Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin
Jahren. Jeder neue Kaidhan hat sie gehört und seine Krieger hierhergeschickt, um den Märchentempel zu suchen. Jedes Mal haben sie das ganze Fenn auf den Kopf gestellt – und sind stets wieder mit leeren Händen abgezogen. Es gibt kein Gold in diesem Dorf, Urather! Oder siehst du uns in Reichtum schwelgen? Sieh dich doch um! Glaubst du einem Schreiber aus der Stadt mehr als deinen eigenen Augen?«
Tasil tat überrascht: »Verzeih einem Reisenden, wenn er wiedergibt, was ihm ein Diener des Kaidhans erzählte, ehrwürdiger Skeda. So stimmt es also nicht, dass dieses Dorf jedes Jahr einen Tribut in einem geheimnisvollen Fass entrichtet? Einem Fass, das außer dem schwarzen Wasser des Flusses nur noch einen einzelnen Ring aus Gold enthält?«
»Wo hast du das her?«, fragte Hana. Er war blass geworden.
Die Söldner sahen einander an. Maru konnte beinahe ihre Gedanken lesen: Ein Tempel aus Gold mochte ein Märchen sein, zu schön, um wahr zu sein. Aber ein Ring aus Gold? Das war etwas
Greifbares, den konnten sich diese Krieger auch gut am eigenen Finger vorstellen.
»Es ist gleich, woher du das hast, Urather«, sagte Skeda, der seine Gefühle wesentlich besser im Griff hatte als der Edaling, »es ist und bleibt eine Lüge.«
»Ich wollte euch keinesfalls zu nahe treten«, versicherte Tasil, »doch auf mich wirkte der Flüchtling, von dem ich es hörte, wie ein vertrauenswürdiger Mann. Offenbar kann man selbst den Schreibern in diesem Reich nicht mehr trauen. Die Not muss wirklich groß sein in Ulbai.«
»Lass es gut sein, Fremder«, sagte Skeda, »es ist spät geworden, und wir alle sind müde. Es wäre wohl besser, wenn wir uns zur Ruhe begeben.«
Taiwe nickte. »Wirklich, die Nacht ist schon weit vorangeschritten. In ihren Schatten kann man so manches sehen, was gar nicht da ist. Und wenn ihr morgen nach Ulbai wollt, solltet ihr zeitig aufbrechen.«
Das war beinahe schon unhöflich. Tasil ging nicht darauf ein. »Über Biredhs Geschichten vergesse ich immer die Zeit«, sagte er heiter, »und du hast Recht, ehrwürdiger Skeda, bei Tageslicht sieht doch alles anders aus.«
Der Älteste Taiwe drehte sich ohne ein weiteres Wort um und verschwand durch einen der Ausgänge in der Nacht.
Die Söldner wirkten überrascht, dass der Abend so ein jähes Ende nahm. Es war von Gold die Rede gewesen. Sie schienen nicht bereit, dieses Thema so einfach aufzugeben.
»Dieser Tempel, weißt du mehr darüber, Urather?«, fragte Meniotaibor.
Tasil schüttelte den Kopf: »Aber nein, wo denkst du hin? Wie gesagt, ich habe nur gehört, was dieser Mann in Karaq erzählte. Es wird so sein, wie Skeda sagt: Es ist nur ein Märchen.«
Meniotaibor wirkte nicht überzeugt. »Das haben sie auch von
der Seeschlange gesagt. Ich glaube, in diesen Sümpfen können Märchen schnell wahr werden.«
»Nun, nicht alle«, sagte Skeda knapp. »Doch jetzt entschuldigt uns. Morgen wartet wieder ein langer Tag voller Arbeit auf uns.«
»Auf uns nicht«, erwiderte Meniotaibor lachend. »Aber du hast Recht, es ist Zeit für das Nachtlager.«
Der Dakyl hatte den ganzen Abend noch kein Wort gesagt. Jetzt stand er auf, nickte und verschwand.
»Man kann über Vylkas sagen, was man will, aber er ist kein Mann überflüssiger Worte«, sagte der Akkesch lachend. »Komm, Arbi, es wird Zeit, dass auch meine alten Knochen ihren Schlafplatz finden. Wer weiß, vielleicht kann ich ja von dem Tempel aus Gold träumen. Eine gute Nacht wünsche ich allen. Möge dieser elende Regen bald aufhören.«
Der Kydhier stand eilig auf und folgte dem Alten.
»Seht sie euch an, wie Herr und Hund«, meinte Meniotaibor grinsend, als sie verschwunden waren. »Das war ein interessanter Abend mit guten Geschichten. Ich danke euch dafür. Und wisst ihr was? Ich habe den Eindruck, dass sie noch nicht zu Ende erzählt sind.«
Als er gegangen war, stand auch Biredh auf. Maru bot ihm ihre Schulter an, um ihn zu Hiris Hütte zu führen.
»Das ist freundlich von dir, Maru Nehis«, sagte Biredh, und als er ihre Schulter fühlte, sagte er: »Du bist gewachsen, Mädchen.«
Maru lächelte und sagte: »Vielleicht bist du auch nur kleiner geworden, alter Mann.«
Der Erzähler lachte: »Frech bist du auch noch? Dann lass uns mal sehen, ob du mir in dieser finsteren Nacht den Weg weisen kannst.«
»Kann ich euch helfen?«, fragte plötzlich Bolox, der an ihre Seite getreten war. »Wir Farwier finden uns in der Dunkelheit gut zurecht.«
»Ich danke dir für deine Freundlichkeit, Bolox,
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