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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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Geräusche hier taten ihr gut und trösteten sie. Eine Zeitlang strich sie über Leibas Hals, lehnte den Kopf dagegen und schloss die Augen. Mit aller Macht kämpfte sie gegen das Gefühl an, sofort von Randolfs Gut verschwinden zu müssen, da der Schmerz schier übermächtig zu werden drohte.
    Dann endlich quollen die Tränen zwischen ihren langen Wimpern hervor und benetzten das weiche Fell ihrer Stute, die das lautlose Schluchzen nicht zu stören schien. Mit der salzigen Flüssigkeit schien auch der Druck in ihr abzunehmen, und als die Tränen endlich versiegt waren, fühlte Henrika nur noch Leere in sich. Sie nahm eineder Decken, die auf dem Tisch gegenüber der Box lagen, und legte sich in das frische Stroh, genau an der Stelle, wo sie ein paar Stunden zuvor Randolf wiedergesehen hatte.
    Nach einer Weile erwachte sie, weil sie etwas an der Nase kitzelte, und öffnete schläfrig die Augen. Es dauerte eine Weile, bis sie wusste, wo sie sich befand und dass sie die Unterbrechung ihres Schlafs der kleinen Zunge einer vorwitzigen Katze zu verdanken hatte. Henrika regte sich, und das Tier sprang mit einem Satz zur Seite. Erst jetzt bemerkte die junge Frau, dass direkt vor ihr auf dem Boden eine kleine Öllampe flackerte und ein Paar speckige hohe Stiefel beleuchtete. Ihr Blick wanderte nach oben, obwohl sie bereits wusste, wer in diesen schmutzigen Stiefeln steckte. Langsam richtete sie sich auf und stützte sich auf einen Ellbogen.
    »Ist Euer Bett so unbequem, dass Ihr Zuflucht im Stall suchen müsst?«, fragte Randolf interessiert, während er sich vorbeugte und einen Strohhalm aus ihrem Haar zupfte.
    Henrika fuhr zurück und lehnte sich mit dem Rücken an die Stallwand hinter ihr. Falls der Ritter ihre abwehrende Haltung bemerkt hatte, so ließ er sich nichts anmerken, denn sein Ton blieb freundlich.
    »Ihr habt mich vor einiger Zeit nach Eurer Mutter gefragt, auch sie hat immer Zuflucht im Stall gesucht. Ich habe sie mehrere Male dabei beobachtet.«
    Henrikas Augen füllten sich erneut mit Tränen, und sie presste die Lippen zusammen. Durch seine gute Beobachtungsgabe und liebevolle Art stand sie wieder mal kurz davor, in einen wahren Taumel der Gefühle zu geraten. Wahrscheinlich ahnte Randolf noch nicht einmal, wie gut ihr seine Bemerkung getan hatte. Schnell schluckte sie den Kloß in ihrem Hals hinunter und sagteleise: »Danke für Eure Worte. Ich habe in der letzten Zeit einiges herausgefunden und erfahren, was ich mit ihr wohl gemeinsam habe.« Dann erzählte sie ihm in knappen Sätzen von den Ereignissen aus lange zurückliegenden Tagen.
    Randolf wurde sehr nachdenklich, als er von längst vergangenen Geschehnissen hörte, an denen er teilweise selbst beteiligt gewesen war. Die Tatsache, dass Esiko Henrikas leiblicher Vater war, schien ihn allerdings nicht sonderlich zu überraschen, und sie fragte ihn danach.
    »Ich habe es vielleicht geahnt«, wich er leicht verlegen aus. Dann räusperte er sich umständlich und seufzte tief, als er Henrikas abwartenden Gesichtsaudruck bemerkte. »Er hat nie wirklich mit mir darüber gesprochen, auch wenn wir zeitweise die gleiche Kammer bewohnt haben. Wieso sollte er auch? Ich war ein Junge von elf Jahren und er ein Mann, der wusste, was er wollte. Ich habe ihn sehr gemocht, denn man konnte sich immer auf ihn verlassen. Außerdem hat er unheimlich viel von Pferden verstanden. Falls Euch auch interessieren sollte, was mich bei Euch an ihn erinnert, so braucht Ihr nur in den Spiegel zu blicken. So tiefgrüne Augen habe ich in meinem ganzen Leben bisher nur bei ihm gesehen.« Für einen Moment schwieg er, dann sprach er leise weiter. »Damals, als wir die beiden in ihrem Versteck beim Klusfelsen fanden, hat auch der Vogt etwas geahnt, dessen bin ich mir ziemlich sicher. Und wenn ich älter gewesen wäre, dann wäre mir gewiss auch …«
    Randolf stockte und betrachtete Henrika nachdenklich, so als überlegte er, ob er ihr wirklich seine Gedanken anvertrauen sollte. Als er fortfuhr, war die junge Frau davon überzeugt, dass er sich dagegen entschieden hatte.
    »Ich habe Esiko sehr gemocht und kann ihm auch nicht verdenken, dass er in Eure Mutter verliebt war, denn wenn ich es mir richtig überlege, habe ich wohl auch ein wenig für sie geschwärmt«, fügte er mit einem schelmischen Grinsen hinzu.
    Henrika konnte nicht anders und fing ebenfalls zu kichern an, zumal er dabei wie ein großer Junge wirkte, der etwas ausgefressen hatte. Beide lachten schließlich laut zusammen

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