Die Tochter des Münzmeisters
Verblüffung war echt und ihre Wut ebenfalls, als sie ihn anblaffte, was er ihr damit zu unterstellen versuche.
»Sagt Ihr es mir!«, forderte er sie auf, wobei er sich gleichzeitig fragte, warum er sie unbedingt weiter reizen musste. Vielleicht war auch die Hitze daran schuld.
»Ich habe lediglich meinen Wunsch geäußert, Euch begleiten zu dürfen«, gab sie auf einmal verlegen zu.
»Mich?«
Unter anderen Umständen hätte Henrika seine offensichtliche Fassungslosigkeit erheiternd gefunden, doch so seufzte sie nur und erklärte, sie habe dem König gesagt, dass Randolf ihrem Retter gerne persönlich danken wollte. Deshalb hatte sie vorgeschlagen, mit zur Hartesburg zu kommen, um ihn zu dem Mann zu führen. Dass Guntram den überschwänglichen Dank des Ritters bereits im Hause des Münzmeisters verlegen entgegengenommen hatte, hatte Henrika dem König wohlweislich verschwiegen. Genauso, wie sie das süffisante Schmunzeln Heinrichs auf ihre Bitte hin jetzt Randolf verschwieg.
»Zu dem Zeitpunkt konnte ja keiner ahnen, dass dieHartesburg bald von den Aufständischen belagert werden würde«, stieß Henrika hitzig hervor, die das Gefühl hatte, sich verteidigen zu müssen. »Sonst wäre ich niemals auf den Gedanken gekommen!«
Randolf bedachte sie mit einem zweifelnden Blick und verkniff sich eine Erwiderung. Der König hatte ihm in der letzten Zeit viel zu oft mit seinen versteckten Andeutungen zugesetzt, so dass er sich lebhaft vorstellen konnte, wie Heinrich sich geradezu prächtig über die Bitte Henrikas amüsiert hatte.
Als die junge Frau sich von ihm verabschiedete, um sich einen Platz im Schatten zu suchen, verbeugte er sich wortlos.
Eigentlich hatte Henrika vorgehabt, Randolf von dem Ort zu erzählen, den sie aufsuchen wollte, doch nach seinem abweisenden Verhalten nahm sie davon Abstand, denn sie hatte keine Lust auf weitere Erklärungen. Ohne auf das mulmige Gefühl zu achten, das sie beim Öffnen der Tür zu den Verliesen befiel, trat sie ein und hielt einem der beiden verdutzten Wärter die Erlaubnis des Königs unter die Augen. Da sie Betlindis bei ihrer Abreise etwas versprochen hatte, war sie ein paar Tage nach ihrer Ankunft auf der Hartesburg mit ihrem Anliegen vor den König getreten. Nachdem sie ihm den Grund für ihre Bitte erläutert hatte, war Heinrich ohne einen weiteren Kommentar auf ihren Wunsch eingegangen.
Henrikas mulmiges Gefühl verstärkte sich, als der Wärter vor der ersten Tür im Gang stehen blieb und aufschloss. Ein Stück weiter hinten konnte sie eine Treppe erkennen, die nach unten führte. Die junge Frau schluckte den bitteren Geschmack hinunter, der beim Gedanken an das, was sich vermutlich dort verbarg, inihr aufgestiegen war, und trat entschlossen in den geöffneten Raum.
»Ich warte hier«, brummte der Wärter, während er die Tür hinter Henrika anlehnte.
»Euer Hoheit, ich freue mich sehr, Euch kennenzulernen«, begrüßte Henrika den eingesperrten Herzog von Sachsen, der sie mit offenem Mund anstarrte.
Nachdem die junge Frau ihm erklärt hatte, mit wem sie zur Burg gekommen war und warum sie ihn aufgesucht hatte, hellte sich seine Miene auf. Geduldig versuchte sie daraufhin seine ganzen Fragen über Betlindis so gut wie möglich zu beantworten. Als Henrika erzählte, dass Randolfs Frau ein Kind erwartete, verfinsterte sich das hagere Gesicht des Billungers.
»Sie ist viel zu zart, um mehrere Kinder zu bekommen. Ihr Gemahl sollte sich dessen bewusst sein, wenn ihm ihre Gesundheit am Herzen liegt«, stieß Magnus wütend hervor.
Verblüfft über den unerwarteten Ausbruch erwiderte Henrika: »Eure Base hat mir erzählt, dass sie selbst nach einem weiteren Kind gedrängt hat, und sie ist sehr glücklich darüber.«
Magnus Billung lächelte leicht gequält und meinte dann entschuldigend: »Es ist nur die Sorge um ihr Wohlergehen. Ich danke Euch für Euren Mut, mich an diesem Ort aufzusuchen, um mir von Betlindis zu erzählen. Sie hat in Euch eine wahre Freundin gefunden, und das freut mich sehr.«
Kurze Zeit später stand Henrika wieder im Freien und atmete erleichtert die frische Luft auf dem Innenhof der Burg ein.
Um sich abzulenken, suchte Randolfs scharfer Blick wieder die Umgebung ab, und die Unruhe, die ihn seit demBericht aus Hoetensleben erfasst hatte, wuchs weiter an. Der Gewährsmann Heinrichs, der bei dem Treffen dabei gewesen war, hatte von einer mitreißenden Rede des Northeimers berichtet. Darin hatte der Graf dazu aufgerufen, gegen den Burgenbau
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