Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin
Angst kehrte zurück.
Der Immit schüttelte verärgert den Kopf. »Ist er noch dort? Was tut er?«
»Er wartet vor dem Tor der Hirth, außer Reichweite unserer Bogenschützen.« Der Atem des Läufers ging immer noch stoßweise.
»Und worauf? Hat ihn das jemand gefragt?«
Der Mann schüttelte stumm den Kopf.
»Gibt es berittene Boten in diesem Bet Raik?«
»Ja, Herr, die gibt es«, antwortete ein Verwalter.
»Dann, um der Hüter willen, sendet einen aus. Er soll fragen, was der Hakul hier will! Und den würdigen Männern dieser Stadt sage ich, fürchtet euch nicht, es ist nicht die Art der Hakul, sich zu zeigen, wenn sie einen schnellen Überfall planen. Und es ist nicht ihre Art, große Städte zu belagern. Dennoch werden wir uns für diesen Fall vorbereiten. Ruft die Männer zu den Waffen, besetzt die Mauern und hört auf, wie die Schafe zu blöken!«
Die Worte des Immit zeigten Wirkung. Natürlich blieben Zweifel, denn die Hakul waren unberechenbar, aber langsam nahm die Furcht vor einem Angriff ab. Stattdessen wurde darüber gestritten, was der einsame Reiter wollen könnte, so fern der Heimat, so nah einer Stadt von Todfeinden.
Yaman Aryak
Zerstritten sind die Sippen und Stämme der Hakul, und von allen Feinden sind sie sich selbst die schlimmsten. Doch fürchte den Tag, an dem sie sich einig sind.
Kydhisches Sprichwort
Ein ganzer Schwarm von Dienern, Verwaltern, Schabai, Priestern und Schreibern umschwirrte den Immit, brachte Nachrichten oder nahm Botschaften und Aufträge entgegen. Es war, als hätte Schaduk nie etwas anderes getan und säße schon seit Jahren auf dem Leuchtenden Thron. Seine Frau befand sich jetzt allerdings nicht mehr an seiner Seite, und auch seine Tochter war verschwunden. Niemand achtete darauf.
»Verzeiht, Herr«, versuchte jemand, sich in dem Stimmengewirr bemerkbar zu machen. Es war Atib der Händler.
Der Immit gebot Ruhe. »Nun, Händler, was willst du?«
»Ich verstehe, wenn du deine Entscheidung über die Zukunft meiner Waren verschieben musst, jetzt, wo die Stadt in Gefahr ist. Ich werde mich, mit deiner Erlaubnis, hinunter in den Hafen begeben. Vielleicht finde ich dort ein paar Handlanger, die bereit sind, für einige Kupferstücke meine Waren zu bewachen.«
»Diese Erlaubnis kann ich dir nicht geben, Händler. Wenn Feinde vor der Stadt sind, bleiben die Tore geschlossen. Du kannst also nicht hinunter zum Hafen. Ich werde mich vielleicht später noch einmal mit deinem Fall beschäftigen.«
Atib war über diese Entscheidung offensichtlich nicht sehr glücklich. Er fügte sich aber widerspruchslos und zog sich mit Fakyn in eine entlegene Ecke des Thronsaales zurück.
»Was mag dieser Hakul-Reiter bedeuten, Onkel«, fragte Maru.
Tasil kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Der Immit hat recht: Ein einzelner Reiter bedeutet weder Überfall noch Belagerung. Aber es bedeutet auf jeden Fall Ärger. Die Frage ist nur, für wen?«
Der ausgesandte Reiter kehrte bald darauf zurück. Er hatte Erstaunliches zu melden. »Der Hakul ist ein Bote. Er bat mich, dem Herrn der Stadt mitzuteilen, dass sein Fürst, Yaman Aryak, bald hier eintreffen wird. Der Yaman kommt mit kleinem Gefolge und bittet dich, ihn zu empfangen. Er und die seinen wollen, mit deiner Erlaubnis, ihr Lager vor den Toren der Stadt aufschlagen.«
Der Immit starrte den Reiter nachdenklich an. »Hat dieser Hakul auch gesagt, wie viele Reiter wir unter einem kleinen Gefolge zu verstehen haben?«
»Er sagte, sie seien zwanzig, von denen aber nur vier die Absicht haben, die Stadt zu betreten. Und sie rufen die Hüter als Zeugen an, dass sie in Frieden kommen.«
»Das ist wirklich eine seltsame Bitte. Ist dergleichen schon einmal vorgekommen?«, fragte Schaduk in die Runde der Ältesten der Stadt. Aber selbst von ihnen konnte sich keiner erinnern, dass die Hakul jemals um Verhandlungen gebeten hätten.
»Gut«, sagte Immit Schaduk schließlich entschieden. »Im Namen der Hüter sichere ich Yaman Aryak und seinen drei Begleitern meinen Schutz zu. Ihre Männer mögen die Zelte vor der Stadt aufschlagen, jedoch nicht zwischen Stadt und Hafen! Es sei Frieden.«
Maru bemerkte, dass bei weitem nicht alle im Saal mit dieser Entscheidung einverstanden waren. Es wurde geraunt und geflüstert. Sie konnte hören, wie ein junger Priester des Strydh sich aufregte: »Schutz? Verhandlungen? Man sollte sie erschlagen wie Hunde, das ist die einzige Sprache, die die Hakul verstehen.«
Auch Maru spürte ein gewisses
Weitere Kostenlose Bücher