinter den Steinsockel und spähte vorsichtig um die Ecke. Nach der langen Dunkelheit erschien ihr das Licht der Fackeln hell wie der Tag.
    »Edhil hat sich erhoben!«, sang eine einzelne, unangenehm hohe Stimme. »Er öffnet die Pforten des Erdkreises, er zeigt Utu die Herrlichkeiten der anderen Welt. Uo hat sich erhoben! Er geleitet Utu in seine Stadt Ud-Sror.«
    Maru konnte jetzt Schritte hören. Sie zog den Kopf ein und kauerte sich hinter dem Sockel zusammen.

    Die Stimme fuhr mit dem Sprechgesang fort. »Verneigt euch, ihr Toten, denn Fürst Utu-Hegasch kommt in euer Land. Er wird Platz nehmen an der Seite Uos und herrschen – wie in diesem Leben, so auch im nächsten.« Die Stimme war

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