Die Tochter des Münzmeisters
ihrem Dialekt hörte man, dass sie fremd waren.
In den letzten zehn Jahren waren viele solcher Burgen im gesamten Harz entstanden, fast durchweg mit landesfremden Besatzungen. Per königlicher Erlaubnis durften sich die Männer nach Gutdünken bei der Landbevölkerung Nahrungsmittel besorgen und die Bauern zu Frondiensten heranziehen.
Vor dem Eingang des Wohngebäudes warteten zwei bewaffnete Männer, von denen einer die beiden Besucher hineinführte.
Der Palas bestand aus drei großen Räumen, deren prunkvolle Ausstattung in nichts den königlichen Pfalzen nachstand. Wie Randolf erwartet hatte, führte man sie in den Empfangsraum des Königs, in dem ein Abbild seines Throns aus der Kaiserpfalz Goslar stand, mit dem einzigen Unterschied, dass das Vorbild aus Bronzeguss gefertigt und auf feinstem Sandstein befestigt war und nicht aus Buchenholz, das aus den heimischen Harzwäldern stammte. Auf diesem saß nun Heinrich IV., bereits im zarten Alter von vier Jahren zum König gekrönt, und blickte seinen Besuchern lächelnd entgegen.
Heinrich III. war bei seinem Tod ein kranker, von der Gicht geplagter Mann gewesen und hinterließ seiner Frau und seinem Sohn ein Reich, das in großen Schwierigkeiten steckte. Der verstorbene Kaiser war Vater von sieben Kindern und hatte sein Leben lang versucht, nach christlichen Regeln und Werten zu leben, was ihm nicht immer gelungen war. Wahrscheinlich hatte ihm sogar die Nachricht, die ihn im Bodfeld einige Tage vor seinem Tod erreichte, den Rest gegeben. Die vernichtende Niederlage, die das sächsische Heer gegen die Wenden bei Prizlawa an der Havel erlitten hatte, erschütterte ihnüber alle Maßen, und noch am selben Tag befiel ihn ein starkes Fieber.
Seinem Sohn hatte er die leicht tief liegenden, dunklen Augen vererbt, deren stechender Blick den freundlichen Gesichtsausdruck schmälerte. Die ebenfalls dunklen, lockigen Haare trug er kinnlang und dazu einen sorgfältig gestutzten Vollbart. Randolf konnte sich nur noch undeutlich an den Vater des Königs erinnern. Die Ähnlichkeit von Vater und Sohn war unschwer zu erkennen, was nicht zuletzt der leicht düstere Ausdruck verstärkte.
Für Folkmar war es der erste Besuch auf der Hartesburg und zugleich sein erstes Zusammentreffen mit dem jungen Herrscher, wenn man von den letzten beiden Hoftagen absah. In der Miene des Mannes zeigte sich eine Ehrfurcht, die Randolf aufgrund der vielen Jahre, die er eng mit Heinrich verbracht hatte, abhandengekommen war. Ohne Frage verehrte er den König ebenfalls, schließlich hatte er dem Monarchen vor Jahren bereits den Treueschwur geleistet, aber der Ritter sah mehr den Menschen in ihm, der als solcher mit guten, aber eben auch mit schlechten Eigenschaften behaftet war.
Natürlich würde er dem König niemals Fehlverhalten vorwerfen oder auch nur versuchen, ihm dergleichen vor Augen zu halten. Doch Randolf hatte aus verschiedenen Gründen einen besonderen Stand bei seinem Herrn und konnte durchaus auf diplomatische Art und Weise bestimmte Dinge ansprechen. Dieses Privileg wollte er nun ebenfalls nutzen und seine Sorge um die sich beständig verschlechternde politische Lage zum Ausdruck bringen, zu der nicht nur die späte Rehabilitation des Northeimer Grafen und die fortwährende Inhaftierung des jungen Herzogs von Sachsen geführt hatten. Das Hauptproblem lag darin, dass der König mit seinem Handeln in keiner Weise Rücksicht auf die sächsischen Fürsten nahm, undRandolf fragte sich zum wiederholten Mal, wie lange diese sich das autoritäre Verhalten des jungen Monarchen wohl noch gefallen ließen. Im Gegensatz zu dem verstorbenen Kaiser, der immer darauf geachtet hatte, es sich nicht mit der adeligen Oberschicht zu verscherzen, setzte Heinrich seine Vorhaben ohne große Absprachen durch und verzichtete sogar auf die üblichen kirchlichen und adeligen Beraterkreise.
Erst in diesem Augenblick, als der König sich erhob und auf seine Besucher zuging, ebenfalls ein Zeichen seiner Verbundenheit mit Randolf, bemerkte dieser einen Mann in seinem Alter. Er stand in einer Dreiergruppe von vertrauten Gesichtern und kam ihm irgendwie bekannt vor. Folkmar und Randolf verbeugten sich vor dem König, und der Ritter begrüßte seinen Herrn als Erster.
»Euer Majestät, Ihr habt nach mir schicken lassen.«
Beide waren ungefähr gleich groß und von athletischer Figur.
Heinrich legte beide Hände auf die Schultern des Mannes, der ihm seit Kindertagen Begleiter und Freund war. »Randolf, schön,
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