Die Tochter des Münzmeisters
belegen.«
Die Kaiserin erhob sich mit einem Ruck und ging zum Feuer, dessen Rauch durch den darüberliegenden Abzug entweichen konnte. Randolf folgte ihr nach einigem Zögern und stellte sich neben Agnes, die ihre Hände nach der warmen Luft der züngelnden Flammen ausstreckte. Als sie eine Hand vorsichtig auf seinen Arm legte, spürte er die Berührung kaum, so sachte war sie.
»Euer besonnenes Verhalten hat Heinrich schon als Kind gutgetan, und bei den schrecklichen Ereignissen damals zu Pfingsten habt Ihr ihm höchstwahrscheinlich das Leben gerettet. Bei jeder kriegerischen Auseinandersetzung wart Ihr an seiner Seite, und nun verschließt er sich auch Eurem Rat?«
Randolf zuckte hilflos mit den Schultern und entgegnete leise: »Er hat schon immer nur das gemacht, was er für richtig erachtete.«
Agnes’ Hand rutschte von seinem Arm herunter, und sie ließ ein langes Seufzen hören. »Er ist der König und in naher Zukunft höchstwahrscheinlich auch der Kaiser, so wie sein Vater, Gott habe ihn selig. Doch obwohl er mein Sohn ist, ist er mir fremd geblieben, und ich werde ganz sicher nicht tatenlos zusehen, wenn den Herzog von Schwaben das gleiche Schicksal ereilt wie damals Graf Otto.«
In Randolfs Blick lag keine Überraschung, denn er hatte seit Beginn ihres Gespräches mit der Interventionder Kaiserin gerechnet. Schließlich hatte sie Rudolf von Rheinfelden mit dem Herzogtum Schwaben ein Jahr nach dem Tod des Kaisers belehnt. Allerdings, dachte der Ritter bitter, war der Grund dafür wohl eher die Tatsache, dass Rudolf von Rheinfelden zu dem Zeitpunkt die zwölfjährige Tochter der Kaiserin entführt hatte, und böse Zungen behaupteten, er habe damit das Lehen erpresst. Zwei Jahre später wurde er zum Schwiegersohn der Kaiserin, doch seine Gemahlin verstarb knapp vierzehnjährig kurz nach der Hochzeit. Da er sich als treuer Anhänger der Krone und starker Fürst seines Herzogtums bewiesen hatte, behielt er sein Lehen auch nach dem Tod von Agnes’ Tochter. Auf geradezu zynische Weise sorgte das Schicksal dafür, dass Rudolf Jahre später durch eine zweite Vermählung weiterhin der Schwager des Königs blieb, denn er heiratete die Schwester der Königin.
»Ich hatte gestern Abend eine Unterredung mit dem König, und er wird morgen die Befreiung von allen absurden Vorwürfen gegenüber seinem Schwager Rudolf verkünden. Wir werden beide in zwei Tagen wieder abreisen, denn mein Platz ist schon lange nicht mehr hier. Gebt mir bitte vorher das Versprechen, dass Ihr weiterhin meinem Sohn treu zur Seite stehen werdet, egal was geschieht, denn er braucht Euer klares und gerechtes Urteil. Außerdem weiß ich, dass er Euch wie einen älteren Bruder liebt, schließlich habt Ihr so manches mit ihm gemeinsam durchgestanden.«
Randolf atmete tief durch und gab ihr dann mit einem schlichten »Ja« sein Versprechen. Eine andere Möglichkeit hatte er nicht.
Bittend sah Agnes ihn daraufhin an, wobei sie ihre Erleichterung nicht verbergen konnte. Anschließend erkundigte sie sich nach dem Wohlbefinden seiner Familieund freute sich darüber, als sie hörte, wie wohl sich alle auf Gut Liestmunde fühlten.
»Das ist schön, Randolf. Damals war es zwar sehr schwer für mich, als ich das Lehen auf Wunsch meines Mannes für neun Pfund Gold an Erzbischof Adalbert abgeben musste, doch dass Ihr jetzt dort mit Eurer Familie lebt, hat mich wieder ein wenig versöhnt – auch mit dem verstorbenen Erzbischof, da es sein Hochzeitsgeschenk an Euch war. Ich hoffe, auch Ihr habt Euren Frieden in der Angelegenheit gefunden.«
Da der Kaiserin die wahren Hintergründe für das Geschenk nicht bekannt waren, nickte Randolf nur kurz und zwang sich, ihr Lächeln zu erwidern. Ohne von seinen düsteren Gedanken zu ahnen, entließ sie ihn nicht viel später aus der Unterhaltung.
8. KAPITEL
H enrika ignorierte das beständige Klopfen und die drängenden Worte ihrer Freundin seit fast zehn Minuten. Zum wiederholten Mal verfluchte sie innerlich ihre Neugier, die letztendlich zu den Gesprächen mit ihrem Vater und ihrer Großmutter geführt hatte, denn ohne diese würde sie sich nun nicht in dieser Lage befinden. Dann wüsste sie nichts von ihrer furchtbaren Familiengeschichte und wäre völlig unbedarft Graf Otto von Northeim gegenübergetreten, anstatt mit entgeistertem Gesichtsausdruck und jedes gute Benehmen vergessend kopflos auf ihr Zimmer zu stürmen.
»Henrika, bitte, lass mich herein! Was ist denn nur los mit dir?«, flehte Betlindis
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