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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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nicht mehr in den Lauf dieser Welt eingreifen.‹ Und von jenem Tage an zieht Edhil nur noch im Sonnenwagen seine Bahn, fern vom Schicksal der Menschen, und wenn er noch träumt, so nichts mehr, was diese Welt berührt. So also beginnt das Hohe Lied von Boga und Arku, den göttlichen Jägern.«

    »Biredh, ich muss zurück«, drängte Maru.
    Der Erzähler seufzte. »Es ist wirklich eine gute Geschichte, voller Größe und Edelmut, aber gut, lass mich also wenigstens das Ende erzählen: Boga und Arku töteten die schrecklichen Wesen aus Edhils finsteren Träumen, bis nur noch wenige übrig waren. Die zwei gefährlichsten aber hatten sie noch nicht besiegt. Das waren die Erdschlange Fran und der Felsriese Mir. Beide waren unsterblich, und die Jäger wussten nicht, wie sie sie töten sollten. Dennoch wagten sie den Kampf in der Hoffnung, eine Schwachstelle des Feindes zu finden. Boga ließ sein goldenes Horn erschallen, und dann stellte er mit seinem Schwert den Felsriesen. Sie kämpften lange, ohne dass einer die Oberhand gewinnen konnte, und die Erde bebte unter ihren Füßen. Schließlich aber schlug Boga dem Riesen das unsterbliche Haupt von den Schultern. Da floh dessen kopfloser Leib – immer nach Süden, bis zum Rand der Welt, und dort stürzte er in den bodenlosen Abgrund, der unsere Welt umgibt. Es heißt, er stürzt noch immer. Sein Kopf aber weinte bittere Tränen, und als sie trockneten, blieb nur das Salz zurück. Du kannst es heute noch sehen, denn dort liegt die Balas, die weiße Salzwüste der Romadh. Das Haupt schlug Wurzeln in der Erde, es starb nicht, doch es lebte auch nicht mehr. Es verwitterte und versteinerte zu einem riesigen Gebirge, dem Himmelsgebirge, von dem du sicher schon gehört hast.«
    »Und die Schlange?«, fragte Maru ungeduldig.
    »Ah, die Schlange. Während Boga also den Riesen Mir bezwang, stellte Arku mit seinem unfehlbaren Bogen die Erdschlange Fran, ein Ungeheuer mit zwei Köpfen und hundert Klauen. Pfeil auf Pfeil sandte er in ihren unsterblichen Leib. Doch jede Wunde, die seine Geschosse schlugen, schloss sich wieder, und Fran lachte darüber. Und sie griff Arku mit ihren hundert Klauen an, spie Feuer und Rauch – aber auch jener war unverwundbar. Als der Jäger seinen letzten Pfeil verschossen hatte, da stürzte er sich im
Kampfesrausch mit bloßen Händen auf die Schlange. Sie rangen miteinander, Fran umschlang seinen Leib mit ihrem schuppigen Körper – und erdrückte ihn. Denn Arku war zwar unverwundbar, aber nicht unsterblich. Und so starb Arku, der Große Jäger.
    Boga hörte den Hilferuf seines Gefährten, doch er hörte ihn zu spät. Als er kam, sah er, wie Fran den Toten verschlang. Sein Zorn war noch größer als sein Schmerz, und beide zusammen verliehen ihm ungeheure Kräfte. Er packte Fran, hob sie hoch und zerschmetterte sie im Staub. So gewaltig war ihr Aufprall, dass die Erde zerbrach und Wasser aus der Tiefe aufstieg. Das Schlangenmeer nennt man diese Stelle heute. Fran war also zerschmettert, aber sie war nicht tot. Aus den vielen hundert Teilen ihres Leibes entstand neues Leben – die großen Seeschlangen. Sie sind weder unsterblich noch unverwundbar wie ihre Mutter, doch leben sie Tausende von Jahren, und es ist schwer, sie zu töten. Es ist gut, dass sie einander bekämpfen, sodass es heute nur noch wenige gibt. Von Zeit zu Zeit sieht man sie an den Ufern von Awi und Aurica, oder Schiffe begegnen ihnen weit draußen auf dem Schlangenmeer. Meist ruhen sie irgendwo am Grunde dieses Meeres und warten. Ein Schrecken allen Menschen.«
    »Der Maghai hatte einen Panzer aus der Haut so einer Schlange«, erinnerte sich Maru.
    »Es heißt, in der Haut der Seeschlangen wohnen noch Reste der Zauberkraft der Schlangenmutter Fran. Vielleicht kannst du dir denken, welcher Art diese Kräfte sind – wenn es sie wirklich gibt.«
    Maru seufzte. Die Haut hatte den Maghai weder unverwundbar gemacht noch geheilt. Ganz im Gegenteil. Biredh hatte also keine Antwort für sie. Aber eigentlich hatte sie es auch nicht erwartet.
    »Ich danke dir für diese Geschichte, Biredh. Leider muss ich jetzt wirklich zurück.«

    »Das ist schade, denn ich könnte dir noch erzählen, wie Boga, halb wahnsinnig vor Trauer, durch die Welt irrte. Er hat sein Schwert zerbrochen und sein goldenes Horn fortgeworfen, weißt du?«
    »Bogas Horn … Das Horn, das die Hüter aufwecken kann?«
    »So sagt man.«
    Maru fiel plötzlich ein, dass sie noch so viele andere Fragen hatte, Fragen, die sie über

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