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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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Hof, auf dem langsam das alltägliche Leben begann. Es war noch immer sehr früh am Morgen, und sie war froh, dass Guntram bei ihr war, denn die Aufgabe, die vor ihr lag, bereitete ihr nicht gerade Wohlbehagen. Aber Randolfs Verschwinden und die Vorwürfe Guntrams gegen den Vogt ließen nur diesen einen Ausweg zu. Wenn der Ritter nicht durch den Stollen gegangen war, blieb nur noch ein Ort in der ganzen Burg übrig, an dem ihn der König mit Sicherheit nicht hatte suchen lassen.
    Sie hatten etwa die Hälfe des Weges hinter sich, als Henrika unvermittelt stehen blieb. Obwohl der König ihre Begleiter angewiesen hatte, ihr zu Diensten zu sein, war sie sich auf einmal nicht mehr sicher, wie die Männer auf das reagieren würden, was sie nun vorhatte. Kurzerhand befahl sie den beiden Soldaten, zum Brunnen zurückzukehren und dort auf sie zu warten. Mit mürrischer Miene verschwanden die Männer, und Henrika eilte mit Guntram alleine weiter. Als sie das Gebäude erreicht hatten, in dem sich die Gefangenen befanden, hielt der Bauer sie fest.
    »Was habt Ihr dem König vorhin noch gesagt?«, fragte er.
    Ein wenig außer Atem schmunzelte die junge Frau verlegen. »Nichts weiter, nur dass der Burgvogt mir ständig nachstellt und ich dabei war, als er Herrn Randolf bedroht hat.«
    Verblüfft starrte Guntram sie an, dann grinste er breit, wurde allerdings gleich darauf wieder ernst. »Dieser schreckliche Ort ist nichts für Euch! Lasst mich alleine nachsehen und wartet ebenfalls am Brunnen. Dort seid Ihr sicher. Wenn Herr Randolf da drinnen ist, werde ich ihn finden!«
    Henrika schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, ich kenne mich da unten aus, denn ich war ebenfalls schon einmal dort.« Henrika dachte an ihr kurzes Gespräch mit Magnus Billung zurück. »Wir gehen zusammen.«
    »Und wie wollt Ihr das Eindringen eines Bauern und einer Magd den Wärtern erklären?«, fragte Guntram, noch immer nicht überzeugt, und erkannte sofort, dass auch Henrika diese Kleinigkeit vergessen hatte.
    Suchend sah sie sich um, dann hellte sich ihre Miene auf, und sie griff nach einem halbvollen Wassereimer, der neben dem Eingang stand. Nachdem sie die beiden Männer der Burgbesatzung angewiesen hatte zu warten, entschied sie: »Du hast recht, ich gehe deshalb zuerst alleine rein.«
    Ohne zu zögern drückte sie die schwere Eichentür entschlossen auf, so dass ihr der entnervte Blick des Hünen entging.
    Kaum hatte sie den Wachraum betreten, schlug ihr auch schon der abgestandene Mief entgegen, der von schlecht durchlüfteten Räumen zeugte. Da es keine Fensteröffnung gab, war der kleine Vorraum nur von einer Fackel erleuchtet, die in einer eisernen Halterung an der Wand steckte. Mit einem koketten Lächeln begegnete sie dem überraschten Blick des Wärters, der gelangweilt auf einem Schemel am Tisch saß.
    »Was willst du hier?«, fragte er misstrauisch.
    Mit einem verführerischen Blick stieß Henrika die Türhinter sich zu, so dass der Raum in ein flackerndes Licht gehüllt wurde. Sie überwand ihren Ekel, den sie beim Anblick des Mannes empfand, und näherte sich ihm langsam, während sie versuchte, nicht auf sein schmutziges und ungepflegtes Äußeres zu achten.
    »Ich habe mir gedacht, dass du sicher Durst hast, hier in diesem stickigen, kleinen Raum. Erst gestern habe ich dich beobachtet, wie du nach draußen gegangen bist und gierig getrunken hast«, sagte sie schmeichelnd und reichte ihm die gefüllte Holzkelle, während sie im Stillen betete, dass gestern nicht jemand anders hier Dienst gehabt hatte.
    Das Misstrauen des Mannes schwand, als er einen Blick auf ihr Bein warf, das unverhüllt bis zum Knie aus dem Schlitz des Kleides hervorlugte.
    »Hab dich dabei gar nicht in der Nähe gesehen«, brummte er, griff nach der Kelle, umfasste gleichzeitig blitzschnell mit der anderen Hand ihr Handgelenk und zog sie zu sich heran. »Bist mir überhaupt noch nicht aufgefallen, dabei sehe ich die hübschen Mädchen immer sofort.«
    Henrika hielt angesichts seines schlechten Atems unbewusst die Luft an, und ihre Finger umschlossen den Griff des Eimers fest. »Siehst du, ich habe dich dagegen sofort bemerkt, mein Süßer«, flüsterte sie aufreizend und sah zu, wie er die Kelle an die Lippen führte, die in dem struppigen Bart kaum zu erkennen waren.
    Im nächsten Augenblick holte sie aus, und mit einem dumpfen Krachen zerbarst der Eimer auf seinem Kopf. Die Kelle fiel ihm aus der Hand und knallte auf den Boden, gefolgt vom lauten Aufprall des

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