Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
herein«, zischte eine Stimme.
Erst, als die Pforte wieder verschlossen war, entzündete eine alte, gebeugte Frau eine Laterne. »Ich begrüße die Herrin in diesem Haus«, sagte sie.
Umati schlug die Kapuze ihres Umhangs zurück und starrte die Alte an. In ihrem Gesicht war immer noch ein Rest der Bemalung zu sehen. Tief lagen die Augen inmitten des schwarzen Streifens. »Wo ist Bana? Wo sind die anderen meiner Dienerschaft?«, fragte sie.
»Immit Uschparu hat sie verkauft, Herrin. Bana jedoch hat sich das Leben genommen, als es hieß, dass du tot seist. Sie war wohl auch unbrauchbar für den Dienst in einem anderen Haus.«
Umati nickte nur, aber Maru sah ihr an, dass diese Nachricht sie hart getroffen haben musste.
»Und wer bist du, Weib?«, fragte Umati.
»Ich bin die Hausverwalterin des Immits. Er wird dich bald selbst begrüßen, jedoch hat er mir aufgetragen, ein Bad für dich bereit zu halten.«
»Ein Bad?«
»Er nahm an, du würdest das wollen. Er sagte, du seist lang in der Wildnis gewesen.«
»Wildnis«, echote Umati gedankenverloren.
»Soll ich dich führen, Herrin?«
»Ich weiß, wo dieses Bad ist. Vergiss nicht, das dies vor einem Jahr noch mein Haus war, Weib.«
»Wir alle haben um Immit Schaduk und seine Kinder getrauert, Herrin«, erwiderte die Hausverwalterin kühl.
»Aber nicht um mich, wie ich deinen Worten entnehme. Doch ist es gut, denn auch ich vergieße keine Träne um diese Stadt. Aber jetzt will ich dieses Bad nehmen. Uschparu mag hier auf mich warten. Es gibt viel, das ich abzuwaschen habe. Komm, Mädchen.«
»Ich?«, fragte Maru begriffsstutzig.
»Ich meinte sicher nicht dieses vertrocknete Weib. Ich will, dass du mir Gesellschaft leistest. Also komm.«
Noch einen Tag zuvor hätte Maru ihren »Onkel« sicher um Erlaubnis gefragt. Jetzt folgte sie Umati, ohne Tasil auch nur eines Blickes zu würdigen.
Das Bad befand sich in einem Seitenflügel des weitläufigen Hauses. Maru lief neben Umati her. Die Frau schien in Gedanken versunken.
»Warum soll ausgerechnet ich dir Gesellschaft leisten, ehrenwerte Umati?«
»Du brauchst mich nicht zu ehren. Umati reicht.«
»Und warum …«
»Ich habe nicht mehr viele Freunde in dieser Stadt, Nehis. Mein Mann ist tot, und ich kann sagen, er war mir ein besserer Freund, als er mir Gatte war. Bana ist ebenfalls tot, und sie war es, die mich aufzog, neben meiner Mutter, die schon viele Jahre in Ud-Sror auf mich wartet. Ich denke, ich werde sie bald treffen«, erklärte Umati düster.
Sie betraten das Bad. Ein schwerer Duft nach Blüten und Honig lag in der Luft, wie Maru überrascht feststellte. Dampf quoll ihnen entgegen. Zwei junge Frauen waren dabei, kochendes Wasser in ein großes, steinernes Becken zu gießen. Im Haus des Richters gab es auch eine solche Einrichtung. Maru hatte sie ebenso wenig genutzt wie Tasil. Im Grunde genommen wusste sie nichts damit anzufangen. Sie wusch sich jeden Morgen und Abend gründlich. Das sollte doch eigentlich reichen, oder? Jetzt sah sie das dampfende Wasser. Seerosen schwammen darauf. Es wirkte einladend.
Umati legte ihre Waffe ab und entkleidete sich. »Lasst uns allein«, scheuchte sie die beiden Sklavinnen hinaus. Sie prüfte das Wasser mit der Hand. Ihr Gesicht hatte etwas Entrücktes. »Wenn du willst, kannst du dieses Bad mit mir teilen, Nehis.«
In dem Becken war genug Platz für eine halbe Eschet, aber Maru lehnte trotzdem ab. »Baden? Ich danke dir, ehrenw… – ich danke dir, Umati, aber ich glaube, das ist nichts für mich.«
Umati lachte. »Dann kannst du dich vielleicht darum kümmern, dass das Feuer unter dem Kessel dort nicht ausgeht. Ich glaube, ich muss lange baden, bevor ich all den Schmutz vergessen kann.«
Umati tauchte unter und strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht. Das Wasser im Becken färbte sich grau.
»Würdest du für mich Wasser nachfüllen, Nehis?«
»Aber läuft es dann nicht über?«
Umati lachte wieder. »Siehst du nicht, dass das Becken einen Überlauf hat?«
Der Kessel hatte einen seitlichen Auslass, an dem Maru den Eimer auffüllen konnte. Dann schleppte sie ihn zum Bad. Dampf wogte auf. Eine frische Morgenbrise strich durch die vergitterten Fenster.
»Hast du viele Männer getötet?«, platzte Maru plötzlich heraus.
Umati sah sie an. Der schwarze Streifen, der sich über ihre Augen hinzog, war kaum heller geworden. Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen.
»Füll Wasser auf, Nehis«, bat sie dann.
Maru brachte zwei weitere Eimer heißen
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