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Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin

Titel: Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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scharf. Es sah aus wie die Spitze eines Speeres. Doch was machte es da? Der Schmerz griff nach ihrem Rückgrat, fuhr ihr in die Beine. Sie fiel nach vorne, fing sich mit den Händen ab. Starrte auf die sauber gefügten Steinplatten. Blut tropfte aus ihrem Mund. Und da unten war noch mehr Blut. Es floss durch die feinen Fugen des Bodens, bildete eine Pfütze. Jemand schrie. Doch dieses Mal war sie es nicht selbst. Sie sah eine kleine Hand, die ihr Gesicht streichelte. Sie schüttelte sich, wollte aufstehen, doch die Beine versagten ihr den Dienst. Der Triumphschrei hinter ihr erstickte in einem Gurgeln. Sie spürte einen Schlag, und der Schmerz raubte ihr fast die Sinne, sie hörte etwas splittern und brechen und wusste, es gehörte zu ihr und doch wieder nicht. Es war der Schaft dieses Speeres, der so widersinnig mit ihrem Körper verbunden war. Dann wurde sie leicht. Jemand hob sie auf, so wie sie die kleine Lathe aufgehoben hatte. Sie blickte sich um. Alles erschien verschwommen. Da war Bolox, erstaunlich nah. Er lachte, aus vielen Wunden blutend, nickte ihr zu. Seine Axt drängte die unzähligen brüllenden Männer zurück, die alle ihren Tod verlangten. Sie sah den zerfetzten Schild des Akkesch auf dem Boden liegen und sah den Hünen Fakyn, der Vylkas wie eine Puppe aufhob und gegen die Wand schleuderte. Und dann wurde es Nacht um sie. Sie öffnete die Augen wieder, war irgendwo anders, auf einer Treppe, und die brüllenden Männer waren weit weg. Der Boden schwankte, jemand hielt sie auf seinen Armen. Und das Geschrei der Männer dort oben änderte sich. Es
war jetzt reine Angst. Und eine Stimme flüsterte heiser: »Die Zermalmerin! Sie kommt über uns, weiter, weiter!«
    Und wieder wurde es dunkel um Maru. Sie riss die Augen weit auf, aber da war nur Finsternis. Eine Treppe, das konnte sie fühlen, sie wurde eine Treppe hinabgetragen, endlos lang. Und aus der Dunkelheit flüsterte es: »Weiter, weiter, der Tempel, er stürzt ein!« Sie fühlte die Erschütterung des Bodens. Der Mann, der sie trug, schwankte. Sie schloss die Augen und fühlte, wie sie immer weiter hinabgetragen wurde. Ihre Sinne verloren sich im Nichts, und dann kam ihr eine Stimme ins Gedächtnis, die vor kurzer Zeit behauptet hatte, dass dies die Treppe zur Totenstadt Ud-Sror sei. Und sie dachte, dass es bis dahin nicht mehr weit sein könne.

Dwailis
    Die Maghai sind eine alte und mächtige Bruderschaft. Doch sind sie
uneins, und ein jeder folgt seinem eigenen Weg. Ihr Wissen teilen sie
nicht mit ihren Brüdern, sondern hüten es eifersüchtig als Geheimnis,
aus Furcht, ein anderer könne mehr Macht erlangen als sie selbst.
Und dies ist gut, denn wären sie einig, wären sie eine große Gefahr
für die Priester, den Herrscher und das ganze Reich.
     
Etellu-Kaidhan, Bericht seiner Herrschaft
     
     
     
    Schwarze Mauern. Die ganze Stadt war von schwarzen Mauern eingeschlossen, und die Ebene, die die Stadt umgab, war dunkelgrau und staubig. Hier gab es keine Farben, es gab nur Ud-Sror. In einiger Entfernung sah Maru das Tor der Seelen, und es sah genauso aus, wie sie es sich immer vorgestellt hatte. Es ragte hoch
auf, mit Zinnen, die den niedrig hängenden fahlen Himmel berührten. Dort wachten die Augen, die Strydhs Priester ihrem Gott geopfert hatten, über den Eingang der Toten. Das Tor stand offen. Maru schmeckte Staub und Wasser. Ein scharfer Geschmack füllte ihren Mund. Es war wie Feuer, das sich durch ihre Kehle hinabbrannte. Sie riss die Augen auf, hustete, spuckte aus. Besorgte Gesichter waren über sie gebeugt.
    »Sie ist zurück«, sagte jemand.
    »Das Wasser Bronds hat noch jeden geweckt«, sagte eine kichernde Stimme.
    »Aber heilt es?«
    »Wen?«, fragte die Stimme verwundert.
    »Das Mädchen. Macht der Trank sie gesund?«
    War das Tasil? Alles war verschwommen, Stimmen, Gesichter. Maru riss die Augen weit auf und stöhnte.
    »Ich bin keine Kräuterfrau«, rief die fremde Stimme. »Das bin ich ganz bestimmt nicht, oder was denkst du? Die Lebensgeister weckt das Wasser. Das Feuer entfacht es. Aber es kann das Verlöschen nicht verhindern.«
    Maru fühlte einen zerreißenden Schmerz. Ihre Hand tastete zitternd über ihren Leib. Da ragte etwas Hartes, Fremdes aus ihrer Bauchdecke. Das Feuer, das durch ihre Kehle geronnen war, erreichte den Schmerz, umhüllte ihn, dämpfte ihm. Alles andere war seltsam taub. Sie schloss die Augen.
    »Hast du nicht gelernt, Speeren auszuweichen, Mädchen?«, fragte die unbekannte Stimme.
    Maru

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