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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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Guntrams Schulter hing.
    Der blutverkrustete Rücken des Ritters bot im hellen Licht der Morgensonne einen noch furchtbareren Anblick, als Henrika es schon im Verlies empfunden hatte, und sie zwang sich, nicht weiter darauf zu achten.
    »Das da«, entgegnete sie hochmütig, »war bis vor kurzem ein gesunder Ritter und ist immer noch einer der engsten Vertrauten unseres Königs. Randolf von Bardolfsburg wurde schwer gefoltert, und wir werden den Verletzten jetzt, wie von König Heinrich gewünscht, zu ihm bringen. Sicher wird er entsetzt sein, wenn er seinen misshandelten Ritter zu Gesicht bekommt, und Ihr könnt Euch glücklich schätzen, dass der König Euch den Auftrag gegeben hat, mir zu helfen. Ich werde ihm mit Sicherheit davon erzählen.«
    Als der Soldat, der vom König die Befehlsgewalt über die zehn Männer erhalten hatte, mit misstrauischem Blick näher trat, stockte ihr der Atem.
    »Ihr tätet gut daran, wenn Ihr uns beim Abstieg helfen würdet, damit wir dem König schnellstmöglich folgen können, schließlich hat er klare Anweisungen gegeben«, bekräftigte Henrika erneut ihre Forderung.
    Dass sich eine Spur Verzweiflung in ihre Stimme mischte, konnte sie nicht verhindern, so groß war ihre Angst, kurz vor dem Ziel womöglich zu scheitern. Was sollten sie nur tun, wenn der Soldat ihren Worten keinen Glauben schenkte?
    »Das soll Ritter Randolf sein? Dieses zerlumpte und blutige Etwas?«, sagte der Mann mehr zu sich selbst, trat dicht an Guntram heran und beugte den Oberkörper leicht nach vorn, um das Gesicht des Mannes zu betrachten. Da es aber von den verklebten, langen Haaren verdeckt war, schob er sie mit angewidertem Blick zur Seite, um gleich darauf die Hand zurückzuziehen. »Herr im Himmel«, murmelte er verstört. Dann wandte er sich mit einem entschuldigenden Blick an Henrika. »Meint Ihr nicht, es wäre besser, wenn er hier auf der Burg gesund gepflegt würde?«
    Mit ernster Miene schüttelte Henrika den Kopf und erklärte ihm, dass der König ausdrücklich den Befehl gegeben habe, seinen Gefolgsmann sofort zu ihm zu bringen.
    Obwohl der Soldat noch immer nicht völlig überzeugt schien, den schwerverletzten Mann auf diesem Weg aus der Burg zu schaffen, wies er seine Leute an: »Die Leiter runter und unten vorsichtig den Verletzten abnehmen. Ihr beiden helft mit, Herrn Randolf möglichst behutsam hinunterzubringen.«
    Innerlich jubelnd wandte Henrika sich an den verdutztenGuntram und erklärte ihm mit knappen Worten, dass er schon mal vorgehen und draußen auf sie warten sollte. »Ich muss noch etwas Dringendes erledigen. Wenn ich in der nächsten Stunde nicht auftauche, musst du zusehen, dass du Herrn Randolf zu Irmingard in die Siedlung bringst. Aber es darf ihn niemand sehen, hörst du!«
    »Was habt Ihr vor? Es ist viel zu gefährlich, noch mal umzukehren!«, versuchte Guntram sie umzustimmen, doch Henrika blieb bei ihrem Entschluss.
    Mit einem angstvollen Blick auf Randolfs zerschundenes Gesicht wandte sie sich an den Soldaten, der die Befehlsgewalt innehatte. »Ihr müsst nicht auf mich warten«, erklärte sie ihm und zeigte auf ihr verschmutztes Gewand. »Ich werde Euch später folgen, denn so kann ich dem König unmöglich erneut unter die Augen treten.«

20. KAPITEL
    K urze Zeit später hatte Henrika ihr Ziel erreicht. Mit einem Eimer Wasser in der einen und einem Tuch in der anderen Hand spazierte sie in den Wohntrakt des Königs. Die Utensilien hatte sie an der Wand des Wirtschaftsgebäudes gefunden, an dem sie vorbeigehastet war. Mit ihrer einfachen Kleidung war es die beste Tarnung, die sie sich kurzfristig geben konnte.
    »He, du da, wohin willst du?«
    Kaum hatte sie den Eingangsbereich betreten, ließ eine barsche Stimme sie herumfahren. Ein Soldat lehnte an der Wand links vom Eingang und beäugte sie misstrauisch.
    »Man hat mir gesagt, dass ich im Gemach des Königs saubermachen soll«, wisperte sie mit gesenktem Blick, ohne dem Mann ihre Angst vorspielen zu müssen.
    Mit schweren Schritten kam der Soldat näher, und während Henrika schon darüber nachdachte, sich wieder einmal einen Eimer zunutze zu machen, rümpfte der Mann die Nase. »Du stinkst ja grauenhaft, Mädchen. Ich bin mir nicht sicher, ob das Gemach nach deinem Einsatz wirklich sauberer ist. Denk daran, es sind des Königs Räume!«, warnte er und winkte sie mit einer ungeduldigen Handbewegung durch.
    Henrika knickste erleichtert und huschte davon. Von ihrem Besuch beim König vor einiger Zeit wusste sie

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