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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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und benötigten eine ganze Weile, bis sie sich wieder beruhigt hatten.
    »Was wolltet Ihr mir vorhin eigentlich sagen? Ich meine, als Ihr über das Versteck beim Klusfelsen gesprochen habt. Was genau ist dort geschehen?«, fragte Henrika, die Randolfs gute Laune nutzen wollte.
    Die Stille zwischen ihnen war mit einem Mal äußerst spannungsreich, und Henrika fühlte unter dem eindringlichen Blick Randolfs eine unbekannte Hitze in sich aufsteigen.
    »Bitte, ich habe doch schon einiges erfahren! Es bedeutet mir sehr viel, wenn Ihr ebenfalls dazu beitragen könntet. Nicht nur meine Großmutter hat mir geraten, mich an Euch zu wenden, sondern auch mein Onkel Goswin«, flehte sie inständig, und als Randolf einen tiefen Seufzer ausstieß, wusste Henrika, dass sie gewonnen hatte.
    »Also gut, wenn es Euch so wichtig ist, will ich Euch von Esiko erzählen. Ich habe ihn damals bewundert, weil es ihm gelungen war, Eure Mutter vor dem Schergen Burchards von Hanenstein zu retten. Azzo war ein Teufel in Menschengestalt, dem ich selbst zweimal in meinem Leben begegnet bin, und leider musste ich jedes Mal den Kürzeren ziehen. Esiko hat nach dem Vorfall auf mein Drängen hin vieles erzählt, und manches von dem, was er unerwähnt gelassen hat, hätte ich an seinemverklärten Blick erkennen müssen. Wie schon gesagt, ich war noch sehr jung.«
    »Edles Fräulein, ich darf Euch nicht alleine durchlassen. Euer Vater hat die strenge Anweisung gegeben, dass Ihr nur in Begleitung den Hof verlassen dürft.«
    Der Mann war noch sehr jung, und Hemma konnte die Unsicherheit in seiner Stimme deutlich hören.
    »Ich soll meinem Vater etwas bringen«, sagte sie und hielt einen Brief in die Höhe, auf dem deutlich das Siegel des Kaisers zu sehen war. »Aber wie du willst, dann bekommt er die Nachricht eben erst am Abend«, fügte sie achselzuckend hinzu und wandte sich wieder um.
    Zum Vorteil gereichte ihr, dass der wachhabende Mann erst seit wenigen Wochen im Dienste des Vogts stand, sonst hätte sich der unglückselige Manfred nicht von der Tochter seines Herrn verunsichern lassen. Das Siegel des Kaisers gab den Ausschlag.
    »Wartet bitte, edles Fräulein. Ihr wollt nur zur Pfalz reiten und kommt dann gleich wieder?«
    Hemma blieb stehen, drehte sich aber nicht um, sondern nickte nur.
    »Das wird dann wohl in Ordnung gehen«, sagte Manfred, wobei er nicht sehr überzeugt klang.
    Hemma saß auf und zwang sich, ihre Freude zu verbergen.
    »Mach dir keine Sorgen. Es hat seine Richtigkeit«, erwiderte sie eine Spur freundlicher und verließ im Schritt den Hof.
    Um die vorhandenen Zweifel bei dem jungen Mann nicht zu erhöhen, konnte sie erst eine andere Richtung einschlagen, wenn sie sich außer Sichtweite befand. Das schlechte Gewissen plagte sie mehr, als sie sich eingestehen wollte. Nicht nur wegen der Lüge an dem Wachhabenden, sondern auch wegen des Briefs des Kaisers, den sie vom Schreibtisch ihres Vaters entwendet hatte.
    Aber sie benötigte unter allen Umständen die Freiheit, die sie ausschließlich beim Reiten verspürte. Wenn alles nach Plan lief, würde ihr kleiner, verbotener Ausritt nicht einmal auffallen. Sollte ihre Mutter der Angewohnheit treu bleiben und ihre Kemenate nicht vor dem späten Vormittag verlassen, würde niemand bemerken, dass Hemma sich nicht auf ihrem Zimmer aufhielt. Und den Brief könnte sie durchaus bis zum Abend wieder auf seinen ursprünglichen Platz legen.
    Kaum war sie hinter der nächsten Wegbiegung verschwunden, da drückte sie ihrem Hengst die Fersen leicht in die Seiten.
    Hätte sie den Stall nur fünf Minuten später verlassen, hätte der treue Pferdeknecht Udolf sie daran gehindert. Doch er hatte das Geräusch der Hufe zu spät vernommen und brauchte wegen seines geschwächten Zustandes länger als üblich, um sich auf ein Pferd zu ziehen. Nachdem er den jungen Mann am Tor angeraunzt hatte, versuchte er den Spuren von Hemmas Hengst zu folgen, die bereits eine längere Strecke im Galopp hinter sich gebracht hatte und Berath nun traben ließ.
    Sie hatte nicht vor, sich weit von zu Hause zu entfernen, obwohl sie nach der Ruhe der letzten Woche allmählich der Meinung war, dass es ihr Vater mit seiner Besorgnis übertrieb. Zwar ängstigte sie der Gedanke an den bulligen Diener von Burchard und an die Schläge, die er Esiko verpasst hatte, aber letztendlich glaubte sie nicht, dass von seiner Seite eine Gefahr in Form einer Entführung drohte. Sie genoss die Freiheit, nach einer Woche ohne Begleitung

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