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Die Tochter des stählernen Drachen

Die Tochter des stählernen Drachen

Titel: Die Tochter des stählernen Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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schon zuviel gewesen.
    »Sie haben sich übrigens gut verhalten«, sagte Ferret.
    »Ich bin gedemütigt worden.«
    »Das ist zu erwarten, wenn Sie Ihren Verstand mit drei Mächtigen messen wollen. Trotzdem haben Sie die beiden Ladys unterhalten und Corvo dazu angeregt, wenigstens eine gespielte Beschützer-Show abzuziehen. Es sind mögliche Investoren, und Ihnen ist es gelungen, ihr Interesse zu wecken.«
    »Ich bezweifle, Jouissante sehr unterhalten zu haben.«
    »Oh, aber das war ziemlich sicher der Fall. Auf ihre Weise.« Ferret wechselte das Thema. »Hat man Sie schon Rocket vorgestellt?«
    »Nein.«
    »Ein reizender Bursche. Lassen Sie sich nicht von seinem Namen täuschen - er ist nicht der Bastard irgendeines Wald- und Wiesenelfs. Er ist von edler Geburt, ein Halbbruder von Fata Incolore persönlich. Wenn er kein Bastard und obendrein nicht halbmenschlich wäre, könnte er im Hause Incolore eine große Rolle spielen. Selbst so ist er jemand, mit dem man rechnen muß.«
    »Wie kommt es, daß Fata Incolore einen Mischlings-Bruder hat?«
    »Er ist ein Drachenpilot.« Ferret senkte die Stimme. »Das Haus Incolore verdankt seinen Wohlstand dem Handel, wissen Sie, und da besteht ... eine ererbte Schwäche in dieser Richtung.« Sie bewegten sich geschmeidig durch die Menge. Ferret murmelte hier einen Namen und dort einen Titel, erachtete jedoch die meisten Gäste als bedeutungslos. Schließlich sagte er: »Da haben wir jetzt Rocket.«
    Der Drachenpilot trug eine blaue Uniform und hatte ihnen den Rücken zugekehrt. Er unterhielt sich locker mit drei nichtssagenden rangniedrigen Elfen. Von hinten war er eindeutig attraktiv. Jane war ziemlich eingenommen von seiner Größe, dem Haarknoten sowie der Breite seiner Schultern. Vielleicht er, dachte sie. Ja, er wäre so ziemlich der Richtige.
    Aufgeschreckt von irgendeiner untergründigen Veränderung der Atmosphäre drehte sich Rocket um.
    Ihre Blicke begegneten sich. Seine Augen waren vom stetig wechselnden Grüngrau der Hyperboreischen Meere. Hintergründige Augen, Gauneraugen, Augen, die nichts als Unannehmlichkeiten bedeuteten. Sie waren sich nie zuvor begegnet, und dennoch war er ihr so vertraut wie das Innere ihrer Handtasche.
    Es war wieder Puck, wieder Peter, wieder Rooster. Flüchtig betrachtet, war das äußere Erscheinungsbild anders, das Haar war kürzer und ordentlicher gekämmt als bei den anderen dreien, die Nase schmaler, die Züge waren regelmäßiger. Er war größer und aufrechter und hatte die Haltung eines Soldaten. Aber im Innern war er es und niemand sonst. Er brannte vor ihr wie ein Neonschild. Sie hätte ihn überall erkannt.
    Laß es dir nicht anmerken!
    Sechs Kinder schleppten den geschlagenen Zwerg auf eben jener Silberplatte durch das Partygewühl, worauf zuvor der enthäutete Pferdekopf gelegen hatte. Gäste drängten sich heran und wetteiferten darum, einen Stechpalmenschößling als Glücksbringer in das Blut zu tauchen.
    Seltsam lächelnd tat Rocket einen zögernden Schritt auf Jane zu.
    »Verschwinde!« wies Jane Ferret an. Er ließ kurz die Zähne blitzen und zischte erstaunt, und dann schob sich Jane durch die Partygäste, durch das überhitzte Gewühl von Leibern und trat hinaus auf den Balkon.
    Die Luft war kühl und frisch; sie klärte ihr wunderbar den Kopf. Zwei Zwerge in Galiagantes Livrée machten gerade sauber. Sie schütteten die letzten Kehrbleche voller Sägespäne über die Balustrade, nahmen ihre Besen, nickten höflich und verschwanden.
    Jane blickte über die Große Graue Stadt hinweg. Die Gebäude waren schwarz und geheimnisvoll, ihre Lichter eine Botschaft, die sie nicht entschlüsseln konnte, in einer Sprache, die sie niemals gelernt hatte. Sie wollte ihr Getränk auf die Brüstung stellen und warf es dann aus einem Impuls heraus weg. Es überschlug sich auf dem Weg nach unten und glitzerte wie ein kurzlebiger Stern.
    Rocket trat auf den Balkon heraus, wie sie es sowohl befürchtet als auch erhofft hatte.
    »Wer sind Sie?« fragte er. »Ich kenne Sie. Wieso?«
    Sie bedachte ihn mit einem verächtlichen Blick. »Vielleicht haben Sie zuviel getrunken.«
    »Ich kenne Sie«, beharrte er. »Ihr Schicksal und das meine hängen auf irgendeine Weise zusammen. Wenn nicht in diesem Leben, dann in einem anderen.«
    »Ihre Vorahnungen und Phantastereien bedeuten mir nichts, Sir. Gute Nacht.«
    »Ich bin Drachenpilot. Jeden Tag habe ich mit Maschinen zu tun, die mir die Seele aus dem Leib fräßen würden, gäbe ich ihnen die

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