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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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das Licht der Fackel auf dem Gang spärlich erhellte.
    Nachdem sich seine Augen an den dämmrigen Schein gewöhnt hatten, erkannte er auf dem Boden drei Menschen, die jedoch keinerlei Reaktion zeigten. In den ohnehin schon schlimmen Gestank mischte sich der Geruchnach Fäkalien und Schimmel, der überall an dem feuchten Mauerwerk zu finden war. Die drei Männer lagen ohne irgendeinen Schutz vor der Kälte auf verdrecktem Stroh und regten sich noch immer nicht.
    Wut stieg in Randolf auf. Er befahl dem Wächter, ihm augenblicklich die Fackel zu bringen. Vorsichtig beugte er sich damit zu dem ersten Gefangenen hinab, der dem Eingang am nächsten lag, und legte ihm zwei Finger auf den Hals. Nur ganz schwach konnte er das Leben in dem Mann spüren, dessen Körper von unzähligen eitrigen Wunden übersät war. Die verfilzten Haare und der lange Bart erzählten von der Dauer seines Aufenthalts in dem Verlies. Selbst wenn sich sofort jemand um ihn kümmerte, wäre er mit Sicherheit nicht mehr zu retten.
    Mit flachem Atem wandte sich Randolf dem nächsten Mann zu, der mit dem Gesicht zur Seite auf dem Bauch lag und dessen zerzauste Haare ihm ins Gesicht hingen. Mit der rechten Hand, die wie die linke in einem Lederhandschuh steckte, griff Randolf nach der Schulter des Mannes und zog ihn mit einem Ruck auf den Rücken. Der Leib war nur noch mit den Fetzen eines Kittels bedeckt, die kaum die vielen verkrusteten und entzündeten Striemen verbargen. Der Ritter zuckte zusammen, als er in das Gesicht des von ihm gesuchten Bauern blickte – so weit es überhaupt noch als Antlitz zu bezeichnen war. Ein Auge war gar nicht mehr zu sehen, so schlimm war die gesamte rechte Seite zugeschwollen. Als dem Mann völlig unerwartet ein Stöhnen über die aufgesprungenen Lippen kam, atmete Randolf erleichtert auf. Guntram lag offenbar noch nicht so lange hier wie der andere Mann.
    Schnell ging der Ritter noch zu dem letzten der drei Gefangenen und schrak im selben Augenblick zurück,als das Licht der Fackel auf ihn fiel. Mit weit aufgerissenen Augen starrte der Tote ihn an, und voller Ekel sah Randolf den beiden Ratten nach, die ihre Nahrungsquelle unfreiwillig und mit lautem Quieken verließen. Jetzt wusste er, woher der starke Verwesungsgeruch stammte, denn die Viecher hatten am Bauch und am linken Bein des Mannes bereits ganze Arbeit geleistet, zudem hatte die ausgetretene Flüssigkeit das Stroh unter dem Toten völlig durchnässt.
    »Der Mann hier ist bereits seit mehreren Tagen tot, und der dahinten wird den nächsten Morgen wahrscheinlich nicht mehr erleben. Den einzigen Gefangenen, der noch einigermaßen stabil ist, werde ich jetzt mitnehmen, denn er soll nochmals verhört werden. Bring mir gefälligst eine Decke, oder soll ich mir an dem völlig verdreckten Lump etwa die Hände schmutzig machen?«, donnerte Randolf.
    Der verdatterte Wärter eilte davon und kam gleich darauf mit einem fleckigen Wolltuch zurück, das er Randolf reichte. »Mir hat man nichts darüber gesagt, dass der Bauer noch mal verhört werden soll. Abgesehen von dem Gerede über sein Weib ist aus dem doch sowieso nichts herauszubekommen.«
    »Du hast es soeben von mir gehört, das reicht, oder brauchst du deine Anweisung vom König direkt?«, fragte Randolf sanft, wobei er dicht vor den Wärter trat und ihn drohend musterte.
    »Nein, ist schon recht so«, stotterte der Mann.
    Der Ritter riss ihm die Decke aus der Hand, legte sie über den am Boden Liegenden und hob ihn vorsichtig hoch. Da Guntram immer noch nicht das Bewusstsein wiedererlangt hatte, ging Randolf dabei in die Hocke und legte ihn über die Schulter. Beim Verlassen des Kerkers fuhr er den noch immer völlig verwirrten Wärterein letztes Mal an: »Sieh zu, dass dieser Schweinestall gesäubert wird, wenn ihr die beiden Männer rausgeschafft habt. Der Gestank ist ja unerträglich!«
    »Almar, wo steckst du denn?«
    Die tiefe Stimme mit dem leichten Krächzen ließ Randolf abrupt stehen bleiben, und im selben Augenblick erklang hinter ihm die Antwort.
    »Brüll nicht so herum! Ich bin hier unten!«
    Als Erstes sah Randolf ein Paar Stiefel, gleich darauf den ganzen Mann, und schlagartig wurde ihm klar, dass er genau den Soldaten vor sich hatte, der Guntram vor mehreren Monaten vor seinen Augen übel zugerichtet hatte. Verdutzt blieb der Soldat stehen, und an seinem Gesichtsausdruck konnte der Ritter sehen, dass der Mann ihn ebenfalls wiedererkannt hatte.
    »Was macht Ihr da mit dem Gefangenen? Der Burgvogt

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