Die Tochter des Praesidenten
Lä cheln.
»Sie scheinen mich amüsant zu finden?«
»Im Gegenteil, ich finde, Sie sind eine äußerst bemer kenswerte Frau. Der Großvater ein Rabbi, der Vater ein bedeutender Chirurg, also eine Frau aus bestem Haus, die nach Cambridge geht, dann in die Polizei eintritt, ein Spitzendetective bei Scotland Yard wird und keine Angst hat zu töten, wenn es sein muß. Wie oft eigentlich schon? Zweimal oder dreimal?«
Gott, wie sehr sie ihn haßte! Leider fiel ihr keine pas sende Antwort ein. Er stellte in Zeitlupe seinen Kaffee zur Seite.
»Ich nehme Ihnen Ihre Tasse ab, Chief Inspector«, sag te er. »Sie legen sich lieber hin und schlafen. Wir sind nämlich fast da. Es ist besser für alle, wenn Sie nicht wis sen, wo wir landen.«
Der Kaffee. Aber es war natürlich zu spät, viel zu spät; um sie herum wurde bereits alles dunkel.
Ferguson saß in seiner Wohnung am Kamin und hörte Dillon und Blake Johnson zu, die ihm alles berichteten.
»Merkwürdig«, meinte er dann nachdenklich, »alles scheint derzeit bei dem Anwalt der de Brissacs, diesem Michael Rocard, zusammenzulaufen.«
»Ja, aber er kümmert sich seit Jahren um die Angele genheiten der Familie«, sagte Dillon. »Wenn jemand über jeden Verdacht erhaben zu sein scheint, dann er, und trotzdem vermute ich, daß er Maries wahre Identität ver raten haben muß. Vielleicht hat er es durch einen Zufall herausgefunden.«
»Wir haben beim FBI immer gesagt: Bei jedem Mord stets zuerst die Familie überprüfen«, meinte Blake. »Inter essant ist hier allerdings die Frage, warum sich ein Mann wie Rocard, der einen berühmten Namen hat und zur ge hobenen Gesellschaft gehört, überhaupt mit solchen Leu ten wie den Makkabäern eingelassen haben sollte?«
Ferguson faßte einen Entschluß. »Ich ziehe mal Erkun digungen über ihn ein.«
»Ist das klug?« fragte Dillon.
»Keine Sorge, die Sache bleibt streng vertraulich. Ich rede nur mit Max Hernu.«
Der französische Geheimdienst war berüchtigter als der KGB und genoß als SDECE seit Jahren einen beinahe le gendären Ruf. Unter der Regierung Mitterrand war er neu organisiert worden und hieß nun Direction Générale de la Sécurité Extérieure oder kurz DGSE.
Er war immer noch in fünf Abteilungen und unzählige Unterabteilungen aufgeteilt, und Section 5 bestand nach wie vor aus der Action Service, deren Chef Colonel Max Hernu war.
Er hatte als Fallschirmjäger in Indochina gedient, war in Diên Biên Phu gefangengenommen worden und hatte danach in bitteren, blutigen Schlachten in Algerien ge kämpft, wenn auch nicht für die OAS, die von so vielen seiner Kameraden unterstützt worden war, sondern für General Charles de Gaulle.
Er war ein eleganter, grauhaariger Herr, der mit seinen siebenundsechzig Jahren längst in den Ruhestand hatte gehen können, nur wollte der französische Premier minister davon nichts wissen. Als Fergusons Anruf kam, saß er an seinem Schreibtisch im Hauptquartier der DGSE am Boulevard Mortier und las einen Bericht über Sympathisanten der ETA in Frankreich.
»Mein lieber Charles.« Seiner Stimme war anzuhören, daß er sich aufrichtig freute. »Lange nichts mehr von Ih nen gehört. Wie geht es Ihnen?«
»Man macht eben immer weiter. Sie kennen das ja«, erwiderte Ferguson. »Der Premierminister will mich nicht gehen lassen.«
»Das haben diese Herren so an sich.«
»Ist Ihr Anruf beruflicher Natur oder privat?«
»Sagen wir einfach, Sie sind mir einen Gefallen schul dig, und belassen es dabei.«
»Ich tue gern, was immer ich kann, das wissen Sie doch, Charles.«
»Kennen Sie die Familie de Brissac?«
»Aber natürlich. Den General kannte ich sehr gut und seine Frau ebenfalls. Beide sind inzwischen leider verstor ben. Aber sie haben eine bezaubernde Tochter, Marie, die gegenwärtige Comtesse.«
»Ich hab’ davon gehört«, entgegnete Ferguson unver bindlich. »Mir geht es um den Anwalt der Familie, Mi chael Rocard. Können Sie mir über ihn etwas sagen?«
Hernu horchte sofort auf. »Gibt es da ein Problem, Charles?«
»Nicht direkt. Im Zusammenhang mit einer Affäre, um die ich mich kümmere, ist sein Namen mal nebenbei ge fallen. Aber ich wäre für jede Information, die Sie über diesen Mann haben, dankbar.«
»Gut. Ein absolut tadelloser Ruf, Mitglied der Ehrenle gion, ein angesehener Anwalt, der einigen der bedeutend
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