Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
widerliches, schmatzendes Geräusch. Es kam aus der Grube unter ihr. Der Sand verschlang den Toten, und er ließ sich dabei Zeit.
    Als sie vor dem düsteren Eingang stand, zögerte sie noch einmal. Tasils Hand kam aus der Dunkelheit, packte sie am Kragen und zog sie hinein. Es war stockfinster, und Maru konnte nicht einmal die Hand vor Augen sehen. Tasil zerrte sie einige Schritte durch die Finsternis, um eine Ecke, noch eine. Dann ließ er sie los, und kurz darauf flackerte ein schwaches Licht auf. Er hatte etwas Zunder entflammt.
    Aus der Tiefe seines Umhangs zog er eine Kerze hervor, biss ein Stück vom Docht ab, um die Flamme klein zu halten, und zündete sie an.
    Das Licht enthüllte einen breiten Gang. Vier Männer hätten hier bequem nebeneinander stehen können, und er war so hoch, dass Tasil selbst mit ausgestreckter Fackel die Decke nicht hätte erreichen können. Die Wände waren glatt behauen und bemalt. Es waren die schlichten Muster, die die Akkesch bevorzugten: Grade Linien, Zickzackmuster in verschiedenen Farben. Maru hatte im Augenblick keinen Sinn für die schlichte Schönheit der Wandbemalung. Sie musste an den toten Krieger denken und an die Grube mit Treibsand.
    »Diese Grube«, begann sie, und ihre Stimme versagte ihr fast den Dienst. »Was... was ist mit den Sklaven?«

    »Wie?« Tasil starrte sie verwundert an. »Was soll mit ihnen sein? Ihr Herr ist tot, und sie haben ihre letzte Pflicht erfüllt. Hattest du angenommen, sie würden noch leben?« Er leuchtete den Gang hinauf und hinab. Wenige Schritte entfernt befand sich eine Abzweigung.
    »Aber diese Grube. Was ist dort geschehen?«
    Tasil untersuchte den Seitengang. Maru folgte ihm notgedrungen. Nach zwei Schritten mündete der Gang, der nur ein breiter Durchlass war, in eine offene Kammer.
    »Kwem wusste einiges darüber«, sagte Tasil nebenher. »Der Baumeister dieser Anlage war nämlich ein ständiger Gast bei ihm und dem Brotbier mehr zugetan, als gut für ihn war. Die Akkesch hatten vor, diese Grube zur Hälfte mit Wasser, zur anderen Hälfte mit Sand zu füllen. Treibsand eben. Offenbar haben sie das inzwischen getan. Eine sehr hinterhältige Falle, wenn du mich fragst.«
    »Und die Sklaven?«, fragte Maru tonlos.
    »Die haben sie gleich dort gelassen. Du weißt, die Akkesch denken da praktisch.«
    In der Kammer waren die Farben kräftiger und die Muster dichter. Die verschiedenen Linien trafen sich auf halber Höhe der Wand und formten ein strenges und kühles Blumenmuster. Maru versuchte, nicht an die Sklaven zu denken.
    »Das muss die Kammer einer der Frauen sein«, murmelte Tasil.
    Kammer? Was für ein unpassendes Wort. In Akyr hatte Maru in einer Hütte gewohnt, die kleiner war als dieser Raum. Und sie hatte sich die Behausung noch mit der Familie des Bauern und vier anderen Sklaven geteilt.
    Große Krüge und Tongefäße waren vor den Wänden aufgestapelt. Sie waren mit Schimmel überzogen, und es roch modrig. In der Mitte des Raumes zog ein steinerner Block ihre Blicke auf sich, auf dem etwas lag. Es war nicht sehr groß, in kostbare Stoffe
geschlagen und mit einem dichten Netz von Seilen verschnürt. Es mochte einst der Körper einer Frau gewesen sein. Als Maru näher trat, stellte sie fest, dass auch der Stoff von Schimmel befallen war. Die Tote trug etwas um den Hals, eine vielteilige Kette, deren Metallplättchen von Grünspan bedeckt waren.
    »Inanna oder Frywa?«, fragte sich Tasil halblaut. »Nun, es ist gleich. Es mag hier das eine oder andere Wertvolle geben, doch dafür haben wir keine Zeit. Komm weiter!«
    Tasil trieb sie zur Eile. Sie verließen die Kammer und drangen weiter in den Berg vor. Es war überraschend feucht, wie Maru fand. Der Gang wurde plötzlich niedriger, und Tasil zog den Kopf ein. Sie stießen auf eine Kammer, die nur halb fertiggestellt war. Es war leicht zu sehen, warum. Rötlich schimmernde Pfützen standen auf dem Boden, und die Decke war mit einer dichten Kalkablagerung bedeckt. Einzelne Wassertropfen fielen herab. Sie kehrten um und folgten einer Abzweigung. Dort stießen sie auf eine zweite Kammer. Auch hier war eine Frauenleiche inmitten einer großen Zahl von Krügen, Bündeln und Tonflaschen aufgebahrt.
    »Frywa«, stellte Tasil nüchtern fest.
    Es war leicht zu sehen, dass diese Kammer viel jünger war als die erste. Die Farben waren frischer, und es gab keinen Schimmel auf den Tonkrügen. Die roten und braungoldenen Stoffe, in die die Leiche eingeschlagen war, sahen neuer aus. Sie waren

Weitere Kostenlose Bücher