Die Tochter des Praesidenten
klingen recht zuversichtlich.«
»Bin ich auch. Mit etwas Glück könnte er uns zu Judas führen.«
Blake blieb skeptisch. »Viel ist es nicht.«
»Es ist alles, was wir haben. Aber noch etwas – falls wir tatsächlich diesen Ort finden, an dem Judas sie gefangen hält, wäre es nicht so gut, Kampfschwimmer oder eine andere Spezialeinheit zu Hilfe zu rufen. Er wird sie beim geringsten Anschein eines Angriffs sofort umbringen.«
»Sie meinen, Sie wollen ganz allein dort rein?«
»Ich brauchte natürlich Rückendeckung«, entgegnete Dillon. »Aber ich habe doch so einiges von dem Gebäude gesehen und weiß zumindest, daß sie im dritten Stock wohnt.«
»Ein Mann ganz allein?« Blake schüttelte den Kopf. »Das ist verrückt.«
»Er hat nur fünf Makkabäer um sich«, erwiderte Dil lon. »Und nirgends gab’s Anzeichen für Personal. Aber es ist ohnehin klar, daß er keins hat. Es sind also mit ihm zusammen sechs.«
»Und Sie würden das wirklich riskieren?«
»Warum nicht? Sie kennen doch die alte Geschichte von dem Schneider aus dem Märchen der Brüder Grimm? Sieben auf einen Streich! Bei mir sind’s eben sechs.«
»Das waren aber Fliegen auf einem Marmeladenbrot.«
»Macht doch keinen Unterschied.« Dillon rief nach Kersey. »Noch einen Bushmills, und dann leg’ ich mich lang.«
»Sofort, Sir.«
»Wissen Sie«, meinte Blake, »eins beruhigt mich wirk lich an der ganzen Sache.«
»Und das wäre?« fragte Dillon und nahm den Drink, den Kersey brachte.
»Nach allem, was Marie de Brissac Ihnen erzählt hat, wußte der General aus diesem anonymen Brief nur, daß seine Frau die Nacht mit einem amerikanischen Offizier verbracht hatte. Er wußte aber nicht, daß es Jake Cazalet war.«
»Scheint so.«
»Das Geheimnis war also nur Marie, ihrer Mutter und dem Präsidenten bekannt.«
»Sie vergessen Teddy Grant.«
»Okay, aber das heißt, es waren nach dem Tod der Gräfin nur noch drei. Wie zur Hölle hat Judas es also her ausgefunden?«
»Weiß der Himmel, aber jedenfalls wußte er es.« Dil lon knipste das Licht über dem Sitz aus und kippte ihn zurück. »Ich schlafe jetzt erst mal ein bißchen, solange dazu noch Gelegenheit ist.«
Devlin parkte seinen Wagen am Ufer des Liffey und ging durch den leichten Nieselregen zum Irish Hussar, einem altmodischen Lokal mit gemütlichen Nischen und einer Theke aus Mahagoni vor einer Spiegelwand, in de ren Regalen Flaschen aufgereiht standen. Normalerweise war es ein beliebter Treffpunkt von Republikanern und Sinn-Fein-Anhängern; zu dieser Zeit am Morgen aber waren die Gäste hauptsächlich Arbeiter, die sich ein or dentliches irisches Frühstück gönnten. In der letzten Ni sche entdeckte er Michael Leary, der gerade mit seiner Mahlzeit begann.
»Liam, alter Gauner.«
»Selber«, entgegnete Devlin.
Eine junge Frau kam mit strahlendem Lächeln an den Tisch, denn Devlin war einer ihrer Lieblingsgäste. »Was kann ich Ihnen bringen, Mr. Devlin?«
»Das gleiche, dazu reichlich Frühstückstee, in dem der Löffel steht.« Er wandte sich an Leary. »Läuft die Arbeit gut, Michael?«
»Dieser Thriller, den ich geschrieben habe, hat sich an den Flughäfen ganz ordentlich verkauft. Um ehrlich zu sein, Liam, ich habe in den vergangenen zwölf Monaten fünfzigtausend Pfund verdient, und es scheint noch mehr zu werden.«
»Und du arbeitest immer noch die Nacht durch?«
»Liegt an meinem Bein, daß ich nicht schlafen kann. Hab’ ziemliche Schmerzen.« Er schlug sich mit der Faust auf den Oberschenkel.
Leary, der mehr als zwanzig Jahre lang ein aktives Mit glied der IRA gewesen war, hatte ein Bein verloren, als ei ne Bombe, die er in einem alten Laster über die Grenze bringen sollte, vorzeitig explodierte und zwei seiner Ka meraden tötete. Der einzige Vorteil dieses Unglücks war gewesen, daß er nicht in einem englischen Gefängnis ge landet war, aber seine Karriere als aktives Mitglied der Bewegung war danach beendet gewesen.
Die junge Frau brachte Devlin sein Frühstück und eine Kanne Tee, und er begann zu essen.
»Was gibt’s, Liam? Was willst du?« fragte Leary.
»Vor fünfzehn Jahren, als ich sechzig war und es besser hätte wissen müssen, habe ich dir in County Down das Leben gerettet. Die Bullen hatten dich in die Schulter ge schossen, und ich hab’ dich über die Grenze
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