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Die Tochter des stählernen Drachen

Die Tochter des stählernen Drachen

Titel: Die Tochter des stählernen Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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wenn Sirin nicht die wiedergeborene Gwen war, bestand kein Grund, sie zu meiden. Das Problem lag darin, daß man es einfach nicht genau wissen konnte .
    Puck jedoch war eine völlig andere Angelegenheit.
    » Krötenärsche! Aufgepumpte kurzgestutzte Weibsbilder! Glubschäugige schweinefickende Bastarde!«
    Abrupt kam Jane wieder zu sich. Überall im Hörsaal erhoben sich die Mitglieder der Zuhörerschaft. Ein Teggisch-Professor unmittelbar vor Janes Platz richtete sich mit einem Ruck auf und schnaubte. Links von ihr strich sich ein Gnom mit einer Hand über die pilzgefleckte Glatze.
    Professor Tarapple hatte voller Zorn seine Vorlesung unterbrochen und beschimpfte die Zuhörerschaft. »Nur ein Wesen - eines! Ich! - ist je so tief in die Geheimnisse der Göttin eingedrungen und wieder zurückgekehrt, um darüber zu berichten. Beim Kanonenfeuer, beim heiligen Wasser und den Glocken, hört mir zu! Ich habe mehr als das Leben und die geistige Gesundheit riskiert, um euch diese Aufnahmen mitzubringen. Ich ... ich ... ich war einst jung, hochgewachsen und gutaussehend. Ich hatte Freunde, die auf dieser Expedition gestorben sind und niemals mehr wiedergeboren werden. Wir sind gefangengenommen und bestraft worden und wieder bestraft worden. Ich allein bin entkommen. Seht mich an! Seht den Preis, den ich bezahlt habe! So viele Male habe ich versucht, es euch zu erzählen! Warum hört ihr niemals zu?«
    Er weinte jetzt. »Wehe!« rief er. »Wehe denen, die die Wahrheit suchen, denn die Wahrheit ist der bestgehütete Schatz der Göttin! Ah, sie ist grausam und unergründlich, und bitter, bitter ist ihre Rache.«
    Sanft ging das Licht an. Donnernder Applaus setzte ein.

    Jane wußte jetzt, was zu tun war.
    Das einzige Licht im Labor kam aus dem Gerätelager, dessen Tür Jane offen gelassen hatte. Das ausgestopfte Krokodil über ihr drehte sich langsam in einem ansonsten nicht spürbaren Luftzug. Der Plan, der aufgrund der Vorlesung über Höhere Grammatik entstanden war, hatte Jane so viel Auftrieb verliehen und mit so viel Energie erfüllt, daß es ihr gelungen war, innerhalb von nur drei Tagen sämtliche Schlüssel, die Ausrüstung - und die notwendige Zeit - zu stehlen und das Experiment zusammenzustellen.
    Sie stellte den Argon-Ionen-Laser auf dem Labortisch links von sich auf und die Probenkammer rechts. Am anderen Ende der Kammer war ein Monochromometer auf einem Photonenzähler montiert. Diese beiden Geräte und ein optischer Spiegel waren die wesentlichen Komponenten ihres Experiments. Was sie im Sinn hatte, war elegant einfach.
    Die Tür klapperte. Eine hagere und unglaublich große Gestalt war schwach durch das Milchglas zu erkennen.
    Sie schloß die Tür auf.
    »Hier ist das, was du haben wolltest«, sagte Billy Bugaboo rechtfertigend und schlurfte herein. Er roch nach billiger Seife, importierten Zigaretten und schwacher Hoffnung. Er öffnete die Hand. Darin lag ein zerknüllter Seaborne-First-Leviathan-Aufnäher. Das letzte Mal hatte Jane diesen Aufnäher auf der Schulter von Pucks Jacke gesehen, und da hatte sie bemerkt, daß er sich löste.
    »Danke.« Jane zupfte einige Fäden aus dem Aufnäher und stopfte sie in ein Probenröhrchen.
    »Wie kommt’s, daß du Puck kennst?« fragte Billy.
    »Wie kommt’s, daß du ihn kennst?«
    »Sirin hat uns miteinander bekannt gemacht.«
    Jane goß langsam aqua regia über die Fäden und verschloß das Röhrchen. Königswasser sollte eigentlich nur als Lösungsmittel für Gold und Platin benutzt werden, aber die Wirkung auf die Fäden war auch ganz ordentlich. Sie schüttelte das Röhrchen und sah zu, wie sie sich zu einem wolkenartigen Wirbel von Partikeln auflösten. »Wie kommt’s dann, daß Sirin Puck kennt?«
    »Er ist einfach einer jener Leute, die jeder kennt.« Billy hob die Schultern. »Vielleicht hat sie ihm ein paar heilige Pilze abgekauft. Vielleicht hat er ihr das Fahrrad repariert. Er ist ein Gauner. Er kommt rum.«
    Sie richtete den Laser so aus, daß der Spiegel seinen Strahl in die Probenkammer werfen würde. Sie holte die Schläuche heraus und hakte die Verbindungen an die Kühlhaube und den Wasserkühlmantel des Lasers. Als sie sich gewiß war, daß sie saßen, drehte sie die Hähne auf. »Nun, so ist es bei mir auch gewesen.«
    Zur Kontrolle gab sie eine Salzprobe in den Probenhalter und schloß die Kammer.
    »Oh.« Billy hörte sich verblüfft an. »He, ich hab zufällig ein paar Eintrittskarten zu einer Ausweidung bekommen. Ich hab mir gedacht, du und

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