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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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und spürte jäh eine Verbundenheit, die ihr gänzlich neu war, aber sehr gefiel.
    »Leider kann ich Euch keine andere Auskunft geben, Dietbert von Hanenstein. Nachdem die einzige Zeugin des unglückseligen Überfalls Eures Vaters auf die Familie des damaligen Vogts mir all seine Taten im Detail geschildert hat, bleibt mir nichts anderes übrig, als meine Zusage zu Eurer Verbindung mit der Tochter des Münzmeisters zurückzunehmen.« Mitleidig musterte Heinrich den fassungslosen Dietbert, doch dann schlug er ihm leicht auf die Schulter und meinte: »Kopf hoch, es gibt noch andere hübsche Frauen in meinem Reich, Ihr müsst nur die Augen aufhalten.«
    Danach wandte er sich den Papieren zu, die auf seinem schweren, dunklen Schreibtisch lagen, und ließ seinenLehnsmann stehen, der noch immer mit dem eben Gehörten zu kämpfen hatte.
    Schließlich verbeugte Dietbert sich steif und schickte sich an, den kleinen Saal zu verlassen, in dem Heinrich üblicherweise seine Besucher empfing. In der großen Feuerstelle, über der ein Abzug nach draußen angebracht war, lagerten trockene Holzscheite, die zu dieser Jahreszeit noch nicht benötigt wurden.
    In dem Augenblick öffnete sich die Tür, und ein Diener kündigte einen weiteren Besucher an, dessen Name wie durch dichten Nebel bis zu Dietbert drang und ihn aus seiner Benommenheit riss.
    »Euer Majestät, Randolf von Bardolfsburg bittet darum, zu Euch vorgelassen zu werden.«
    Heinrichs erfreute Aufforderung war kaum ausgesprochen, da stürmte sein Vertrauter auch schon in staubiger Reisekleidung in den Saal. Dietbert begegnete dem Mann, dem er die niederschmetternde Nachricht des Königs letztendlich zu verdanken hatte, mit einem hasserfüllten Blick und war gleich darauf verschwunden. Schließlich hatte Heinrich damals dem Ritter und damit seinem erklärten Feind den Auftrag erteilt, Henrikas Familie über die geplante Vermählung zu unterrichten. Die offensichtliche Überraschung Randolfs bereitete ihm dieses Mal keine Freude.
    Ohne auf seine weitere Umgebung zu achten, stürmte Dietbert ins Freie. Er hatte das Gefühl zu ersticken, und in der angenehmen Wärme des Abends änderte sich an diesem Zustand kaum etwas. Er hätte schreien können, und einzig die Menschen um ihn herum hinderten ihn daran. Sein Vater ließ ihn einfach nicht los! Wie sehr hatte er sich bemüht, alle Gedanken an ihn im hintersten Winkel seines Kopfes wegzusperren – ohne Erfolg. Immer wieder holten ihn die Taten Burchards ein und machtenseine Versuche, ein anständiges und einigermaßen gutes Leben zu führen, von neuem zunichte. Mittlerweile war er geneigt zu glauben, dass es womöglich doch an dem Fluch seiner Mutter lag. Dietbert holte aus, schlug mit der Faust auf die dicke Steinmauer, die den Platz vor der Pfalz begrenzte, und zuckte zusammen. Vielleicht lag es an dem Schmerz in seiner Hand, aber langsam bekam er seine aufgewühlten Gefühle wieder unter Kontrolle und stieg die Stufen hinunter.
    Es ging auf September zu, und die Tage wurden kürzer. Die untergehende Sonne warf ihre langen Strahlen auf die dunklen Wälder des Harzes, die sich hinter Goslar erhoben. Während Dietbert mit weitausholenden Schritten den Platz vor der Pfalz überquerte, wurde ihm bewusst, dass er unter allen Umständen noch einmal versuchen musste, mit Henrika persönlich zu sprechen. Und zwar bevor er sich um den vom König erhaltenen Auftrag bei seinem Onkel, dem Grafen von Northeim, kümmern würde. Kurz erwog er den Gedanken, direkt in das Haus des Münzmeisters zu marschieren. Vielleicht könnte er eine Entschuldigung für das Verhalten seines Vaters damals als Vorwand angeben, dann verwarf er die Idee aber schnell wieder, denn höchstwahrscheinlich würde er gar nicht vorgelassen werden.
    Möglicherweise würde es ihm jedoch gelingen, Henrika erneut irgendwo abzupassen. Der Gedanke setzte sich schnell in ihm fest und sorgte dafür, dass er sich um einiges leichter fühlte. Hinzu kam, dass er in einem der Ritterhäuser einquartiert war, die sich auf beiden Seiten des Platzes unterhalb der Pfalz befanden. Von dort hatte er einen hervorragenden Blick auf Henrikas Zuhause, so dass er ihr ohne Probleme folgen könnte, falls sie es verließe.
    Mit einem Lächeln auf den Lippen drückte er gegendie Tür seiner Unterkunft und zog einen klapprigen Stuhl vors Fenster. Er hatte sich nicht getäuscht. Kein Hindernis versperrte ihm den Blick auf das Münzmeisterhaus. Dietbert streckte seine langen Beine aus und

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