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Die Tochter des stählernen Drachen

Die Tochter des stählernen Drachen

Titel: Die Tochter des stählernen Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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ich, wir könnten vielleicht ...«
    »Nein.« Alles war an Ort und Stelle. Sie drückte den Knopf am Laser und überprüfte den Photonenzähler. Die Anzeigen lagen weit daneben. Enttäuschung verschärfte ihre Antwort. »Selbst wenn ich Zeuge bei so was sein wollte - und ich will’s nicht -, würd ich nicht mitkommen, weil du hinterher mit mir ins Bett gehen willst. Und ich möchte keinen Sex mehr mit dir haben, weil dich das bloß ermutigt.«
    Billy scharrte mit den Füßen, sagte jedoch nichts.
    »Warum fragst du nicht Linnet? Nach dem, was ich so gehört habe, ist sie ein gewitztes kleines Ding.« War es möglich, daß sie vom Laser die falsche Stromstärke erhielt? Sie fummelte an den Verbindungsstücken herum, suchte einen Kurzschluß und hoffte, es wäre etwas so Einfaches. Wenn die Blitzlichtröhre nicht richtig funktionierte, steckte sie in der Klemme. »Ich werd ihr sagen, daß du drei Eier hast.«
    Billy wurde rot vor Verlegenheit. Sie brauchte nicht hinzusehen, um das zu wissen. »Es besteht kein Grund, grob zu sein«, sagte er mit mürrischer Stimme.
    »Oh, aber alle Mädchen ...« Sie wandte sich um, sah seinen Gesichtsausdruck und hielt inne. Diese unschuldigen Augen flossen über vor Schmerz und Einsamkeit. Ganz plötzlich schämte sie sich. Nur das Wissen, daß er es nicht dabei belassen würde, hielt sie davon ab, ihm die Hand entgegenzustrecken. »Okay, tut mir leid, dich veräppelt zu haben. Pax, in Ordnung? Wollen wir wieder Freunde sein?«
    »Ja.« Billy nickte unbestimmt, und Jane wandte sich wieder ihrer Arbeit zu.
    Wenn andererseits das Problem im Chromometer begründet war, könnte sie nicht viel dagegen tun. Das Ding war von der Herstellerfirma versiegelt und als Einheit verkauft worden. Aber sie hatte Lampblack gesehen, der erst gestern genau das gleiche Ausrüstungsstück benutzt hatte, und da hatte es einwandfrei funktioniert. Was übersah sie?
    Der Spiegel!
    Sie sah nach. Tatsächlich war der Spiegel untergründig korrodiert und zerstreute einen notwendigen Teil des Strahls. Jane stellte einen neuen auf. Sie rüttelte an der Energiezufuhr, um ihren Sitz zu überprüfen. Bingo! Diesmal stimmten die Zahlen. Sie riß die Salzprobe heraus, klemmte die Probe aus Pucks Jacke ein und ließ die Kontrollkammer offen stehen. Sie setzte eine Laserschutzbrille auf. Wenn der Apparat auf 514 Angström eingestellt war, würde die Schutzbrille alles außer dem Raman -Spektrum aus der Probe herausfiltern, und sie könnte direkt hineinsehen.
    »Was diese Ausweidung betrifft«, sagte Billy.
    Durch die Anregung freier Ionen wurde ein winziger orangefarbener Geist in der Lösung lebendig. Er trieb in dem wäßrigen Grün vor Janes Augen wie Tang, der von unterseeischen Strömungen gepeitscht wurde. Die Lebensspanne solcher Wesen war verschwindend gering; sie wurden während der Anregung durch das Laserlicht geboren und starben Tausende von Malen pro Sekunde. Das Wesen, das sie jetzt als eines sah, bestand eigentlich aus vielen Wesen. Seine Bewegungen waren eine Illusion ähnlich wie bei der Erzeugung wiederholter Bilder auf einem Fernsehbildschirm. Es war so zart, daß sie kaum zu atmen wagte. »Was ist damit?«
    »Ich hab mir gedacht, vielleicht ... du hast ja jetzt Zeit gehabt, darüber nachzudenken ... vielleicht könntest du - du weißt schon.«
    Jane seufzte, sah jedoch nicht auf. »Geh jetzt, Billy.«
    Eine Weile lang stand er traurig da und klimperte mit den Münzen in seiner Hosentasche. Schließlich ging er.
    Durch eine simple Infektionstransformation würde der Raman -Geist schließlich die Gestalt desjenigen Wesens annehmen, das mit den Teilchen des Fadens aus dem Flicken am engsten verbunden war. Jane beobachtete, wie der Geist sich langsam veränderte, sich entwickelte, immer vertrauter wurde. Schließlich grinste ihr ein winziger Puck höhnisch in die von der Schutzbrille verdeckten Augen, leckte sich die Lippen und faßte sich zwischen die Beine. Es wäre zuviel gewesen, von einer derart primitiven Kreatur Feingefühl zu erwarten.
    Jetzt, an diesem Punkt, merkte Jane, daß sie Angst hatte. Der Laser war so manipuliert, daß er einen Trägerstrahl zur Verfügung stellte. Sie befestigte ein Mikrofon an seiner Seite. Sie räusperte sich nervös. Es war lange her, daß sie Roosters wahren Namen benutzt hatte.
    » Tetigistus! « rief sie.
    Der Geist machte einen Satz, als hätte man ihn mit einer Peitsche über den Rücken geschlagen. Mit einem lauten Knall brannte die Blitzlichtröhre durch. Der

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