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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Downer
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Vorgeschmack auf den Tod hatte sie in eine furchterregende Kriegerin verwandelt.
    Fujino, die anderen Frauen und Onkel Seppo starrten mit weit aufgerissenen Augen zur anderen Seite der Lichtung. Taka atmete scharf ein, als der erste Soldat zwischen den Bäumen hervorhumpelte, das Gewehr über die Schulter geschlungen. Seine Uniform war zerrissen und dreckig, sein Gesicht bärtig. Die Augen lagen in tiefen Höhlen. Er sah wie ein altgedienter Veteran aus.
    Taka spähte in den Wald hinter ihm. Es war zu dunkel, und sie stand zu weit entfernt, um viel sehen zu können, bildete sich jedoch ein, einen Blick auf Gestalten im Schatten erhascht zu haben. Jeden Moment würden jetzt uniformierte Männer hervorpreschen. Bei einer plötzlichen Bewegung schrak sie heftig zusammen, aber es war nur ein davonspringendes Reh. Affen kreischten. Eine Krähe landete auf einem Ast und stieß ein Krächzen aus. Taka lief ein Schauder über den Rücken. Krähen waren ein Vorzeichen des Todes.
    Der Soldat warf wirre Blicke um sich, starrte auf den Aschehügel und die weißen Gewänder, die im Dreck lagen. Dann bemerkte er die Frauen in ihren indigoblauen Hosen und Jacken und humpelte auf sie zu. Zitternd wich Taka so weit wie möglich in die Büsche zurück und betete zu den Göttern, dass er sie nicht entdeckte.
    Kuninosuké kauerte am Rand der Lichtung und beobachtete den Soldaten mit eiskaltem Blick. Er schaute hinüber zu Taka, vergewisserte sich, dass sie gut versteckt war, sprang dann auf und stürzte mit einem Schrei auf den Mann zu. »Halt! Das ist weit genug!« Der Soldat fuhr zusammen und wirbelte herum. Selbst im schwachen Licht konnte Taka seine Augen erkennen, weit aufgerissen, als hätte er einen Geist gesehen. Kuninosuké schnitt ihm den Weg ab. Die Sehnen in seinem Hals traten hervor, seine Hand fuhr zum Schwertgriff.
    Taka wandte sich ab und schaute zu den Rauchschwaden über dem Shiroyama. Es spielte keine Rolle, was ein paar Frauen widerfuhr, verglichen mit dem Massaker, das dort stattfand. Ihr Kopf dröhnte, und hinter ihren Augen pochte ein heftiger Schmerz. Sie wollte sich nur noch hinlegen, schlafen und nie wieder aufwachen.
    »Das ist nicht die Armee, Ältere Schwester.« Tante Kiyos zarte Stimme war neben dem Rattern der Geschosse kaum zu verstehen. Sie war die Einzige, die sich gegenüber Madame Kitaoka zu behaupten wagte. »Da ist nur einer. Er könnte ein neuer Rekrut sein. Tausende haben sich unserer Sache angeschlossen.«
    »Mit Kuninosuké hier brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, glaube ich.« Das war Onkel Seppos Stimme. Er war der Erste, der seinen Dolch weggesteckt hatte.
    Taka spähte durch die Blätter. Die Männer hatten sich voreinander aufgebaut wie zwei Sumo-Ringer und ließen einander nicht aus den Augen. Wenn sie es nicht gewusst hätte, wäre es unmöglich gewesen, den Satsuma-Rebell von dem Soldaten zu unterscheiden. Beide waren ausgemergelt wie Skelette und in dreckigen Uniformen. Kuninosuké war größer und stämmiger, das Gesicht mit dem eckigen Kinn bleicher, während das des Soldaten zerschrammter und blutunterlaufen war.
    Aus dem Gürtel des Soldaten ragte ein Fächer. Er legte die Hand daran und versuchte, Kuninosuké auszuweichen, aber der war zu schnell. »Verschwinden Sie. Hier gibt es nichts für Sie. Gehen Sie dahin zurück, woher Sie gekommen sind.«
    Das Gesicht des Mannes verfinsterte sich, und er öffnete den Mund, doch Kuninosuké hob die Hand. »Sie kommen zu spät. Der Auftrag ist erledigt. Ich habe den Befehl meines Herrn ausgeführt. Sie haben Ihr Wort gehalten, Sie sind ein Mann von Ehre, aber Sie werden nicht mehr gebraucht. Für Sie gibt es hier nichts mehr zu tun.«
    Der Soldat senkte den Blick zu Kuninosukés Taille, an der das Amulett baumelte. Er zog die Brauen zusammen, packte den Schwertgriff und trat einen Schritt vor.
    Taka hörte das deutliche Zischen von Metall und sah Stahl aufblitzen, als Kuninosuké sein Schwert eine Handbreit aus der Scheide zog. Die Frauen und Onkel Seppo wichen zu den Bäumen zurück. Madame Kitaoka war angriffsbereit, den Dolch in der Hand. Die Tanten hatten ihre Dolche ebenfalls gezogen. Fujino, Tante Kiharu und Okatsu hielten die Kinder zurück, die genauso finster blickten wie ihre Mütter.
    »Das hier ist Satsuma-Gebiet.« Kuninosukés Stimme war leise und drohend, trotzdem drang sie bis zu Taka am Rand der Lichtung durch. »Sie sind nicht willkommen. Ihre Männer haben schon genug der unseren getötet. Unsere Frauen leben, mehr

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