Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin
dachte, dass Tasil sich seinen Spott besser verkneifen sollte. Der Älteste war scharfsinnig. Er hatte das Gespinst von Halbwahrheiten, hinter dem Tasil sich zu verstecken pflegte, offenbar mit Leichtigkeit durchschaut. Wenn er wusste, was ihr »Onkel« vorhatte, dann wusste er mehr als sie selbst.
»Du bist hier wegen des Goldes«, sagte Taiwe schlicht.
»Ist das so?«, erwiderte Tasil leichthin, als wäre das völlig bedeutungslos.
»In dem Fall hätte ich meinen Weg wohl umsonst gemacht, denn in diesem Nest gibt es doch kein Gold, wenn ich eurem Edaling Glauben schenken darf.«
Taiwe lachte leise. »Du glaubst ihm doch kein Wort, Urather, und du hast Recht damit.«
Es dauerte einen Augenblick, bis Tasil fragte, und Maru konnte hören, wie gespannt er auf die Antwort war: »Also – ist es wahr?«
»Sieh her«, sagte der andere. Eine kleine Flamme loderte in der Dunkelheit auf, und Schatten sprangen in alle Richtungen davon. Maru duckte sich hinter die Treppe.
»Bei Fahs«, murmelte Tasil ergriffen, und es war das erste Mal, dass Maru so etwas wie Ehrfurcht in seiner Stimme hörte.
Die Flamme verlosch, und die Dunkelheit eroberte den Platz vor dem Samnath wieder zurück.
»Ich gebe dir zwölf wie diesen, wenn du in meinen Vorschlag einwilligst.«
Zwölf wovon? Maru wurde ganz unruhig. Was hatte der Älteste zu bieten? Tasil schwieg eine Weile, bevor er sagte: »Wenn ich dich recht verstehe, ist es dein Vorschlag, nicht der deines Dorfes?«
»So ist es, doch wird niemand Einwände erheben.«
»Auch Hana nicht?«
Maru fragte sich, was Tasil vorhatte. Er klang beeindruckt, doch er zögerte, das Angebot anzunehmen – oder abzulehnen. Seine Fragen schienen darauf zu zielen, Zeit zu gewinnen.
Taiwe lachte wieder leise. »Hana wird natürlich dagegen sein, denn er hasst mich. Aber er ist schwach. Um ihn, oder vielmehr sein Weib, musst du dir keine Sorgen machen. Sie werden kaum triftige Gründe gegen unsere Abmachung finden – wir haben doch eine Abmachung?«
»Ich muss darüber nachdenken«, sagte Tasil, »du verlangst viel.«
»Ich biete auch viel. Denke darüber nach, aber nicht zu lange, Urather. Ich erwarte deine Entscheidung.«
Damit war das Gespräch beendet. Maru hörte Schritte auf dem Holzboden vor dem Samnath. Taiwe verschwand im Regen. Dann näherten sich die Schritte Tasils der Treppe.
»Wie lange hast du gelauscht, Kröte?«
Erwischt!
Maru erhob sich aus ihrer nutzlosen Deckung. Er war nicht weiter als eine Armlänge von ihr entfernt, aber sie konnte ihn nicht sehen. »Nicht lange, Onkel«, sagte sie zögernd.
»Und was hast du gehört?«
»Er hat dir ein Angebot gemacht. Es scheint um Gold zu gehen. Und…«, setzte sie nach einigem Zögern hinzu, »...um mich.«
»Mehr hast du nicht herausgefunden? Ich bin enttäuscht, Kröte«, sagte Tasil. Es klang spöttisch. »Du musst doch völlig durchnässt sein.«
»Geht«, murmelte Maru, die keinen trockenen Faden mehr an sich hatte.
Plötzlich war Tasils Mund dicht an ihrem Ohr. »Darüber reden wir noch, Kröte, aber jetzt verschwinde, ich muss mich um den zweiten Lauscher in dieser Nacht kümmern.« Und dann sagte er laut: »Ich grüße dich, Bolox, Sohn der Farwier, in dieser lichtlosen Nacht.«
Schritte kamen näher. »Wie hast du mich erkannt, Urather?« Es klang nach Verwunderung, nicht nach schlechtem Gewissen.
»Als der Alte eben die Flamme entzündete, da spiegelte sich der Lichtschein in der Schneide deiner Axt.«
»Ah, ich werde zukünftig darauf achten.«
»Jetzt lauf, Maru, ich glaube, ich habe mit dem Krieger noch einiges zu besprechen.« Und dann war er wieder dicht bei Maru und flüsterte ihr zu: »Aber lass es dir nie wieder einfallen, mich zu belauschen! Du würdest es bereuen!«
Maru spürte eine Bewegung seines Armes und hörte ein leises, metallisches Geräusch: Tasil hatte sein Messer gezogen. Ihr wurde kalt, auch wenn ihr klar war, dass das nicht ihr galt.
»Ja, Onkel«, sagte sie. Sie hoffte, dass die Sache mit dem Messer eine reine Vorsichtsmaßnahme blieb, und lief an dem Farwier vorbei durch den Regen davon.
Vor dem Eingang zu Hiris Herberge brannte eine Laterne, die Maru den Weg wies. Sie trat ein und schüttelte ihr nasses Haar.
»Nanu«, sagte der Akkesch, der dabei war, seine Rüstung zu polieren, »wolltest du nicht den Blinden herführen? Bolox wollte euch entgegengehen.« Grinsend fügte er hinzu: »Er schien sehr um euch besorgt.«
»Ist Biredh denn nicht hier?«, fragte Maru
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