Die Tochter des Praesidenten
beschwichtigte Hannah.
»Nein, ist es nicht, und dabei sind Sie auch noch Jüdin. Sie sollten sich schämen. Was ist mit Aarons Bruder, der über Syrien abgeschossen und gefoltert wurde? Was ist mit meinen beiden Schwestern, die in einem Schulbus in Stücke gerissen wurden?«
»David, beruhigen Sie sich doch«, sagte Marie.
Aber er wurde immer aufgeregter. »Und was ist mit Ju das? Seine Mutter und seine Schwester, die keinem Men schen was zuleide getan hatten und aus Amerika zu Besuch bei ihm waren, sind von einer Bombe an einer Bushaltestelle in Jerusalem zerrissen worden. Mehr als achtzig Menschen wurden damals getötet oder verwundet. Ist das lustig?«
»David, niemand hält das für lustig.«
Er ging zur Tür, wo er sich noch einmal umwandte. »Glauben Sie, mir macht das hier Spaß, Comtesse? Ich mag Sie. Ich mag Sie sogar sehr. Ist das nicht ganz beson ders lustig?«
Rasch verließ er das Zimmer und schloß hinter sich ab. »Armer Junge« sagte Hannah, »ich glaube tatsächlich, er hat sich in Sie verliebt.«
»Na, das nützt weder ihm noch mir was«, erwiderte Marie. »Fangen wir besser mit den Rühreiern an, und den Champagner können wir auch ruhig öffnen.«
»Warum eigentlich nicht? Wissen Sie übrigens, warum die Flaschen von Louis Roederer Cristal die einzigen durch sichtigen Champagnerflaschen sind?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Die Idee stammt von Zar Nikolaus von Rußland, der sagte, er wolle den Champagner sehen können.«
»Und überlegen Sie mal, was für ein Ende er genom men hat.« Marie de Brissac entkorkte die Flasche.
Die Kretische Geliebte fuhr zur gleichen Zeit mit Stavros am Steuer in ein paar Meilen Entfernung am Kastell Kö nig vorbei. Aleko stand ebenfalls im Steuerhaus, Yanni und Dimitri taten, als arbeiteten sie an den Netzen. Aa ron, der mit Moshe auf den Zinnen war, richtete ein Fernglas auf das Boot und stellte es scharf.
»Nur ein paar Fischer.«
Moshe nahm das Glas und schaute ebenfalls hindurch. »Die Kretische Geliebte. Ja, ich habe sie schon in Vitari lie gen sehen, wenn ich dort eingekauft habe.«
»Ich bin froh, wenn es vorbei ist, so oder so, Hauptsa che vorbei.«
»Da geht’s mir genauso.« Moshe rückte die M16 zu recht, deren Riemen er über die linke Schulter geschlun gen hatte, und ging weiter.
Im Steuerhaus stellte Aleko das alte Fernglas aus seiner Zeit bei der Marine ein, und das Kastell wurde gestochen scharf sichtbar.
»Zwei Männer auf den Zinnen«, sagte er leise, »einer davon mit einer Waffe. Am Anleger sind ein seetüchtiger Motorkreuzer und ein Motorboot, und zwar ein regelrech tes Rennboot, wie es aussieht. Ich wette, dieses Schätzchen macht dreißig Knoten.« Er nickte Stavros zu. »Ich hab’ ge nug gesehen. Fahren wir wieder heim.«
Während er den Kurs änderte, sagte Stavros: »Man bräuchte eine Armee, um in diesen Kasten reinzukommen.«
»Vielleicht auch nicht. Sehen wir mal, was Ferguson sich ausgedacht hat.«
Nachdem die Gulfstream auf dem Flughafen von Korfu gelandet war, wurde sie zu einer abgelegenen Stelle diri giert, wo in einigen älteren Hangars ein paar Privatflug zeuge abgestellt waren. Dort wartete ein Polizeiwagen auf sie. Der Fahrer, ein junger Captain, kam auf sie zu.
»Brigadier Ferguson?« grüßte er in leidlichem Englisch und schüttelte ihm die Hand. »Mein Name ist Andreas. Colonel Mikali hat mich aus Athen angerufen und mir aufgetragen, Ihnen jeden Wunsch zu erfüllen.«
»Sehr freundlich von ihm.«
»Um Zoll und Paßkontrolle brauchen Sie sich nicht zu kümmern, und es steht ein Range Rover für Sie bereit. Gibt es sonst noch etwas, das ich für Sie tun kann?«
»Helfen Sie uns, das Zeug zu verladen, dann wollen wir gleich weiter.«
Die verschiedenen Kisten wurden in den Range Rover umgeladen, und Captain Andreas verabschiedete sich.
»Sehr zuvorkommend, dieser Colonel Mikali«, grinste Dillon. »Hilft uns sogar dabei, Waffen ins Land zu impor tieren. Hat er eine Ahnung, was wir vorhaben?«
»Natürlich nicht«, erwiderte Ferguson, »aber er schuldet mir den einen oder anderen Gefallen.« Er wandte sich an Vernon und Gaunt, zu denen sich auch Kersey gesellte. »Meine Herren, Sie platzen vermutlich vor Neugier, aber ich kann Ihnen zu diesem Zeitpunkt lediglich sagen, daß Sie noch nie bei einer so wichtigen Sache dabei waren. Falls unsere Bemühungen heute nacht
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