Die Tochter des Praesidenten
Leidlich Arabisch, aber kein Hebräisch.«
»Was Shalom heißt, weiß ich schon.«
»Nun denn, Shalom. Und jetzt folgen Sie mir.«
»Nur noch eins«, sagte Dillon. »Entschuldigen Sie mei ne unersättliche Neugier, aber sind Sie ein Ami?«
Judas lachte. »Allmählich werde ich es leid, daß man mich das dauernd fragt. Warum glauben alle, ein Israeli könne kein Israeli sein, wenn er gutes amerikanisches Englisch spricht?«
Er wandte sich um und verließ das Zimmer. »Kommen Sie, Mr. Dillon«, sagte Aaron.
Das geräumige Arbeitszimmer hatte einen riesigen steinernen Kamin, an den Wänden hingen Bildteppiche, die bleigefaßten Fenster standen offen, und der Duft von Blumen trieb aus den Gärten jenseits des Fensters herein. Judas setzte sich hinter einen großen überladenen Schreibtisch und deutete auf einen davorstehenden Stuhl.
»Setzen Sie sich. In dem silbernen Kästchen finden Sie Zigaretten«
Aaron lehnte sich neben der Tür an die Wand. Dillon nahm eine Zigarette und entzündete sie mit einem Tisch feuerzeug. »Als Ihre Leute auf dem Boot hebräisch ge sprochen haben, habe ich zumindest die Sprache er kannt.«
»Ja, ich weiß aus Ihrer Mossad-Akte, daß Sie ein Talent für Sprachen haben und alles mögliche von Irisch bis Russisch können.«
»Liegt wohl an irgendeiner speziellen Schaltung in meinem Hirn«, erklärte Dillon, »so wie manche Leute ra scher rechnen können als ein Computer.«
»Warum dann nicht Hebräisch?«
»Japanisch spreche ich auch nicht. Ich habe nur ein Mal für den Mossad gearbeitet, wie Ihnen ja bekannt ist, und wenn Sie so viel wissen, wie Sie behaupten, wissen Sie ja auch, daß bei der Operation in Beirut alles zackzack ging. Binnen drei Tagen war ich schon wieder weg mit einem Scheck einer Schweizer Bank in meiner gieri gen Hand. Aber jetzt will ich erst mal wissen, wer zur Hölle Sie sind und was das hier alles soll.«
»Nun, daß wir Israelis sind, haben Sie ja gemerkt, aber wir sind patriotische Israelis und bereit, alles zu tun für die Sicherheit unseres Landes.«
»Wie beispielsweise Premierminister Rabin zu erschie ßen?«
»Das ging nicht auf unser Konto. Offen gesagt, wir ha ben Wichtigeres vor.«
»Sie sehen sich demnach als so was wie moderne Zelo ten?«
»Nicht ganz, Kumpel«, erwiderte Judas. »Das waren glühende Patrioten und wollten die Römer vertreiben, aber wir orientieren uns an einer früheren Zeit in der Ge schichte, als unser Land unter syrischer Herrschaft stand und der Tempel entehrt, unsere Religion, unsere ganze Lebensart bedroht war.«
»Genau wie heute, das denken Sie doch?«
»Wir leben ständig unter Bedrohung. Ich habe Ver wandte durch Bombenanschläge der Hamas verloren, Aa ron hatte einen Bruder, einen Piloten, der über dem Iran abgeschossen und zu Tode gefoltert wurde. Ein anderer meiner Männer hat zwei Schwestern bei einem Bomben anschlag auf einen Schulbus verloren. Wir haben alle un sere eigene Geschichte.« Er zündete sich seine Zigarre, die ausgegangen war, wieder an.
»Und was ist das für eine frühere Zeit in der Geschich te, die Sie meinen?«
»Damals wurden die Syrer von einem Judas, genannt der Makkabäer, besiegt. Das Wort bedeutet übrigens ›der Hammer‹.«
»Aha, ich kapiere.«
»Seine Anhänger hießen Makkabäer und waren glü hende Nationalisten, die sich Unabhängigkeit für unser Land wünschten. Unter seinem Kommando führten sie einen so erfolgreichen Guerillakrieg, daß sie die über mächtigen syrischen Armeen besiegten, Jerusalem ein nahmen, den Tempel reinigten und ihn neu weihten.«
»Ich kenne die Geschichte«, sagte Dillon.
»Von Chief Inspector Hannah Bernstein?«
»Die übrigens sehr gut hebräisch spricht. Jedenfalls hat sie mir mal die Bedeutung von Chanukka erklärt.«
»Wird jedes Jahr zur Erinnerung an den Sieg der Mak kabäer gefeiert, denen zu verdanken ist, daß ein kleines Land wieder unabhängig wurde.«
»Bis die Römer kamen.«
»Stimmt, aber wir werden nicht zulassen, daß so etwas noch mal passiert.«
Dillon nickte. »Sie sehen sich also als Judas Makka bäus, und Ihre Anhänger, zum Beispiel die Burschen, die mich verschleppt haben, sind Makkabäer des zwanzigsten Jahrhunderts?«
»Warum nicht? In Ihrem Gewerbe sind Codenamen ja eine Notwendigkeit, da paßt Judas Makkabäus doch sehr gut.«
»Der eine
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