Die Tochter des Praesidenten
Tür öffnete sich, und Aaron trat ein; ihm folgte David Braun, der ein Tablett trug. »Na, wieder munter, Chief Inspector? Es gibt Kaffee, schön schwarz, danach werden Sie sich viel besser fühlen.«
»Wie das letzte Mal?«
»Ich hatte keine andere Wahl, das wissen Sie doch.«
»Wo bin ich?«
»Seien Sie nicht albern. Trinken Sie brav Ihren Kaffee und nehmen Sie eine Dusche. Das Bad ist dort hinter die ser Tür. Das ist übrigens David.«
»Chief Inspector?« sagte Braun auf hebräisch zu Aaron. »Das ist erstaunlich.«
»Raus mit Ihnen«, erwiderte Hannah in der gleichen Sprache, »alle beide! Verschwindet.«
Mit einem hatte er zumindest recht: Der Kaffee half wirklich. Sie trank zwei Tassen, ging dann ins Bad, dusch te gut fünf Minuten lang kalt und trocknete ihr kurzes Haar mit dem an die Wand montierten Fön.
»Alle Annehmlichkeiten, die man sich nur wünschen kann«, sagte sie grimmig und ging zurück ins Schlafzim mer, um sich anzuziehen.
Zehn Minuten später wurde die Tür aufgeschlossen. Aaron ließ eine bedrohliche Gestalt in einem schwarzen Overall vorangehen, deren Gesicht von einer Skimütze verdeckt war.
Judas rauchte eine Zigarre und lächelte, so daß seine Zähne hinter der dunklen Maske blitzten. »Da haben wir ja den großen Detective Chief Inspector. Warum macht ein nettes jüdisches Mädchen so einen Job, anstatt verhei ratet und Mutter von drei Kindern zu sein?«
»Und Hühnersuppe mit Nudeln für ihren Herrn und Meister zu kochen?«
»Ich mag schlagfertige Frauen!« sagte er auf hebräisch. »Tut mir leid, das mit Ihrem Kumpel Dillon, aber was sein muß, muß nun mal sein. Nach allem, was ich über ihn gehört habe, hat der Bursche sowieso seit Jahren schon mehr Glück als Verstand gehabt und hätte längst mit so etwas rechnen müssen.«
»Er war zehnmal so viel wert wie Sie.«
»Jetzt ist er’s nicht mehr.« Lachend wandte er sich zu Aaron um. »Nimm sie mit. Es ist Zeit, sie mit unserem besonderen Gast bekannt zu machen.«
Marie de Brissac saß vor ihrer Staffelei und malte, als die Tür sich öffnete und Aaron hereinkam, gefolgt von Han nah und Judas. Verwirrt legte sie ihren Pinsel zur Seite.
»Was ist?«
»Ich habe Ihnen eine Freundin gebracht, eine Genos sin, wenn Sie so wollen. Los«, forderte er Hannah auf, »sagen Sie ihr, wer Sie sind.«
»Mein Name ist Hannah Bernstein.«
»Aber wir wollen doch korrekt sein«, unterbrach Judas. »Das ist Detective Chief Inspector Hannah Bernstein. Sie war mit Dillon auf Sizilien, als wir ihn uns geschnappt haben. Ich habe sie damals laufen lassen, weil ich wollte, daß sie ihrem Chef Meldung macht. Dann dachte ich aber daran, daß Sie hier so ganz allein und kummervoll sitzen, weil wir Dillon umgelegt haben, deshalb sind Aa ron und Moshe nach London geflogen und haben sie hergeholt – nur für Sie.« Er wandte sich an Hannah. »Es hat Ihnen doch nichts ausgemacht, oder?«
»Warum verziehen Sie sich nicht endlich und lassen uns allein?« erwiderte sie ruhig.
Er lachte. »Na, na, ich bin doch nun wirklich nett zu Ihnen. Sie können miteinander zu Abend essen. Kümme re dich darum«, befahl er Aaron und ging hinaus.
»Woher soll ich wissen, daß Sie wirklich die sind, für die Sie sich ausgeben?« fragte Marie de Brissac.
»Sie meinen, für wen mich diese Dreckskerle ausge ben?« fragte Hannah und lachte etwas bitter. »Sie werden mir wohl einfach vertrauen müssen. Ich wußte gar nicht, daß Sie malen. Das ist wirklich gut.«
Sie ging zur Staffelei, blieb am Tisch stehen, nahm ein Stück Holzkohle und schrieb auf ein Blatt Zeichenpapier: Dillon lebt. Marie las die Worte und sah sie erstaunt an. Das Zimmer ist möglicherweise verwanzt. Gehen Sie ins Bad, schrieb Hannah weiter.
Marie gehorchte. Hannah schloß die Tür und drückte die Toilettenspülung. »Dillon und ich haben Ihren Vater getroffen. Dillon wußte, daß sie ihn danach umbringen würden, und hat es geschafft, sie zu täuschen, so daß sie nun glauben, er sei tot. Wie er das angestellt hat, ist vor erst egal.«
»O mein Gott.«
»Ob Ihr Zimmer tatsächlich verwanzt ist, weiß ich nicht, aber auf jeden Fall ist es besser, daran zu denken, daß Dillon tot ist, wenn wir ihn erwähnen.«
»Ja, ich verstehe.«
»Er kümmert sich jedenfalls um Ihre Sache.«
»Und Ihre.«
Hannah lächelte. »Er ist der Beste, Comtesse. Judas
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