Die Tochter des Münzmeisters
Minuten des vertrauten Schweigens. In Augenblicken der Zweisamkeit nannte er sie manchmal so. Seine Gemahlin verdankte ihren ungewöhnlichen Namen der angelsächsischen Gemahlin Kaiser Ottos I., die viele als heilige Wohltäterin verehrten. »Bist du einverstanden, dass ich mich gegen ihn entschieden habe?«
Edgitha zögerte kurz, dann antwortete sie mit großer Überzeugung: »Natürlich ist deine Entscheidung richtig, Liebster. Dieser Burchard ist ein unangenehmer Zeitgenosse, dem ich unsere Tochter nur ungern anvertrauen würde. Außerdem bin ich sicher, dass die Familie Friedrichs von Goseck besser für Hemma geeignet ist. Du kennst doch den Bruder des Erzbischofs Adalbert. Erzähl, was für ein Mensch ist Pfalzgraf Friedrich?«
Gottwald ließ sich mit der Antwort Zeit. Es war nicht ungewöhnlich, dass er mit seiner Frau Probleme besprach. »Ich bin mir nicht sicher, ob er besser geeignet ist. Friedrich war immer sehr jähzornig veranlagt, aber vielleicht hat sich diese Eigenschaft mit dem Alter ein wenig gelegt. Vom Aussehen her ist er auf jeden Fall ansprechender als Adalbert, dennoch liegt mir diese ungeplante Wendung schwer im Magen.«
Edgitha stützte sich auf den Ellbogen und strich ihrem Mann sanft über die Wange, so als wollte sie seine sorgenvolle Miene damit wegwischen. »Du hattest keine andere Wahl! Quäle dich nicht damit, du weißt, dass Hemma es durchaus schlechter hätte treffen können. Erzbischof Adalberts Familie ist mächtig. Wir dürfen sie uns nicht zum Feind machen. Auch wenn Kaiserin Agnes nicht gut auf den Erzbischof zu sprechen ist, so hält unser geschätzter Kaiser doch große Stücke auf ihn.«
Gottwald seufzte und strich seiner Frau über die langen kastanienbraunen Haare. »Ich weiß, trotzdem ist mir nicht ganz wohl bei dem Gedanken, mich dermaßen an die Familie des Erzbischofs zu binden. Ich habe ihm nie getraut, und das ungute Gefühl hält bis heute an. Er ist ein Meister im Ränkeschmieden, und ich schlage ihm seinen Wunsch nur deshalb nicht ab, weil ich mich nicht in der Position dazu befinde.«
»Hemma wird sich fügen. Sie ist zwar äußerst ungestüm, weiß aber, was von ihr verlangt wird, und vielleicht findet sie ihren zukünftigen Gatten ja sogar ganz nett! Wir werden im September beim Hoftag feststellen, ob er ihr Herz erobern kann. Wann wirst du es ihr mitteilen?«
Gedankenverloren strich Gottwald über Edgithas blassen Arm und presste dabei die Lippen aufeinander. »Ende der Woche, so lange wird sie sich noch gedulden müssen, obwohl es nicht sehr feinfühlig von mir ist, ihr gleich anschließend ihren Gatten zu präsentieren. Aber sie ist stark und wird damit klarkommen.«
Dann richtete er sich halb auf und drückte seine Gemahlin mit der Hand sanft auf den Boden. Liebevoll ließ er den Blick über sie gleiten, während er über ihren zarten Körper strich. Edgitha erschauerte, schloss die Augen, genoss die Berührung und zog ihren Mann zu sich herunter.
6. KAPITEL
H enrika schob den Besuch bei ihrem Vater länger hinaus, als sie eigentlich vorgehabt hatte. Allerdings hatten die Stunden des Nachdenkens auch etwas Gutes gehabt, denn der Ärger über sein jahrelanges Schweigen, der kurz nach dem Gespräch mit ihrer Großmutter tief in ihrem Innern gegrummelt hatte, war verflogen.
Erst unmittelbar vor dem Abendmahl öffnete sie zögernd die Tür zur Werkstatt. Der Münzmeister saß an seiner Werkbank und arbeitete an einem Rohling. Die anderen Männer waren bereits nach Hause gegangen, so dass die beiden völlig ungestört waren. Wortlos nahm sie seine Hand, und als sie die offensichtliche Freude und Erleichterung sah, die sich auf seinem Gesicht widerspiegelten, wusste sie, dass sie das einzig Richtige getan hatte.
»Wie konntest du mich nur all die Jahre ansehen und gleichzeitig den Gedanken ertragen, dass ich von einem anderen Mann bin?«, fragte Henrika schließlich leise.
Clemens legte einen Arm um sie und zog sie zu sich heran. Sie saßen auf einer Holzbank, die schon immer einer ihrer Lieblingsplätze gewesen war.
»Ich konnte dich nicht nur ansehen, sondern dich sogar lieben, jeden Tag ein wenig mehr! Denn du bist alles, was mir von deiner Mutter geblieben ist«, entgegnete er mit einem leichten Zittern in der Stimme. »Übrigens hat sie mir das von Esiko niemals gesagt, weil sie mir nichtunnötig weh tun wollte, denn zuletzt hat sie mich doch noch geliebt.«
Zweifel zeigten sich auf Hemmas Gesicht, als sie ihn fragte, woher er von Esiko
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