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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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los!«
    Verwirrt kam sie seiner Anweisung nach, und einen Moment später war ihr Retter vom Pferd gesprungen und hatte sie mit sich gezogen. Bevor sie überhaupt wusste, wie ihr geschah, beobachtete sie mit Bestürzung, wie er der Stute mit der flachen Hand auf die Kruppe schlug und sie davonjagte. Fast gleichzeitig zog er Hemma mit sich ins dichte Unterholz, duckte sich nach ein paar Metern und zerrte sie auf den Boden. In dieser Haltung verharrten sie, als Sekunden später Azzo an ihnen vorbeijagte.
    »Wir müssen weiter!«
    Esiko gönnte Hemma keine Atempause und zog sie mit sich. Zweige schlugen ihnen ins Gesicht, und Dornen zerrissen ihnen die Kleider. Mehrfach blieb Hemma hängen, bis Esiko fluchend einen breiten Streifen von ihrem Rock abriss.
    Endlich tauchte der große Sandsteinfelsen vor ihnen auf. Die ganze Zeit hatten sie keinen Hufschlag mehr vernommen, und Hemma wagte kaum zu hoffen, dass sie ihren Verfolger abgehängt hatten. Ihr Blick, den sie bisher fast nur auf den Boden gerichtet hatte, blieb an Esiko hängen, und da erst bemerkte sie den großen, dunklen Fleck auf seinem rechten Hosenbein. Nun fiel ihr auch auf, dass er fast unmerklich hinkte. Sie wollte gerade etwas sagen, als sie sah, dass er den Weg zu der größeren Höhle im Felsen einschlug. Abrupt blieb Hemma stehen, doch da Esiko nicht darauf gefasst war und weiterlief, fiel sie gegen ihn.
    »Warum bleibt Ihr stehen? Wir haben es gleich geschafft!«, fragte er verärgert und strich sich mit der freien Hand über die verschwitzte Stirn.
    »Nicht diese Höhle! Auf der anderen Seite gibt es eine kleinere, die man nicht so schnell findet«, antwortete sie keuchend und übernahm wieder die Führung.
    Kurze Zeit später kauerte Hemma sich auf den Boden der kleinen Höhle, in der sie beim letzten Mal mit ihrem Vater gesessen hatte. Allerdings war sie nun bis ans Ende gekrabbelt und hatte sich nicht wie damals am Eingang auf den großen Stein gesetzt. Esiko versuchte noch ihre Spuren zu verwischen, indem er mit einem belaubten Zweig über den Sandboden fegte. Anschließend zog er das dichte Gebüsch wieder zusammen, durch das sie sich ihren Weg gebahnt hatten.
    Endlich war er zufrieden mit seinem Werk und ging zu Hemma hinüber. Dabei musste er sich bücken, denn die Höhle war höchstens einen Meter fünfzig hoch. Als er sich mit einem Seufzer auf den Boden fallen ließ, bemerkte Hemma, dass er dabei möglichst viel Abstand zu ihr hielt. Da es in der hintersten Ecke nun mal sehr schmal war, berührten sich ihre Körper trotzdem fast.
    »Seid Ihr verletzt? Geht es Euch gut?«, fragte Esiko leise nach einem Moment der Stille und ließ den Blick prüfend über ihren Körper wandern.
    Hemma nickte stumm und legte vorsichtig eine Hand auf sein rechtes Bein, oberhalb der Wunde. »Mir geht es gut, aber du bist verwundet«, antwortete sie zögernd.
    Esiko versuchte sein Bein wegzuziehen, was ihm aufgrund der Enge misslang. »Das ist nichts. Das Messer hat mich nur gestreift. Zum Glück hat Azzo nicht das Pferd getroffen, denn das hätte böse enden können.«
    Hemma achtete nicht auf sein offensichtliches Unbehagen. »Du hast doch bestimmt noch das Messer, mit dem du mir die Fesseln durchgeschnitten hast.« Als er bejahte, fuhr sie fort: »Gib es mir, dann kann ich dein Hosenbein aufschneiden und mir die Wunde ansehen.«
    Zögernd griff er hinter sich an seinen Gürtel und zog die Waffe hervor.
    Hemma riss die Augen auf und starrte auf die scharfe Klinge. »Woher hast du das? Das gehört Udolf, ich habe es erst letztens bei ihm gesehen!« Erstaunt nahm sie es ihm aus der Hand.
    Müde schloss Esiko die Augen und lehnte den Kopf an die harte Felswand. »Es lag neben ihm, als ich ihn vorhin unweit Eures Zuhauses fand. Er muss ohnmächtig vom Pferd gefallen sein, denn seine Stute stand noch neben ihm. Er war nicht ansprechbar, daher habe ich ihn mit einiger Mühe auf das Pferd geschoben, das zum Glück geduldig stehen geblieben ist. Dann habe ich es zum Hof geführt, wo mir ein verängstigter Wachposten erzählt hat, dass Udolf Euch hinterherreiten wollte. Wir haben den Knecht vom Pferd gehoben, und bevor ich los bin, um Euch zu suchen, habe ich den Mann angebrüllt, dass er Eurem Vater Bescheid geben soll.«
    Hemma hatte ihm mit bangem Herzen zugehört, und alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Wenn Udolf aufgrund der Überanstrengung nun sterben würde, trug sie wegen ihres selbstsüchtigen Verhaltens die alleinige Schuld daran.
    Esiko schien ihre

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