Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
Uschparu weiter. »Nun, was soll ich sagen? Hier liegst du, dort Baschmu, und neben ihm das Unglück, das du über uns gebracht hast.«
Der Krieger schlug das andere Tuch zurück. Es war Luban! Seine Kehle war durchgeschnitten. Maru verschlug es den Atem. Luban-Etellu, Kaidhan des Neuen Reiches der Akkesch, war tot.
»Ich habe ihn noch vor dir gewarnt, Umati, doch er wollte nicht auf mich hören. Sag mir, warum hast du ihn erschlagen?« Uschparu beugte sich herab, um zu lauschen, was Umati zu sagen hatte. Aber sie sagte nichts, denn auch sie war nun tot. Der Immit erhob sich wieder. »Meldet dem Schab-ut-Schabai, dass es vollbracht ist. Und lasst in der Stadt verbreiten, dass Umati den hochgeborenen Kaidhan Luban in diesem Bad ermordet hat und dass meine Männer leider zu spät kamen, aber wenigstens das verfluchte Weib erschlagen haben. Und verbreitet weiter, dass ich die Geschicke des Reiches besorge, solange Malk Gerru noch im Fieber liegt.«
»Ich gehorche«, erwiderte ein Schab.
»Warte«, befahl Uschparu, »schick auch einen Mann zu den Priestern. Sie sollen die Tempel öffnen, damit das Volk für Luban und Gerru gute Opfer bringen kann.«
Maru glaubte sich in einem bösen Traum gefangen. Umati war vor ihren Augen erschlagen worden, und der Kaidhan war tot. Uschparu hatte rücksichtslos und brutal die Macht an sich gerissen.
Der kleine Gerru an Fieber erkrankt? Vermutlich nur eine weitere Lüge. Das alles war mehr, als Maru fassen konnte. Der Immit erteilte, zwischen den Leichnamen stehend, weitere Befehle. Er sprach auch mit Tasil. Maru stand daneben, als die beiden Männer sich unterhielten, aber sie hörte nicht zu. Sie hatte Umati in die Stadt gebracht, und jetzt war sie tot. Irgendwann packte Tasil sie am Arm und zog sie aus dem Haus. Tränen liefen ihr übers Gesicht.
»Ich fürchte, ich habe diesen Immit unterschätzt«, sagte Tasil. Er klang besorgt. Aber Maru war gleich, was er sagte.
»Es ist gut, dass er uns noch braucht. Sonst müssten auch wir um unser Leben fürchten.«
»Er braucht uns?«, fragte Maru tonlos.
»Ich habe ihm gesagt, dass du es vermagst, die Erwachte zu spüren, wenn sie in der Nähe ist. Und da wir an den Fluss müssen, ist das lebenswichtig – für ihn und für uns. Übrigens wirst du ihm sagen, dass die Awathani weit fort ist, wenn er dich fragen sollte.«
»Weit fort?«
»Natürlich, unterwegs zum Meer. Baschmu hat das auch gesagt. Sie zieht sich zurück, weil Frieden geschlossen wird.« Tasil kratzte sich nachdenklich am Kinn, und Maru dachte an den Sterndeuter, der tot neben Luban und Umati lag. Tasil fuhr fort: »Es soll jetzt alles sehr schnell gehen. Heute Abend schon will sich der Immit Alldhan Numur unterwerfen. Auf der Brücke. Die Serkesch sollten schon angefangen haben, sie zu bauen.«
»Brücke?«
»Reiß dich zusammen, Kröte! Ich weiß, dass du dieses verdammte Weib mochtest. Aber wenn wir den heutigen Tag überleben wollen, müssen wir hellwach sein.«
Maru nickte schwach. In gewisser Weise hatte Tasil sogar recht. Aber was hatte das mit der Erwachten zu tun? Sie atmete tief durch und wischte die Tränen ab. Umati war tot. Und der Schmerz
drückte ihr aufs Herz. Aber da draußen war ein Daimon, der drohte, alle Akkesch zu töten. Und so wie es aussah, war es ihr bestimmt, ihn aufzuhalten – wenn das überhaupt möglich war. Sie schluckte die Tränen hinunter und erschrak gleichzeitig vor sich selbst. War es schon so, dass es sie nicht mehr berührte? Im Fenn hatte sie Bolox, Vylkas und die anderen Söldner sterben sehen, heute Umati und dazwischen viele andere. Es war eben Krieg. Das hieß, Menschen starben. Hatte sie sich etwa schon daran gewöhnt? Sie biss die Zähne zusammen. Noch herrschte der Kriegsgott über diese Stadt, aber wenn stimmte, was Tasil sagte, dann würde es vielleicht heute noch enden. Dafür würde sie alles tun. Was aber ihren »Onkel« und seine hinterhältigen Zaubereien betraf, das musste bis morgen warten. Plötzlich fühlte sie eine kalte Stärke in sich wachsen. Die Zeit zum Trauern würde kommen, später.
»Geht’s wieder?«, fragte Tasil. Er klang wirklich besorgt. Maru fragte sich, was diese Fürsorge zu bedeuten hatte. Sie nickte.
»Gut, dann komm. Wir sollten uns zurückziehen. Je weiter wir von diesem Ort entfernt sind, desto besser. Ich will nicht mit diesen Morden in Verbindung gebracht werden.«
Sie liefen die Straße hinunter zum Haus des Richters. Die Sonne war inzwischen aufgegangen. Es würde ein
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