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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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schaute ihr hinterher. Umati hatte von Rätseln und Geheimnissen gesprochen und war doch auch selbst eines. Maru wurde nicht schlau aus ihr. Warum war Umati der Sache nicht auf den Grund gegangen? Sie stand zur Rechten ihres Mannes, des mächtigen Immit, und schien sehr klug zu sein. Sie wusste natürlich, dass Maru zu Tasil gehörte, sie hatte gesehen, wie sie heimlich mit dem Schab der Palastwache gesprochen hatte, und sie hatte sie zwischen den Krügen erwischt – aber sie ließ es auf sich beruhen. Das war gut, denn sonst hätte es ein böses Ende nehmen können, aber es war eben auch nicht zu erklären. Hatte sie ihre eigenen Pläne?
    Maru zuckte mit den Schultern. Kam es darauf eigentlich noch an? Hier schien doch jeder ein dunkles Vorhaben zu verfolgen. Wenn Malk Numur, Abeq Mahas, der Immit, der Maghai und zuallererst natürlich Tasil in irgendwelche Machenschaften verstrickt waren, warum dann nicht auch die Frau des Immit? Aber vielleicht –
war das denkbar? – vielleicht, war sie auch einfach nur von freundlichem Wesen. Irgendetwas gab Maru das Gefühl, dass sie dieser Frau vertrauen konnte. Der Dolch würde sicher sein, wo er war. Sie beschloss, ihn dort liegen zu lassen, und eilte weiter.
    Maru wusste, welchen Hof Umati gemeint hatte. Es war jener, den man als Erstes erreichte, wenn man das Bet Raik über die Haupttreppe betrat. Er grenzte an die Hohe Kammer. Das war gut, denn somit lag er auf ihrem Weg, und sie hatte nicht viel Zeit, aber zahlreiche Fragen, die vielleicht nur Biredh beantworten konnte.
    Sie fand den blinden Erzähler am Rand eines kleinen Brunnens sitzend. Das war auch wieder so eine Akkesch-Zauberei, denn der Brunnen war nicht einfach ein tiefes Loch im Boden, um dort Wasser zu schöpfen. Vier Steine waren zu einem Block zusammengefügt, aus deren Mitte Wasser quoll und in feinen Schleiern über die Kanten der Steine strömte.
    Biredh saß dort und ließ das kühle Wasser über seine linke Hand fließen. Er lächelte versonnen. »Ah, Maru Nehis. Zeit für eine Geschichte?«, begrüßte er sie, als sie näher kam.
    Sie hatte gedacht, das Plätschern des Wassers würde ihre Schritte übertönen, aber der Alte hatte sie offenbar trotzdem erkannt. »Ich grüße dich, Biredh. Leider bin ich in Eile.«
    »Ja, so ist das wohl mit den jungen Leuten«, erwiderte Biredh mit einem Lächeln.
    Jetzt, wo sie den Alten gefunden hatte, war sie sich unsicher, was sie sagen sollte. Sie hatte so viele Fragen, aber sie wusste nicht recht, wo sie beginnen sollte.
    »Ich habe Schmetterlinge gesehen«, platzte sie schließlich heraus. Das war genau das, was sie nicht hatte sagen wollen, jedenfalls nicht als Erstes.
    Biredh nickte. Seine Hand spielte mit dem zarten Wasserfall des Brunnens. »Ein eigenartiger Mann, dieser Maghai Jalis, nicht wahr?«

    »Das ist er«, bestätigte Maru. Nein, dachte sie, das war er. Sie war plötzlich unschlüssig, wie viel sie Biredh sagen konnte. Konnte sie ihm erzählen, dass Tasil den Zauberer getötet hatte? Musste sie es ihm überhaupt noch erzählen – oder wusste er es schon? »Weißt du, was in der Kammer des Maghai passiert ist?«
    »Kennst du die Geschichte von Boga und Arku, Maru Nehis?«, fragte der Erzähler zurück.
    »Nein, aber was …«
    »Vielleicht kann sie einige deiner Fragen beantworten.« Biredh hielt kurz inne, als suche er den richtigen Anfang, und dann begann er zu erzählen. »Edhil, der Weltenerschaffer, träumte. Und aus seinen Träumen erhoben sich die hohen und niederen Götter und guten Geister, denen es bestimmt war, den Hütern zu dienen. Wesen von großer Güte und Schönheit wurden so erschaffen. Eines Nachts aber hockte sich Strydh auf die Brust des Schöpfers, um seinen Vater zu belauschen. So erlebte Edhil den ersten Albtraum. Aus der Finsternis dieses Traumes stiegen die schrecklichsten Geschöpfe – Ungeheuer, Alfskrols, finstere Daimonen, Riesen und Nachtmahre. Und sie quälten die Menschen oder töteten sie gar. Es war eine Zeit des Schreckens für die Menschensaat. Als Edhil erwachte, erkannte er, was geschehen war, und er sah, wie seine Schöpfung litt. Dies konnte er nicht hinnehmen. Er erdachte zwei mächtige, unverwundbare Jäger, Boga und Arku, die nun ausziehen sollten, die finsteren Geschöpfe der Nacht zu töten. Aber Edhil weinte dabei, denn wenn es auch Ungeheuer waren, so waren es doch auch seine Kinder. Und er sprach zu den Hütern, seinen Erstgeborenen: ›Diese Jäger waren meine letzte Schöpfung. Ich will fortan

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