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Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte

Titel: Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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weiterer heißer Tag werden. Maru fiel jeder Schritt schwer. Es war eine Sache, sich vorzunehmen, die Trauer zu verschieben, eine andere aber, das auch wirklich zu tun. Also trottete sie niedergeschlagen hinter Tasil durch die Gasse. Sie fragte sich, warum sie die warnenden Gefühle so spät bemerkt hatte. Sie verstand es nicht. Sie hatte den Überfall von Umati am Fluss vorausgeahnt. Kamen die Warnungen nur, wenn sie selbst in Gefahr war, aber nicht, wenn die Bedrohung für andere bestand? Und die Erwachte? Die spürte sie immer, obwohl Tasil behauptete, sie sei vor ihr sicher. Stimmte etwa,
was Tasil auf dem Fluss gesagt hatte? Dass sie wie ein Tier Gefahr witterte? Es war eine weitere Frage, über die sie nicht nachdenken wollte. Das ungute Gefühl kam zurück, als sie durch die lange Gasse zu ihrem Haus liefen. Zunächst kaum merklich, aber dann plötzlich ganz stark, als sie die Pforte zum Hof fast erreicht hatten. Maru blieb stehen.
    »Was ist, Kröte?«
    Maru musste nicht antworten. Das Tor schwang auf, und das spitze Gesicht von Agir zeigte sich. »Sei mir gegrüßt, Tasil aus Urath«, rief er höhnisch.
    Maru hörte ein Räuspern. Sie drehte sich um. Hardis und der stämmige Gybad traten aus dem Schatten eines Torbogens hervor.
    »Ich grüße euch, meine Freunde«, sagte Tasil bedächtig.
    Hardis nickte ihm zu. Seine Miene war düster. An Gybads Gesicht war, wie immer, nichts abzulesen, aber das höhnische Grinsen von Agir sprach Bände. »Ihr werdet erwartet«, zischte er und stieß die Pforte ganz auf. Die Haustür stand offen. Ein dunkles Loch, durch das sie nun eintreten sollten. Das warnende Gefühl pochte laut in Marus Blut. Die Gefahr erwartete sie in ihrem eigenen Haus. Maru warf einen schnellen Seitenblick zu Tasil. Der tat unbeeindruckt, aber seine Hand blieb in der Nähe seines Dolches. Sie folgte ihm ins Haus, die drei Schmuggler waren hinter ihnen. Der Gang hinter der Tür lag in Dunkelheit, aber in der Küche schien Licht zu brennen. Maru blieb dicht hinter Tasil. Zur Not würde sie auf ihre Zauberkraft zurückgreifen. Mit der Stimme konnte sie die Gefahr vielleicht entschärfen. Sie versuchte, nicht daran zu denken, dass diese Kraft sie auch schon einmal im Stich gelassen hatte, damals, im Fenn, als der Farwier Bolox sie nachts überrascht hatte.
    »Das ist eine gute Küche«, rief eine Stimme durch die Tür.
    Marus Herz setzte einen Schlag aus: Tagor Xonaibor! Der Iaunier war in der Stadt, in ihrem Haus, in ihrer Küche.

    Tasil hielt einen Augenblick inne, dann trat er über die Schwelle. »Ich grüße dich, Tagor Xonaibor. Ich freue mich, dass dir mein Haus gefällt.«
    »Wer sagt, dass es mir gefällt? Ich sage es nicht. Zu viel Stein. Zu weit entfernt vom Meer. Ehrlich, Tasil, das ist keine Wohnung für einen Mann wie mich. Und für dich sicher auch nicht.«
    Maru wurde von einer starken Hand über die Schwelle geschoben. Da saß er, der Tagor, der Anführer der Iaunier, mit denen sie seit vielen Wochen gefährliche Geschäfte abwickelten. Hinter ihm lehnten zwei seiner Männer an der Wand. Auf den ersten Blick war Xonaibor leicht zu unterschätzen. Sein Gewand war blau und schlicht, seine Gestalt nicht allzu groß. Es war schwer, sein Alter zu bestimmen, denn er hatte seinen Kopf kahl rasiert wie ein Priester, auch wenn er nichts weniger war als das. Sein Gesicht war wettergegerbt und seine Augen von tiefem Blau. Er war kein Muskelpaket wie Gybad, und dennoch drückte sein schlanker Körper schiere Stärke aus. Auf Maru wirkte er immer, als müsse er sich selbst im Zaum halten, weil sonst seine drängende Kraft unvorhersehbaren Schaden anrichten würde. Sie verglich ihn in ihren Gedanken mit einer Bogensehne, die unter voller Spannung stand.
    »Wirklich, ich frage mich, ob du das weite Land oder die endlose See gegen diesen Haufen Steine eintauschen willst, Urather«, fuhr der Iaunier fort.
    »Was bringt dich auf den Gedanken, dass ich hier bleiben will, großer Tagor?«, fragte Tasil. Er versuchte dem Mann zu schmeicheln, ein schlechtes Zeichen.
    »Du richtest dich ein. Du hast einen Sklaven. Eine feste Schlafstatt. Man sagte mir, dass du sogar die Armen durchfütterst. Du bist weich geworden, Tasil, und unzuverlässig. Du erscheinst nicht zu unseren Verabredungen.«
    »Nun, das kann ich erklären.«

    Tagor Xonaibor sprang schnell auf und machte zwei Schritte auf Tasil zu. »Eine Erklärung? Ich bin neugierig. Ich habe gehört, du hast neue Freunde gefunden. Hochgestellte Freunde.

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