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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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beschwörend.
    Guntram verzog gequält die aufgesprungenen Lippen. Doch als er die Stimme der jungen Frau hörte, die ihm ein paar aufmunternde Worte zuflüsterte, straffte sich der geschundene Mann.
    »Du musst jetzt verschwinden!«, bedrängte Randolf seine Begleiterin. »Wenn dich jemand hier sieht, wird man dich mit dem Überfall auf die beiden Männer in Verbindung bringen.«
    Er merkte Irmingard an, wie schwer es ihr fiel, sich von Guntram zu trennen. Zärtlich strich sie ihm über die Wange, dann eilte sie lautlos davon, während Randolf ihr für einen flüchtigen Moment nachblickte.
    Der Ritter überlegte kurz, bevor er sich schließlich seines Umhangs entledigte und ihn dem Verletzten so um die Schultern hängte, dass ihm die Kapuze tief ins Gesicht fiel. Die fleckige Wolldecke lose über den Arm gehängt, hakte er den Bauern fest unter, und gemeinsam verließen sie das ungastliche Gebäude.
    Die Sonne zeigte sich noch nicht, und ein kalter Wind fegte ein paar der Strohhalme, die zum Schutz gegen den schlammigen Boden ausgelegt waren, über die Erde. Trotzdem herrschte bereits rege Betriebsamkeit, und Randolf hoffte inständig, dass niemand Irmingard bemerkt hatte.
    Eine Magd eilte mit zwei gefüllten Wassereimern über den Hof, und zwei magere Hunde stritten sich um einen großen Knochen. Mehrere Soldaten lungerten auf den Stufen zu den Eingängen und am Tor herum, von denen einige dem seltsamen Gespann neugierige Blicke zuwarfen.
    »Mensch, ich hab dir doch gesagt, dass du nicht so viel von dem Zeug saufen sollst!«, rief Randolf ärgerlich. »Jetzt darf ich mich wieder mit dir Trunkenbold abmühen und dich nach Hause zu deinem Weib bringen. Ihr Gezeter kannst du dir anhören, wenn du wieder nüchtern bist, das sag ich dir!«
    Die meisten der Soldaten grinsten sich vielsagend an, einer von ihnen stimmte Randolf sogar zu, indem er ihn bedauerte und seinem Freund viel Glück für zu Hause wünschte. Das allgemeine Interesse war bereits erlahmt, als die beiden Männer den Stall erreichten.
    Gerade als Randolf dem Schwerverletzten unter die Arme greifen wollte, um ihn aufs Pferd zu hieven, gab Guntram ein undeutliches Murmeln von sich. Erst glaubte der Ritter, dass er wieder nach Wasser verlangte, doch dann hörte er, dass den spröden, aufgesprungenen Lippen des Mannes ein Name entfuhr.
    »Imma«, murmelte Guntram und wehrte sich kaum merklich, als Randolf ihn erneut hochstemmen wollte. Doch dann forderte die Anstrengung ihren Tribut, und der schwer geschundene Mann sackte in Randolfs Armen zusammen.
    Obwohl Guntrams Gegenwehr kaum nennenswert gewesen war, fiel es Randolf nun wesentlich leichter, ihn quer auf den Rücken seines Hengstes zu hieven, um sich anschließend hinter ihn zu schwingen. Dabei blitzte kurz der Gedanke an Irmingard in ihm auf, und mit einem bitteren Gefühl dachte er, dass er offenbar nicht der einzige Mensch war, der unglücklich verliebt war.
    Als er langsam aus dem Stall ritt, war Guntram zum Glück von dem Umhang mit der Kapuze gut verdeckt. Nur ein Stück seiner nackten Füße lugte noch heraus.
    Leider machte genau das den Mann am Tor stutzig.»Wieso ist der da ohne Schuhe?«, brummte er und spie vor sich auf den Boden.
    »Verträgt das Trinken nicht und verliert auch noch alles beim Kartenspiel«, antwortete Randolf verächtlich. »Wenn du ihn hierbehalten willst, bitte, dann lass ich ihn auf der Stelle in den Dreck fallen. Soll sein Weib ihn abholen, ich hab wahrlich Besseres zu tun.«
    Der Mann überlegte kurz, wobei er die Augen zusammenkniff und Randolfs offenem Blick begegnete. Zum Glück war es niemand, der ihn bei seinen früheren Aufenthalten gesehen hatte, was bei über dreihundert Mann Besatzung nicht allzu schwierig war.
    Dann winkte er ab und grunzte: »Seht zu, dass ihr wegkommt.«
    Erleichtert setzte der Ritter mit seinem verletzten Begleiter seinen Weg fort. Es gab nur einen Ort, an dem er Guntram ohne große Erklärungen unterbringen konnte. Durch ihr gemeinsames Schicksal waren sie miteinander verbunden und konnten sich blind vertrauen. Das hatte ihm die Vergangenheit bereits mehrfach gezeigt, und Randolf war froh über diese Freundschaft, die er jetzt dringend brauchte.
    Über eine Stunde später klopfte der Ritter an die Tür des Goslarer Münzmeisters und übergab seine menschliche Last den erfahrenen Händen Waltrauts.
    Henrika brauchte nach der Abreise von Goswin und Brun ein wenig Zeit für sich. Am liebsten hätte sie vorhin ihre Leiba gesattelt und die

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