Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin
wie er das sagte, ließ die Männer kurz innehalten.
Biredh lächelte, dann sagte er: »Hört ihr es nicht? Es kommt jemand.«
Es dauerte nur wenige Augenblicke, und die Söldner waren zwischen den Weiden verschwunden. Maru wollte Biredh eilig vom Platz führen, doch er schüttelte den Kopf. »Ich bleibe hier, Maru Nehis. Für mich besteht keine Gefahr.«
»Für dich vielleicht nicht, aber für uns, wenn wir entdeckt werden.«
»Aber hör doch: Es ist nur ein einziges Boot, und nur einer ist darin, der rudert.«
Maru war beinahe bereit, ihn in Ruhe zu lassen, aber da fing sie einen Blick von Tasil auf. Er deutete mit dem Kinn auf den Alten und vollführte eine Geste, als würde er eine Kehle durchschneiden.
»Bitte, Biredh, mir zuliebe«, drängte Maru. Sie wusste, Tasil meinte es ernst.
»Wenn du darauf bestehst, Maru Nehis«, sagte Biredh seufzend.
Maru zog den widerstrebenden Erzähler vom Platz und hinter einige Büsche, ging in Deckung und wartete. Bald hörte sie eine Stimme, die sie aber im prasselnden Regen nicht verstehen konnte. Die Stimme kam näher. Dann tauchte ein Mann am Rand der kleinen Lichtung auf. Ein Schilfüberwurf beschattete sein Gesicht. Er kam nur langsam voran. Unter dem Arm trug er eine eingerollte Matte. Sie schien schwer zu sein, und er zog noch etwas hinter sich her, das offensichtlich nicht so wollte wie er. Jetzt kam es auf die Lichtung. Es war ein junges Mädchen, kaum älter als zehn Jahre. Sie trug keinen Überwurf, der sie vor dem strömenden Regen
geschützt hätte, sondern nur ein durchnässtes kurzes Garwan, und sie sträubte sich gegen die Hand des Mannes.
»Nun, komm, Lathe, wir sind doch jetzt da«, sagte der Mann verärgert. Es war Hana, der Edaling.
Das Mädchen schüttelte stumm den Kopf.
Maru wurde heiß und kalt. Hana war gekommen, um das Opfer zu vollziehen! Also hatte Wika es nicht geschafft, ihnen diesen Unsinn auszureden. Maru überlegte fieberhaft, was zu tun sei. Wika hatte ihr streng verboten, die Stimme anzuwenden, aber wenn der Edaling wirklich vorhatte, das Mädchen zu töten, dann würde sie ihm das ausreden, entweder mit ihrer Gabe oder mit anderen Mitteln. Sie griff nach dem Dolch in ihrem Gürtel.
»Hier gefällt es mir nicht«, sagte das Mädchen.
»Wir bleiben nicht lange«, antwortete Hana. Er wirkte gehetzt, sah sich immer wieder um, und bei jedem kleinen Geräusch erschrak er.
»Ich will zu meinem Großvater zurück.«
»Du wirst ihn vielleicht schon eher wiedertreffen, als du denkst. Und jetzt sei ruhig, ich muss nachdenken.«
Er begann die Matte auszuwickeln. Sie enthielt mehrere Beutel und Tücher.
»Weiß Skeldiga, was du hier machst?«, fragte Lathe.
Hana brummte eine unverständliche Antwort. Er wickelte die Tücher aus und breitete sie über den Opferstein. Sie waren schneeweiß. Maru konnte Meniotaibor und Tasil sehen, die den Edaling gespannt beobachteten. Es sah nicht so aus, als wollten sie schnell eingreifen. Maru verstand: Sie erwarteten, dass Hana ihnen den Goldenen Tempel offenbaren würde. Sie versuchte, die Ruhe zu bewahren. Wenn Hana den verborgenen Tempel enthüllte, bevor er das Opfer vollzog, würde sie ihn gewähren lassen. Sonst musste sie ihn aufhalten, gleich was Tasil davon hielt.
»Du kriegst Ärger, wenn sie dich hier erwischt«, sagte das Mädchen ruhig.
Lathe schien keine Angst zu haben. Maru fragte sich, ob sie wusste, was der Edaling mit ihr vorhatte. Sie war mehrere Tage im Schreinhaus gefangen gewesen, irgendetwas musste man ihr doch erzählt haben.
»Wenn du deinen Edaling nicht in Ruhe lässt, bist du es, die bald Ärger bekommt«, rief Hana verdrossen. Er zog kurze Stücke Schilf aus einem der Beutel.
»Ist das das Auwara?«, fragte Lathe neugierig.
Der Edaling steckte die Halme zurück. »Das geht dich nichts an!«
Die Dämmerung war hereingebrochen, aber die Wolkendecke war so dicht, dass man kaum erkennen konnte, ob die Sonne schon untergegangen war.
»Nun muss ich dich vorbereiten, Mädchen«, sagte Hana. Seine Stimme zitterte.
»Was hast du, Hana?«
»Ich tue es nicht gern, Lathe, aber du musst verstehen, dass es das einzig Richtige für das Dorf ist.«
»Großvater Taiwe hat auch so etwas gesagt, aber heute Morgen hatte er seine Meinung geändert.«
»Ich bin nicht dein Großvater!«, rief Hana. Seine Stimme überschlug sich. Er zitterte am ganzen Leib.
»Darüber bin ich froh, Hana«, antwortete das Mädchen ganz ruhig.
»Dein Großvater ist ein Narr, Lathe, die Sumpfhexe
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