Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
Vom Netzwerk:
erfreulicheren Dingen sprechen. Sagt mir, warumweilt Eure Familie eigentlich nicht unter uns? Gerade zu Weihnachten hätte ich damit gerechnet, und die Königin hätte sich sehr über die Gesellschaft Eurer verehrten Gemahlin gefreut.«
    Randolf zuckte mit den Schultern, denn er ahnte, dass der König nur einen Vorwand suchte, um auf sein eigentliches Anliegen zu sprechen zu kommen, und erhielt auch prompt die Bestätigung für sein Gefühl.
    »Ihr habt zwar einen Sohn, aber bedenkt, wie schnell man seine Kinder wieder verlieren kann«, redete der König weiter, und seine Miene verdüsterte sich für einen kurzen Augenblick.
    Randolf ging davon aus, dass Heinrich an seinen ersten und bisher einzigen Sohn dachte, den er im letzten Jahr, das gleichzeitig das Geburtsjahr des Kleinen gewesen war, zu Grabe tragen musste.
    Der zweiundzwanzigjährige Herrscher räusperte sich und sagte mit belegter Stimme: »Ein Kind ist nicht genug, und auch wenn Eure Frau Schwierigkeiten hat, ihre Kinder zu halten, so dürft Ihr darauf keine Rücksicht nehmen und Eure Pflichten als Ehemann nicht vernachlässigen. Aus diesem Grund könnt Ihr nach unserem Aufenthalt in Worms weiter nach Hause reiten. Wir treffen uns anschließend wieder in Goslar – mit Eurer Familie und selbstverständlich auch mit diesem liebreizenden Fräulein«, schloss er, und ein listiger Ausdruck trat in seine Augen. »Was haltet Ihr eigentlich von der jungen Frau? Sie ist eine rechte Augenweide, findet Ihr nicht? Wie denkt Ihr darüber, mein alter Freund? Soll ich nach einem passenden Ehemann für sie suchen? Der Vater dieser, wie heißt sie denn noch, scheint es ja damit nicht eilig zu haben.«
    »Henrika. Ich maße mir nicht an, Eurer Ansicht zu widersprechen, Majestät«, entgegnete Randolf knapp,während er mühsam versuchte, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten, und sich dabei der scharfen Beobachtung des Königs bewusst war.
    Heinrich lachte erheitert auf, ohne dass Randolf einstimmte. »Eine ganz neue Einstellung von Euch und vor allem eine ganz neue Beobachtung, die ich an Euch machen darf«, erwiderte Heinrich, dem das kurze Aufflackern in den Augen seines Getreuen nicht entgangen war. »Ist sie etwa der Grund, warum Ihr Eurem eigenen Zuhause fernbleibt? Glaubt Ihr denn, ich habe nicht gemerkt, wie sehr Euch das Wohlergehen dieses Mädchens am Herzen liegt? Nein, spart Euch jegliche Ausreden, dafür kenne ich Euch schon zu lange. Ihr könnt Eure Gefühle vielleicht vor anderen verbergen, mir dagegen entgeht keineswegs Euer Gesichtsausdruck, wenn die Rede von dem jungen Fräulein ist. Aber ich bin sicher, Ihr werdet der Versuchung widerstehen und nicht im Feuer der Hölle schmoren.«
    Randolf war bei den Worten Heinrichs bleich geworden und presste die Kiefer aufeinander. Er würde sich lieber die Zunge abbeißen, als irgendetwas einzugestehen. Die Zeiten, da er sich seinem Herrn geöffnet hatte, waren schon lange vorbei, denn Randolf hatte für seine Offenheit bitter bezahlen müssen. Und so herrschte eine Weile Schweigen zwischen den beiden Männern, während Heinrich seinen Ritter mit lauerndem Blick beobachtete. Nach einer Weile entließ er ihn mit einer nachlässigen Handbewegung, und Randolf, der sich dazu zwingen musste, nicht hinauszueilen, erhob sich betont langsam, um mit hocherhobenem Haupt den Saal zu verlassen.
    Heinrich saß noch längere Zeit tief in Gedanken versunken an seinem Platz. Er hatte seinen Freund ausKindertagen absichtlich herausgefordert, um eine Bestätigung seines Verdachts zu bekommen. Das war ihm nun eindeutig gelungen, denn er hatte nicht erwartet, von Randolf ein Eingeständnis zu erhalten. Dessen minimale Gesten reichten dem König völlig aus. Nun musste er handeln, damit das Problem mit der Familie des ermordeten Vogts wieder in der Versenkung verschwand, in der es all die Jahre ohne sein eigenes Wissen geschlummert hatte. Andererseits konnte es nicht schaden, wenn der Familie ein wenig Wiedergutmachung zugestanden wurde, denn damit konnte er sein eigenes Gewissen ebenfalls beruhigen. Und wie ließe sich das besser lösen als mit Hilfe dieser entzückenden Henrika, dachte er grimmig, während in ihm ein Plan heranreifte.
    Sechs Wochen später saß Randolf erneut einem Menschen gegenüber, der mit Forderungen an ihn herangetreten war. Kaiserin Agnes war noch immer eine beeindruckende Frau von Mitte vierzig, der das Alter jedoch nicht unbedingt anzusehen war. Schon immer von schmaler Gestalt, wirkte sie nun fast

Weitere Kostenlose Bücher