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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Downer
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für Frauen«, hatte er geknurrt. Doch in Wirklichkeit war er unglaublich froh gewesen, das rundliche Gesicht seiner Mutter und ihre beruhigende Fülle zu sehen, ihre Stimme zu hören und an zu Hause erinnert zu werden. Er hatte sich die Nase am Ärmel abwischen und Tränen fortblinzeln müssen, während er sich verbeugte.
    Das Komitee hatte sie in ein Bauerndorf bei Yoshino geschickt, das sein Vater gegründet hatte. Die Menschen dort hatten ein einfaches, reines Leben zu führen, entsprechend der Samurai-Ideale, das Land zu bestellen, Reis, Hirse und Süßkartoffeln anzubauen, konfuzianische Texte zu studieren und sich in der Kriegskunst zu üben. Wie seine verwöhnte Mutter und Schwester an so einem Ort zurechtkommen würden, wusste er nicht.
    Das näher kommende Schiff war der reguläre Postdampfer aus Yokohama. Eijiro sah, wie Männer in die Barkassen stiegen und auf den Kai zukamen. Das Komitee zählte sie durch. Außer der Mannschaft und der Schauerleute waren es noch an die fünfzig, einschließlich einiger Polizisten und Kadetten, aufrecht wie Ladestöcke in ihren nach westlichem Muster geschnittenen Uniformen, kniehohen Stiefeln, Mänteln und Kappen. Wie jedermann wusste, bestand die halbe Polizeitruppe von Tokyo aus Satsuma-Männern. Dahinter steckte die Taktik, Männer aus fernen Clans einzusetzen, damit niemand Gefahr lief, eigene Clan-Mitglieder verhaften zu müssen. Inzwischen waren schon eine ganze Reihe Deserteure von der Polizei eingetroffen.
    Sie führten die Neuankömmlinge in einen Wartebereich, den sie in einem leeren Lagerhaus eingerichtet hatten, und die Männer bildeten Schlangen vor den Schreibtischen der Offiziere, zitternd vor Kälte. Eijiro und seine Kollegen gestalteten den Vorgang absichtlich so schroff und langwierig wie möglich, um von Anfang an alle auszusortieren, die sich der Sache nicht aus vollem Herzen verschrieben.
    Eijiro genoss es, neue Rekruten zu befragen. Männer zu treffen, die frisch aus Tokyo kamen, ihren Tokyo-Akzent zu hören und den neuesten Klatsch zu erfahren, war eine Freude. Allzu bald würden sie steif und selbstgerecht werden wie alle anderen hier.
    Der letzte Mann, der vor Eijiros Schreibtisch landete, war Korporal Hisao Nakahara vom Polizeikommissariat Tokyo. Er schien ein netter Bursche zu sein, trug sein Haar in dem modischen Jangiri-Stil und hatte einen spitzen Bart, der ihn ein wenig wie einen Fuchs aussehen ließ. Er verneigte sich ehrerbietig. Eijiro reagierte mit einem arroganten Rucken des Kinns. In normalen Zeiten würde ein Korporal nie auch nur in die Nähe des Sohnes von General Kitaoka kommen.
    Nakahara war ein Satsuma, allerdings war er so lange in Tokyo gewesen, dass es ihm wohl angenehmer war, den dortigen Dialekt zu sprechen. Eijiro fragte ihn nach seiner Herkunft aus, der Arbeit und wie er in Tokyo gelandet war, dann erkundigte er sich danach, was die Menschen dort redeten und worauf die Regierung aus war. Befriedigt schloss er seine Kladde.
    »Willkommen. Gut, Sie bei uns zu haben.« Er blickte über die Schulter, vergewisserte sich, dass die anderen Komiteemitglieder außer Hörweite damit beschäftigt waren, Fragen zu blaffen, beugte sich vor und senkte die Stimme. »So … und was gibt es sonst noch für Neuigkeiten?«
    »Lassen Sie mich nachdenken.« Nakahara blickte respektvoll zu Boden. »Kitaoka-sama hat zweifellos von den Revolten in Hagi und Kumamoto gehört? Vielleicht haben Sie gehört, dass Maebara und die anderen hingerichtet wurden? Schreckliche Geschichte.« Er machte ein ernstes Gesicht und schüttelte den Kopf. »Die Regierung geht hart gegen die Samurai und alle anderen vor, die es wagen, sich gegen sie zu erheben. Uns wurde befohlen, alle zu verhaften, die gegen die neuen Gesetze verstoßen. Mir war klar, dass sie uns als Nächstes hier runterschicken, um unsere eigenen Leute zu töten. Da hab ich beschlossen heimzukehren.«
    »Ja, ja«, knurrte Eijiro ungeduldig. Der Bursche brauchte nicht noch weiter zu beweisen, dass er auf der richtigen Seite stand. »Was ist mit echten Neuigkeiten? Wie macht sich Umegatani? Als ich dort war, hatte er noch keinen Kampf verloren.«
    Zu den Dingen, die Eijiro aus Tokyo am meisten vermisste, gehörten auch die regelmäßigen Wettkämpfe der Sumo-Ringer im Eko-in-Tempel, der im Ostteil der Stadt lag. Umegatani war ein Phänomen, ein Koloss von einem Mann, aber leicht auf den Füßen. Ohne große Anstrengung brachte er Riesen zu Fall, die viel schwerer waren als er. Noch hatte er einen

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