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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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des Königs und die Unterdrückung der landesfremden Besatzungen vorzugehen, durch die eine Gefahr für Hab und Gut ausgehe. Er wandte sich damit direkt an die große nichtfürstliche Schicht der Sachsen, welche die Bedrückungen der königlichen Burgmannen zu ertragen hatte. Zudem beklagte sich Otto bitter darüber, dass diese Burgen mitten im Reich standen anstatt an den gefährdeten nordöstlichen Reichsgrenzen, wo die Menschen unter den ständigen Angriffen der elbslawischen Stämme zu leiden hatten.
    Zu guter Letzt hatte er dem König noch vorgeworfen, dass er weiterhin an der Teilnahme am Polenfeldzug festhielt, trotz der bekannten Bedrohungen an den Grenzen.
    Heinrich hatte getobt, als er von der Rede erfahren hatte. Kurz danach ging die Botschaft ein, dass sich ein sächsisches Heer von ungefähr sechstausend Mann auf die Hartesburg zubewegte. Der Northeimer hatte es geschafft, nicht nur die anderen Fürsten auf seine Seite zu ziehen, sondern er hatte vor allem die Bauern dazu bewegt, die Waffen für die angeblich gemeinsame Sache zu ergreifen. Doch Randolf wusste, dass sich für die Bauern auch im Falle eines Sieges nichts verändern würde, denn die Adeligen ihres eigenen Stammes verhielten sich ebenso großspurig und überheblich wie fast alle.
    Sechstausend gegen knapp dreihundertfünfzig Mann Besatzung auf der Hartesburg!
    Davon abgesehen stand Randolf sowieso zwischen beiden Fronten: Als Lehnsmann hatte er auf den salischen König einen Treueid geschworen, doch seineWurzeln waren sächsisch, und sein Gut lag auf sächsischem Boden. Die Familie Henrikas würde sich im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung höchstwahrscheinlich ebenfalls auf die Seite der sächsischen Fürsten stellen. Im schlimmsten Fall bedeutete das, dass sie sich auf verschiedenen Seiten gegenüberstünden.
    Hinzu kam, dass sein eigener Schwiegervater mit einem kleineren Heer durch die ehemaligen Besitztümer des verstorbenen Erzbischofs Adalbert von Bremen zog. Immer neue und schlimmere Berichte von Plünderungen und Brandschatzungen erreichten sie fast täglich. Randolf nahm an, dass das eigentliche Ziel von Betlindis’ Vater die Lüneburg war. Sie gehörte bis vor einiger Zeit zu den Besitztümern der Billunger und zählte zu den Eroberungen des Königs, der die grenznahe Position als äußerst wichtig erachtete.
    Randolf war davon überzeugt, dass Graf Hermann den ehemaligen Besitz seines Bruders für seinen gefangen gehaltenen Neffen zurückerobern wollte. Und so brütete er weiter in der drückenden Hitze, während ihm der Schweiß über Gesicht und Körper rann.
    Henrika drückte den leeren Weidenkorb dicht an sich und hielt sich eng an die junge Frau an ihrer Seite. Irmingard, die ungefähr in ihrem Alter war, stand ihr seit ihrer Ankunft auf der Burg helfend zur Seite. Die flachsblonde Dienstmagd war fast einen Kopf kleiner als Henrika und mit üppigen Formen gesegnet, die sie aber gekonnt unter ihrem sackartigen Kittel aus graubraunem Leinen verbarg.
    Anfangs hatte Henrika sich noch über das ständig verschmutzte Gesicht und die strähnigen Haare gewundert, die Irmingard zu zwei Zöpfen gebunden trug, bis sie ihr zugeflüstert hatte, dass dieses bewusst hässliche Äußereallein für die Männer der Burg bestimmt war. Nur so hatte sie die Hoffnung, nicht zur Befriedigung von deren Lust herhalten zu müssen.
    »Bleibt dicht bei mir, edles Fräulein«, wisperte die Magd ängstlich, während sie mit gesenktem Blick an den letzten Torwachen vorbeigingen.
    »He, ihr da! Bleibt stehen!«
    Henrika stockte fast das Herz, als sie den Befehl vernahm.
    Der Torwächter umrundete die beiden jungen Frauen langsam, baute sich in voller Größe vor ihnen auf und streckte dabei seinen ansehnlichen Bauch heraus. »Ansehen«, blaffte er, und verängstigt folgten sie ohne zu zögern.
    Henrika hoffte, dass ihre Verkleidung glaubwürdig war. Sie stank wie eine Horde Ziegen, und der Dreck in ihrem Gesicht und auf ihrem Kittel schien ebenfalls von den Tieren zu stammen. Irmingard hatte darauf bestanden, da sie der Meinung war, ihre Begleiterin wäre mit normalem Schmutz noch eine zu große Augenweide.
    Der dickliche Mann rümpfte die Nase und machte einen angewiderten Eindruck. Dann trat er zur Seite und winkte sie vorbei. »Sieh zu, dass du dich wäschst, wenn du wieder hochkommst, du stinkst ekelhafter als ein Haufen Mist!«
    Henrika nickte heftig und folgte schnell ihrer neuen Freundin. Irmingard war hoffnungslos in den hünenhaften

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