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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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ich die Nacht bei euch verbringe?«, fragte er. »Einmal Prügel am Tag reichen mir.«
    Sie schüttelte kurz den Kopf. »Mein Mann ist tot, ich lebe allein. Mein Name ist übrigens Mathilda. Schaffst du es, aufzustehen?«
    Zögernd stützte er sich auf die Hände und drückte sich hoch, wobei er unter größter Anstrengung einen Aufschrei unterdrückte. Er war sich ziemlich sicher, dass mindestens eine Rippe gebrochen war und sein Kopf kurz vor dem Zerplatzen stand. Ungeachtet der bohrenden und stechenden Schmerzen und mit Hilfe von Mathilda erreichte er tatsächlich ihre kleine Lehmhütte. Schwer schnaufend ließ er sich gleich hinter dem Eingang auf den Boden nieder und schloss erschöpft die Augen. Es herrschte völlige Dunkelheit in dem einzelnen Raum, und an den Geräuschen konnte er erkennen, dass seine Helferin sich am Feuer zu schaffen machte.
    Als die Schmerzen ein wenig nachgelassen hatten, erhob er sich mit Bedacht und blickte zu ihr hinüber. Von hinten war von ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft nicht das Geringste zu sehen. »Ich hoffe, ich habe mich nicht zu sehr auf dich gestützt. In deinem Zustand wäre das sicherlich nicht so gut.«
    Mathilda drehte sich zu ihm um. Verwirrt bemerkte er, wie hübsch sie aussah. Die langen rötlichen Haare waren zu einem Zopf gebunden, aus dem sich eine Strähne gelöst hatte, die ihr ins Gesicht fiel. Im Feuerschein stellte er fest, dass ihre Augen grün schimmerten.
    »Im Gegenteil. Es wäre nicht schade drum, wenn ich das Kind durch die Anstrengung verlieren würde. Wie es aussieht, wird sich mein Wunsch aber wohl nicht erfüllen.«
    Mit Bestürzung vernahm er ihre Worte, und im ersten Moment wusste er darauf keine Antwort, doch irgendwann hielt er die beklemmende Stille nicht mehr aus. »Ich habe immer angenommen, dass ein Kind beim Erinnern hilft und nicht Bedauern oder gar Hass auslöst. Oder ist dein Mann keine Erinnerung wert?«
    Sie erhob sich schwerfällig und griff nach einer Holzschale, um sie ihm zu reichen. Da es keinen Löffel gab, fing er an, den Brei mit den Fingern zu essen. Dabei ließ er seine Retterin jedoch nicht aus den Augen.
    »Mein Mann ist jede gute Erinnerung wert. Was allerdings nicht auf den Vater meines Kindes zutrifft. Aber was soll’s«, murmelte sie. »Auf einen Bastard mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr an.«
    Jäh wurde Esiko klar, auf wen sie mit ihrer Äußerung anspielte, und das Bild der verweinten, jungen Frau, die er für einen kurzen Moment im Zimmer Burchards gesehen hatte, stieg klar und deutlich in ihm auf. Während der Zorn ihn immer mehr erfüllte, rang er um Worte. »Vielleicht hat er ja genug von dir und lässt dich nach der Geburt in Ruhe.«
    Sie lachte bitter auf. »Leider nein! Seit drei Wochen muss eine andere aus unserer Siedlung herhalten, seitdem kann unser verehrter Burgherr meinen Anblick nämlich nicht mehr ertragen. Erst gestern war sein widerlicher Wachhund bei mir und hat sich davon überzeugt, ob ich das Kind noch immer im Bauch habe. Dabei hat er mich wissen lassen, dass unser gemeinsamer Herr langsam der armen Sigrid überdrüssig ist, deshalb soll ich mich spätestens eine Woche nach der Niederkunft bei ihm einfinden.«
    Esiko brachte den Inhalt der Schüssel nicht mehr herunter und wusch sich die Hände in einem kleinen Holzeimer. Eine Frage hatte er noch, obgleich er die Antwort fürchtete. »Was ist mit deinem Mann geschehen?«
    Mit einem Mal wirkte Mathildas Gesicht verschlossen, und ein verräterischer Glanz trat in ihre Augen. »Azzo«, flüsterte sie kaum hörbar. »Als er mich das erste Mal aus unserer Hütte zerrte, stellte mein Mann sich ihm in den Weg. Ich sah nur ein Messer aufblitzen, dann brach er zusammen.« Sie verstummte.
    Esiko legte seine Hand auf ihre. »Vielleicht ist das Kind ja doch von deinem Mann«, versuchte er sie zu trösten, obwohl er wusste, wie wenig seine Worte halfen.
    Sie hob den Kopf und sah ihn aus unendlich traurigen Augen an. »Wir waren bereits seit einem Jahr verheiratet, und der Wunsch nach einem Kind erfüllte sich nicht. Burchard von Hanenstein war während dieser Zeit im Auftrag des Grafen von Northeim unterwegs. Ich komme aus einem Dorf, nicht weit von dem seines Vetters. Es gehört zu einem Kloster, und mein Mann hat mich nur zur Frau nehmen dürfen, weil der dortige Abt Mitleid mit uns hatte.« Plötzlich blitzten ihre Augen auf. »Wenigstens hat man diesen schrecklichen Azzo für seine Tat bestraft und unser Burgherr hat einen Bauern

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