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Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin

Titel: Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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herablassend. »Gibt es vielleicht einen anderen Ort in diesem Dorf, der als heilig oder gesegnet angesehen wird?«, fragte er.
    »Nur den Platz der Edhil-Säule, Herr«, antwortete Taiwe zögernd.
    Numur zauderte einen winzigen Augenblick, dann gab er seinen Befehl: »Fällt sie! Der Sonnengott hat dieses Land doch schon längst verlassen. Und baut ein Regendach für Utu, meinen Vater, der dort seinen Platz finden soll.«
    Den Dorfbewohnern stockte der Atem. Numur forderte den Schöpfergott heraus? Selbst die Krieger Numurs wirkten betroffen.
    »Er hat sich verändert«, seufzte eine Stimme neben Maru. Sie gehörte Biredh. Er wirkte bekümmert.
    »Ich verstehe das nicht, Biredh«, flüsterte Maru, »er schont Dhanis, aber nicht Edhil?«
    »Das kommt daher, Kröte, dass er vorhat, den Fluss zu überqueren, nicht die Sonne«, sagte Tasil, der hinter ihr stand, grimmig.
    »Aber das wird großes Unglück bringen!«, rief Maru leise. Sie konnte es nicht fassen: Edhil war der Vater aller Götter und Menschen, er hatte die Welt erträumt. Es war einfach undenkbar, was Numur da verlangte!
    »Offenbar vertraut er auf den Schutz seines Vaters«, sagte Biredh. Regen lief ihm über das Gesicht.

    Numur schrie: »Was ist, ihr Männer? Ich habe euch einen Befehl erteilt!«
    Da war er wieder, der alte Numur, der Unbeherrschte. Aber er war jetzt Alldhan, Herr des Reiches, mit großer Macht ausgestattet und Sohn eines Gottes. Zögernd machten sich einige Männer seiner Leibwache auf den Weg. Die Dorfbewohner wichen entsetzt zurück. Kurz darauf waren die schweren Schläge der Äxte zu hören. Der Regen ließ plötzlich nach. Die Wolken rissen auf, und ein paar Sonnenstrahlen wanderten in der Ferne über den Sumpf. Ein misstönendes Krachen erklang vom Edhil-Platz. Die Säule war gefallen.
    »Seht ihr? Die Sonne scheint noch! Fürchtet euch nicht, ihr Narren! Mein Vater, Gott Utu, hält seine Hand schützend über diese Siedlung!«, schrie Numur laut. Dann wandte er sich an Fakyn: »Ich hoffe, Schab, du hast für gute Unterkunft gesorgt?«
    »Es gibt in diesem Dorf nur ein Haus, das diesen Namen auch verdient, Herr. Die Fischer pflegen sich dort zu versammeln.«
    »Dann führe mich dorthin. Es gibt viel zu planen und zu besprechen.«
    Donner grollte. Die Wolken schoben sich wieder zusammen, und die Menschen duckten sich unter dem prasselnden Regen. Die einrückenden Krieger fluchten über den Morast, und die Verwalter und Schreiber, die mit ihnen kamen, hoben die Säume ihrer langen Gewänder. Und dort, zwischen diesen Männern, entdeckte Maru ein vertrautes Gesicht: Es war Utaschimtu, der Hohe Richter aus Ulbai. Er sah blass aus. Und dort waren auch seine Frau und die Kinder, die sich ängstlich zusammendrängten. Sie waren dem Krieg also doch nicht entkommen.
     
    »Er ist wahnsinnig«, sagte Ulat, der Akkesch. Sie hatten sich in ihre neue Behausung zurückgezogen, um sich zu beratschlagen.

    »Ein gefährlicher Mann, mit großer Macht«, meinte Meniotaibor nachdenklich.
    »Er fordert die Götter heraus. Das wird er noch bereuen«, sagte Bolox düster.
    Tasil war schweigsam.
    »Du hast nichts dazu zu sagen, Urather? Wenn ich das richtig verstanden habe, kennst du den Mann, ist es nicht so?«, wollte Meniotaibor wissen.
    »Kennen? Das will ich nicht behaupten. Ich kannte ihn, als er noch ein hitzköpfiger Malk war, unreif und jähzornig. Er hatte seinerzeit einen Priester an seiner Seite, einen Diener Strydhs, Mahas mit Namen. Der verstand es halbwegs, ihn im Zaum zu halten. Ich frage mich, wo dieser Abeq jetzt sein mag, denn dieser neue Numur gefällt mir ebenso wenig wie euch.«
    Maru hatte den einäugigen Abeq Mahas nicht gemocht, aber Tasil hatte Recht. Er hatte Numur mehr oder weniger im Griff gehabt. Der Wahnsinn schien über Numur gekommen zu sein, wie es Ulat gesagt hatte. Er hatte sich am Höchsten aller Götter versündigt. Wie anders wäre das zu erklären als mit Irrsinn? Auf jeden Fall war es besser, dem Alldhan aus dem Wege zu gehen, so gut es ging. Maru schickte ein Stoßgebet zu den Hütern, dass sie ihm nicht unter die Augen treten musste, aber sie wurde nicht erhört. Ein Schab erschien am Stall und forderte sie alle auf, ins Samnath zu kommen – unbewaffnet. Die Männer zögerten. »Unbewaffnet? Warum verlangt er nicht gleich, dass wir nackt erscheinen?«, fragte Ulat spitz.
    »Würde er es verlangen, müsstet ihr auch diesem Befehl folgen, Krieger«, erklärte der Schab gelassen, »denn Numur ist unser Alldhan.

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