Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin
erwartet wird. Ein Wagen vielleicht, aber er muss breiter sein als die Eselskarren, die man in dieser Gegend hier verwendet. Auf jeden Fall scheint es ungeheuer wichtig zu sein.«
»Streitwagen vielleicht?«, mutmaßte Meniotaibor.
»Die sind nicht breiter als Karren«, widersprach Ulat, »vielleicht eher Kriegsmaschinen, für die Belagerung.«
»Wen wollen sie denn hier belagern? Die Flussechsen?«, fragte Bolox höhnisch.
»Vielleicht wissen sie von der Awathani«, meinte Meniotaibor.
»Das ist alles möglich, aber wir müssen es genauer wissen«, sagte Tasil.
»Ich gehe schon«, sagte Maru seufzend.
»Und ich hoffe für dich, du bringst jetzt wirklich mehr in Erfahrung, Kröte«, mahnte Tasil. Auch das war ganz Tasil. Immer gab er sich streng und fordernd, wenn andere Männer in der Nähe waren.
»Auf jeden Fall ist es ein Wetter, in dem Kröten sich wohl fühlen sollten«, meinte der Iaunier. Maru schenkte ihm einen langen Blick aus ihren grünen Augen, den er aber leider nicht bemerkte, weil er zu sehr damit beschäftigt war, über seinen eigenen Witz zu lachen. Ulat und Bolox stimmten in das Gelächter ein, und Tasil grinste sie breit an. Irgendwann würde sie ihm klarmachen, dass sie auch einen richtigen Namen hatte – sogar zwei! Wütend warf sie sich den Schilfmantel über und trat hinaus in den Regen. Es war jetzt kaum jemand draußen unterwegs. Die Lagerfeuer waren gerichtet und abgedeckt. Vereinzelt sah sie Krieger aus Serkesch, die von Hütte zu Hütte eilten, aber es waren weit weniger als noch vor einer halben Stunde. Der Klang von Hämmern und Äxten schallte über das Dorf. Auch von den Dorfbewohnern ließ sich niemand sehen. Es fiel Maru erst jetzt auf, dass selbst die Kinder nicht mehr draußen spielten, was sicher nicht am Regen lag, denn den waren sie gewohnt. Eine ungewisse Angst lag über der Siedlung. Maru hatte so eine Ahnung, was die Awier dachten: Die Sache mit der Awathani war schon schlimm genug. Jetzt war ihr Dorf von fremden Kriegern besetzt. Und die Eroberer schienen auf etwas zu warten. Sie verrieten nicht, was es war, aber es konnte einfach nichts Gutes bedeuten. Maru lief zum Samnath. Es war gut bewacht. Sie hatte gehofft, sich wieder darunterschleichen zu können. Sicher wurden da drinnen wichtige Dinge besprochen, aber es gab keine Möglichkeit, ungesehen unter den Boden zu gelangen. Sie lief hinüber zum Schreinhaus. Bewaffnete saßen an den Säulen und auf der Treppe. Keine Spur von Hana oder seiner Frau. Auch hier würde sie nichts herausfinden. Maru seufzte. Tasil
würde nicht zufrieden sein. Sie lief hinunter zum südlichen Hafen. Axtkämpfer bewachten ihn, sechs an der Zahl. Fakyn verstand es, einen Ort zu sichern. Doch wozu der ganze Aufwand? Sie lief zur nördlichen Bucht, auch dort waren Wachen. Sie sah zwei Krieger, die sich über den alten Wifis lustig machten, und drei weitere, die in der Nähe unter einer Hütte saßen und darüber lachten. Es gab ihr einen Stich, das zu sehen, und traurig wandte sie sich ab. Schließlich lief sie wieder zum Tor. Vielleicht konnte sie Rema dort irgendwo entdecken. Außerdem, wenn etwas in dieses Dorf kam, dann würde sie es am Tor zuerst sehen, oder? Die Brückenarbeiten machten erstaunliche Fortschritte. Ein älterer Krieger führte dort Aufsicht. Vielleicht war er der Baumeister des Heeres, denn seine Anweisungen ließen erkennen, dass er sich auf diese Arbeit verstand. Männer, Kydhier ebenso wie Awier aus dem Dorf, waren dabei, Pfosten in den schlammigen Flussgrund zu rammen. Bogenschützen standen oben und hielten nach Echsen Ausschau. Eine ganze Anzahl behauener Wasserbäume lag am Ufer bereit. Obwohl Maru von solchen Dingen nicht viel verstand, erkannte sie doch den Plan, den der Baumeister verfolgte. Er hatte nicht vor, die Zugbrücke zu ersetzen, er nutzte sie als Bestandteil für eine neue, breitere Brücke. Rechts und links wuchsen schon die Pfeiler in die Höhe, die sie tragen würden. Die Zugseile der alten Brücke waren bereits abgeschnitten, das Geländer entfernt. Die ersten Hölzer waren aufgelegt, und Männer waren dabei, Verbindungsstangen mit Seilen zu befestigen. Schön würde die Brücke sicher nicht werden, aber stabil sah sie jetzt schon aus. Auch am Damm wurde noch gearbeitet. Es waren dort sicher mehr als hundert Männer im Einsatz. Sie alle schufteten fieberhaft. Hieß das, dass, was immer es war, bald hier eintreffen würde?
Ein Hornsignal schallte aus dem Wald heraus und beantwortete ihre
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