Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
werde ich nicht. Aber ich werde mit Luban reden. Mir scheint, es ist höchste Zeit. Frieden? Ich werde keinen Frieden geben, nicht solange der Schänder Numur noch lebt!«
Maru schwieg betroffen. Schänder, hatte Umati gesagt, und abgrundtiefer Hass lag in ihrer Stimme, als sie das Wort aussprach. War das der Grund für ihren unglaublichen Hass? Hatte Numur sie geschändet? Dann hatte er den Tod mehr als verdient. Dennoch wuchsen Zweifel in ihr, ob es richtig wäre, Umati in die Stadt zu bringen. Sie war gefährlich für den Frieden, der sich anbahnte und den die Stadt so dringend brauchte.
»Ich denke, die dunklen Gedanken sollten jetzt schweigen«, meinte Velne. »Wenn ich das richtig sehe, hat Belk den Braten vollendet. Lasst uns Hirth ein Dankopfer bringen und dann essen.«
Maru aß, aber sie aß mit schlechtem Gewissen. Nicht weit entfernt hungerte eine ganze Stadt. Selbst gebratene Mäuse waren da
schon ein begehrter Leckerbissen. Diese Gedanken schienen den anderen fremd zu sein, denn sie aßen schnell und mit sichtbarem Genuss.
»Sag, ehrenwerte Umati«, begann Velne, als er den letzten Schenkelknochen zur Seite warf, »diese Zeichen, mit denen du dich schmückst, sind das Zauberzeichen der Viramatai?«
»Es sind alte Schutzzauber, die meine Mutter mich lehrte. Sie sind sehr stark, vor allem, wenn sie mit dem Blut von Feinden geschrieben werden«, erwiderte Umati stolz.
»Kein Wunder, dass sie dich für einen Daimon halten«, meinte Velne, und es war schwer zu deuten, ob er es anerkennend meinte.
»Gibt es Waffen gegen Daimonen?«, fragte Maru plötzlich. Die Frage war ihr unvermittelt in den Sinn gekommen. Und sie hatte sie ausgesprochen, bevor Utukkus Bann es verhindern konnte.
»Ah, eine gute Frage, nicht wahr, mein Freund?«, meinte Velne.
»Eine närrische Frage«, gab Klias verächtlich zurück. Dann schickte er Belk fort, frisches Wasser zu holen, denn er wollte sich die Hände waschen.
Maru redete sich ein, dass diese Frage nichts mit demjenigen zu tun hatte, an den sie nicht denken wollte und der verhinderte, dass sie über ihn sprach.
»Die Weisen sind in dieser Frage zerstritten, Nehis«, erklärte Velne seufzend. »Wann hat auch je ein Mensch eine Waffe gegen einen Daimon erhoben? Sie sind alt, und es scheint, als sei ein Teil von ihnen schon nicht mehr auf unserer Welt. Es heißt, sie seien weder Fleisch noch Geist, sondern etwas dazwischen. Jener Daimon, der einst die Akkesch auf ihrem langen Marsch verfolgte, er legte niemals selbst Hand an einen der ihren, und sie bekamen ihn nie zu Gesicht. Doch Berglöwen, Wölfe, Flussechsen und Bären griffen sie an, Tiere, die den Menschen doch sonst meiden, außer in Zeiten größter Not. Kleine Bäche verwandelten sich in reißende Ströme, wenn die Akkesch sie durchqueren wollten, und in den
Schluchten der Berge sprengten harmlose Quellen plötzlich mächtige Felsen aus dem Hang. Steine hagelten auf die Akkesch herab, und viele starben, bis sie unser Land erreichten.«
Maru hoffte, Velne würde endlich zum Punkt kommen, denn Utukkus Bann war nicht zu täuschen: Das Gespräch bereitete ihr körperliche Schmerzen.
»Wir Tochar waren es, die dem Großen Etellu überhaupt erst gesagt haben, dass es ein Alfskrol ist, der sie verfolgt, und wir haben ihn gebannt.«
»Aber wie?«, fragte Maru unter großer Anstrengung.
»Es war ein langes Ritual. Sieben Tage und Nächte woben die Alten daran. Alle Zauberer der Berge hatten sich versammelt. Viele geheime Zutaten brauchte der Sud, der ihnen die Kraft dazu gab, doch eine entscheidende Zutat fehlte.«
Velne hielt inne und sah in die Runde. Belk war inzwischen zurück, Klias wusch sich die Hände, und Umati nagte die Knochen des Kaninchens ab. Aber sie alle hörten ihm aufmerksam zu. Der alte Maghai fuhr fort: »Wir baten Etellu um Gold, und er versprach es uns. Doch als wir es brauchten, um den Bann zu vollenden, da gab er uns nur Silber. Dieser Narr glaubte, uns übervorteilt zu haben. Dabei wollten wir das Gold nicht für uns, nein, doch dieses edle und so schwer zu beschaffende Erz ist das Einzige, was die Daimonen fürchten. Sie meiden es, berühren es niemals, und es heißt, flüssiges Gold könne sie sogar töten.«
»Flüssiges Gold?«, keuchte Maru.
»Nun, das ist nur eine Vermutung, Nehis, und ich vermag mir nicht vorzustellen, wie dies geschehen soll. Aber es ist auch der Grund, warum Etellu alles Gold, das er finden konnte, hortete und warum allein der Kaidhan es tragen darf. Er
Weitere Kostenlose Bücher