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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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genau, wohin sie gehen musste. Randolf hatte von einerTruhe gesprochen, und Henrika glaubte sich zu erinnern, so ein Stück in dem Gemach gesehen zu haben, in dem Heinrich sie empfangen hatte. Niemand begegnete ihr auf dem weiteren Weg, daher stand sie kurz darauf mit klopfendem Herzen in dem großen Raum und schloss die Tür hinter sich.
    Für die prachtvolle Einrichtung hatte sie dieses Mal allerdings keinen Blick. Zielstrebig eilte sie zu der Wand, an der sich die Truhe befand, wobei sie fast über einen kleinen Schemel gestolpert wäre, der achtlos mitten im Weg stand. Henrika wusste nicht, dass Heinrich die Truhe bereits aus Goslar mitgebracht hatte. Den größten Teil des Inhalts hatte er nun ebenfalls auf seiner Flucht aus der Hartesburg dabei, deshalb musste sie auch nicht lange nach einem Brief suchen. Neben mehreren Schriftrollen lag ein gefalteter Bogen Pergament in der fast leeren Truhe, und ohne zu zögern, aber mit zitternden Händen griff Henrika danach. Sollte sie in diesem Augenblick jemand erwischen, stünde es mit Sicherheit schlecht um sie.
    Doch niemand kam, und schnell wagte sie einen kurzen Blick auf die Nachricht. Sie überflog die wenigen Zeilen, und für einen Moment glaubte sie, keine Luft mehr zu bekommen, so erregend war das, was da in krakeliger Schrift zu lesen war. Henrika faltete den Brief zusammen und steckte die Zeilen zusammengerollt in den Ausschnitt ihres Kleides zwischen ihre Brüste. Einen Anflug von schlechtem Gewissen schob sie kurzerhand zur Seite und eilte zum Ausgang. Just in dem Moment, als sie den Riegel zurückschieben wollte, wurde die Tür von der anderen Seite aufgestoßen. Henrika konnte gerade noch zum Schutz die Hände heben, stolperte allerdings durch den Stoß und fiel hin.
    »Was hast du hier zu suchen?«
    Als sie die Stimme des Vogts erkannte, setzte ihr Herzschlag für einen Moment aus. Hastig schob sie den Rock ihres Kleides herunter, der nach oben gerutscht war, und erhob sich. Ihre Schulter schmerzte ein wenig, sonst hatte sie sich nichts getan. Ihre Hoffnung, dass der Vogt sie vielleicht nicht erkannte, zerschlug sich im selben Moment.
    »Ihr, Fräulein Henrika?«
    Fassungslos starrte Erchanger von Hadersgraben sie an, dann schloss er die Tür und kam mit einem nicht zu deutenden Blick auf sie zu. »Was tut Ihr hier? Und wie seht Ihr bloß aus? Alle suchen seit Tagen nach Euch, und dann taucht Ihr einfach so im Gemach des Königs auf und seht noch dazu aus wie eine dreckige Magd!«
    Verzweifelt überlegte Henrika, wie sie aus diesem Schlamassel wieder herauskommen sollte, denn der drohende Unterton war ihr keineswegs entgangen. Als der Vogt sie schon fast erreicht hatte, fiel ihr plötzlich etwas ein, und sie wich in Richtung der Wand zurück, an der die wuchtige Truhe stand. Nach einem hastigen Blick über die Schulter wusste sie, worauf sie achten musste, ließ jedoch nicht die ausgestreckte Hand des Vogts aus den Augen.
    »Ihr würdet mir bestimmt kein Wort von dem glauben, was ich Euch erzählen könnte, mein lieber Vogt«, säuselte sie und lächelte ihn verführerisch an, während sie vorsichtig einen weiteren Schritt nach hinten machte.
    »Wenn Ihr endlich einmal stehen bleiben würdet, könnte ich Euch überraschen, meine Hübsche«, antwortete Erchanger mit belegter Stimme.
    Fast zeitgleich stieß Henrika mit der rechten Ferse gegen etwas Hartes und dachte voller Panik, dass ihr Plan nicht aufgegangen war, als die Augen des Vogts sich mit einem Mal weiteten und er mit den Armen ruderte. UmHaaresbreite verfehlte er Henrika, die gerade noch rechtzeitig zur Seite springen konnte, und schlug mit einem dumpfen Knall auf den silberbeschlagenen Deckel der Truhe. Wie erstarrt blieb Henrika daneben stehen, ohne einen Blick auf den kleinen Schemel zu werfen, der nicht weit von ihr seitlich auf dem Boden lag. Zum Glück eilte niemand herbei und erkundigte sich nach dem Lärm. Mit einem schnellen Seitenblick auf den leblosen Körper des Vogts fragte sie sich verwundert, wieso er den Sturz nicht abgefangen hatte, denn sein Schädel war mit voller Wucht auf das Holz geschlagen. Blut konnte sie keines erkennen, und als sie ein leises Stöhnen hörte, ergriff sie panisch die Flucht.
    Der Soldat, der sie beim Eintreten angesprochen hatte, war verschwunden, und auch sonst begegnete ihr niemand auf ihrer überhasteten Flucht. Als Henrika keuchend den Hof betrat, musste sie gegen den innerlichen Drang ankämpfen, einfach loszurennen, denn mittlerweile gingen schon

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