Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin
du ihnen denn gesagt, Onkel«, fragte Maru neugierig. Tasil war ungewohnt mitteilsam, das wollte sie ausnutzen.
»Ich habe ihnen nur klargemacht, dass sie mich noch dringend brauchen werden«.
»Brauchen? Wozu?«
»Das weiß ich noch nicht, Maru. Die Hauptsache ist, dass die beiden fest davon überzeugt sind. Es könnte sonst noch sehr gefährlich werden. Für uns beide!«
Maru war beeindruckt. Tasil konnte offenbar auch ohne Zauberei sehr überzeugend sein.
Einer der Wachmänner trat durch das Hauptportal. »Der Fürst der Hakul, Herr«, rief der Krieger und trat zur Seite.
Die vier Männer, die Maru hatte heranreiten sehen, traten ein. Sie marschierten nebeneinander, die Köpfe stolz erhoben, die Kriegshelme unter dem Arm. Sie schritten durch die Halle und blieben wenige Schritte vor dem Thron stehen. Einige Krieger des Immit folgten ihnen in gebührendem Abstand.
Das war er also, der Feind. Maru hatte vor diesem Tag noch nie einen Hakul gesehen, und sie hatte sie sich anders vorgestellt. In allen Erzählungen waren die Hakul verschlagen und bösartig. Sie waren hinterhältig, hässlich, stanken nach Pferd und hatten krumme Beine vom vielen Reiten. So hieß es in allen Geschichten, die man sich in Akyr erzählte. Die vier Männer, die jetzt vor dem Immit standen, entsprachen so gar nicht diesem Bild. Sie waren hoch gewachsen, und in ihren Gesichtern war weder Hinterlist noch Verschlagenheit zu erkennen. Sie waren in kunstvoll gewebte, lange schwarze Umhänge gekleidet. Einer von ihnen, der Älteste, trug einen langen Speer, der unterhalb der Klinge mit einem schwarzen Rossschweif geschmückt war. Die anderen trugen Sichelschwerter und die berühmten Hakul-Dolche in ihren Gürteln.
Immit Schaduk hatte sie auf dem Thron sitzend erwartet. Umati stand an seiner Seite.
»Ich grüße die Reiter der Hakul und heiße sie in dieser Stadt willkommen«, rief er, ohne sich zu erheben.
Der älteste Hakul, ein grauhaariger, hagerer Mann, hob den Speer zum Gruß. »Es ist freundlich von dir, Herr, uns zu empfangen.
Doch du bist nicht Utu, der Raik dieser Stadt. Erlaube mir, dich nach deinem Namen und deinem Rang zu fragen.«
»Raik Utu-Hegasch ist zu seinen Ahnen gegangen. Ich bin der Sachwalter dieser Stadt, bis der neue Raik bestimmt ist. Mein Name ist Schaduk, ich bin der Immit des Kaidhan von Ulbai, des Herrn aller Akkesch und Kydhier des weiten Landes.«
»Raik Utu war ein kluger Mann, Herr, wir trauern mit dieser Stadt und hoffen, dass sein Nachfolger ebenso weise sein möge wie er. Gestatte mir nun, Immit, dass ich dir Yaman Aryak, unseren Fürsten, vorstelle. Diese beiden dort sind seine Söhne Ebu und Ech. Ich heiße Curru.«
Alle vier verneigten sich knapp. Es waren Feinde, aber sie waren gar nicht so widerwärtig, wie Maru erwartet hatte. Die beiden Söhne zeigten ein unbefangenes und einnehmendes Lächeln. Ihr Vater strahlte Würde aus.
»Es ist schade«, begann der Yaman, »dass die Bewohner dieser Stadt nicht so gastfreundlich sind wie du, Herr. Wir wurden mit Steinen beworfen – und auch mit anderen Dingen.«
»Ist dies wirklich geschehen?« Immit Schaduk blickte den Anführer der kleinen Begleitschar an.
»Ja, Herr, wir konnten es nicht verhindern.«
»Ich will, dass die Schuldigen gefunden und bestraft werden! Ich habe diesen Männern, im Namen der Hüter, meinen Schutz zugesagt. Wer sie angreift, greift auch mich an. Und wer seine Hand gegen mich erhebt – der soll sie verlieren!« Er gab einem seiner Krieger einen Wink, und ein ganzer Trupp brach sofort auf.
Maru schauderte. Hatte der Immit das mit der Hand wörtlich gemeint?
»Dich aber, Yaman Aryak«, fuhr der Immit fort, »bitte ich um Vergebung für diese Verfehlungen. Du siehst mich zutiefst beschämt.«
»Ich sehe, dass dir unsere Sicherheit am Herzen liegt. Unserer Ehre ist damit Genüge getan.«
»Du bist weit von den Weiden deiner Sippe entfernt, Yaman Aryak. Darf ich dich fragen, was dich in unsere Stadt führt? Männer deines Stammes haben wir noch nicht oft innerhalb dieser Mauern gesehen.«
Maru sah ein paar grinsende Gesichter im Saal. Offenbar war das eine Anspielung auf etwas, das sie wieder einmal nicht verstand.
Der Yaman zögerte einen Moment, bevor er in sehr freundlichem Ton antwortete. »Mir ist bekannt, dass unser Stamm die Wälle von Serkesch noch nicht überwinden konnte. Wenn du Wert darauf legst, werden wir es aber gerne erneut versuchen.«
Schlagartig verschwand das Grinsen aus den Gesichtern. Der Immit
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