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Die Tochter des stählernen Drachen

Die Tochter des stählernen Drachen

Titel: Die Tochter des stählernen Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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Augen, die so weiß waren wie die Zähne. »Sie sind menschlich, ein Wechselbalg-Mädchen sowie Studentin an der Universität. Eher den Zauberkünsten als den freien Künsten zugetan. Soviel ist offensichtlich. Sie stehlen nicht zum eigenen Nutzen.« Er stieß ein bedauerndes Tss-tss-tss aus. »Jemand zieht einen Kick daraus, Sie zum Stehlen zu zwingen. Das ist ein Unglück, kommt aber häufiger vor, als Sie glauben würden.
    Sie sind jedoch nicht so ordinär, wie Sie erscheinen. Ein Schatten haftet an Ihnen, sowie ein Hauch kalten Eisens. Irgendwo gibt es eine Fabrik, die Sie gern zurückhaben möchte, junge Miß.«
    Sie wollte aufstehen. Aber Ferret tippte ihr mit der Hand aufs Knie und hielt sie dadurch auf halber Höhe fest. »Bitte. Unsere Kundschaft verlangt eine heitere und gelassene Umgebung. Wenn Sie nicht kooperien ... nun ja. Sie werden kooperieren, nicht wahr?«
    Sie setzte sich wieder. Ferret hob auffordernd eine Augenbraue, und Jane nickte kläglich. »Ja. Ja, ich werde kooperieren.«
    »Schön. Ich möchte Sie daran erinnern, daß wir gerade eine angenehme Unterhaltung führen, nichts weiter.« Er holte eine silberne Dose aus einer Innentasche und klopfte eine Halstablette heraus. Er bot ihr keine an. Ein schiefergrauer Schneefink hockte auf einem Gestell mit italienischen Halstüchern, schlug mit den Flügeln und flog davon. »Sie sind ein außerordentlich einsames Kind«, sagte Ferret. »Sagen Sie: Kennen Sie die Strafe für Ladendiebstahl?«
    Als Jane den Kopf schüttelte, schürzte Ferret die Lippen. »Dann will ich es Ihnen sagen. Für den Diebstahl eines Paars Handschuhe - zumindest von Handschuhen in der Qualität, die wir verkaufen - besteht die Strafe in Auspeitschung, öffentlicher Demütigung und möglicherweise dem Verlust einer Hand.«
    Jane wurde übel. Das mußte sich auf ihrem Gesicht gezeigt haben, denn Ferret erinnerte sie freundlich: »Sie haben noch nichts gestohlen.
    Aber gestatten Sie mir, diesen Gedankengang noch etwas weiter zu verfolgen. Nehmen wir an, Sie brechen in eine Wohnung ein. Unterstellen wir ferner, Sie sind mit einem Messer bewaffnet. Sagen wir, Sie haben eine gute Wahl getroffen. Sie erwarten, Goldbarren, Schmuck, vielleicht ein paar Dinge mit künstlerischem Wert mitzunehmen. Auf jeden Fall einen Armvoll Silberwaren. Wohnungsdiebstahl erfordert etwas mehr Findigkeit als Ladendiebstahl, nicht wahr? Und die Belohnung ist möglicherweise bedeutend größer als ein Paar Faunlederhandschuhe. Was, nehmen Sie an, wäre wohl die Strafe für dieses Verbrechen? Auspeitschen, öffentliche Demütigung und möglicherweise der Verlust einer Hand.«
    Jane wartete, doch Ferret sprach nicht weiter. Es war ihr unmöglich zu erraten, was er mit seinen Worten hatte sagen wollen. Es war wie eine jener Geschichten, die einem das Orakel am Namenstag erzählte: voller Vorzeichen und dennoch gleichzeitig so glatt und rätselhaft, daß man sie einfach nicht zu fassen bekam.
    Er stand auf und bot ihr die Hand. Sie nahm sie.
    »Ich möchte, daß Sie lange und ernsthaft über meine Worte nachdenken.«
    »Das werde ich tun«, sagte Jane.
    »Ausgezeichnet.«
    Ferret geleitete sie nach vorn. An der Tür ließ er sie los und sagte unter einer höflichen Verbeugung: »Es war ein Vergnügen, mit Ihnen zu plaudern. Ich darf Sie doch, wenn Sie gestatten, daran erinnern, daß La Jettatura Ihnen zu Diensten seht, sollten Sie zu Geld kommen?«

    »Ich habe dich gesucht«, sagte Puck Aleshire.
    Jane fuhr herum. Sie hatte ihr Fahrrad in einem öffentlichen Schließfach zwei Etagen unterhalb des Geschäfts versteckt. Sie schloß es gerade auf, als Puck plötzlich neben ihr auftauchte.
    Er schloß die Hand um etwas, das er in eine Tasche der Jeans steckte. »Hör mal«, sagte er. »Mir ist zu Ohren gekommen, daß du ein wenig Ärger mit Monkeys neuem Freund gehabt hast.«
    »Ich sehe nicht, warum dich das irgend etwas angehen sollte.«
    Einen Augenblick lang stand er schweigend da, hielt den Kopf gesenkt und hatte einen Daumen in den Gürtel gehakt. Fahrräder sausten vorüber, deren Fahrer ärgerlich die Klingel betätigten, weil er ihnen im Weg stand. Puck beachtete sie nicht. »Ja, nun, siehst du, ich hab ein paar Freunde auf der Straße. Wenn du möchtest, kann ich es arrangieren, daß sie Ratsnickle ein Wort ins Ohr flüstern. Einige dieser Burschen können ganz schön überzeugend sein.«
    Jane hob ihr Rad vom Haken und setzte den Reifen des Hinterrads zu Boden. »Wenn ich deine Hilfe benötigte, wäre

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