Die Tochter des stählernen Drachen

Titel: Die Tochter des stählernen Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick

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entlang, der nach Desinfektionsmitteln stank, und einige schmale Stufen hinauf. Weiteres Papier flüsterte, und ein weiterer Kobold trat von einem Drehkreuz zurück. Sie traten hindurch.
    Der Raum, den sie betraten, wurde von hufeisenförmig angeordneten Türen beherrscht. Galiagante trat durch die eine Tür, Jouissante öffnete eine andere. Einer der Funktionäre - Esplandian? - ließ mehrere Münzen in Janes Hand fallen. Sie öffnete die eigene Tür.
    Ein Stuhl war dort. Sie setzte sich. Im gedämpften Licht einer einzelnen Lampe sah sie an einer der Wände einen Apparat mit einem Schlitz für Münzen. Sie warf alle ein.
    Eine Abdeckung glitt vor einem Fenster hoch. Sie blickte auf eine halbkreisförmige Bühne. In ihrer Mitte wand sich ein Troll auf einer flachen Liege. Abgesehen von einem Paar Socken und fest zugeschnürten braunen Schuhen sowie dem oberen Teil eines Unterhemds war er nackt. Der große behaarte Bauch hob sich wie ein Kontinent aus einem häßlichen Fleischmeer. Die Augenlider waren vor so langer Zeit vernäht worden, daß die Haut zusammengewachsen war.
    Von einem gegenüberliegenden Fenster starrte Rockets Maske Jane an.
    Der Troll ächzte. Er hatte einen äußerst erstaunlichen Ständer. Fast über die ganze Länge hinweg war er von einer rohen rosaroten Färbung, als wären die obersten Hautschichten abgeschabt worden. Zur Spitze hin nahm er eine purpurrote Färbung wie bei einem Bluterguß an. Der Troll drehte und wand sich ganz langsam, woraus Jane zunächst schloß, daß er masturbierte. Dann jedoch wälzte er sich auf die Seite. Sie sah den Stumpf an einer Schulter, und ihr ging auf, daß er keine Arme hatte, mit denen er hätte masturbieren können.
    Als die Münzen abgelaufen waren, schloß sich das Fenster wieder, und die Gesellschaft trat unter Türengeklapper heraus.
    »Ich möchte eine Privatshow arrangieren«, sagte Galiagante zu dem Kobold. Dieser trug ein Bärtchen auf der Oberlippe, das wie eine dünne Linie Öl aussah. Sie berieten sich kurz. Dann führte sie der Kobold zwei Treppen hinab und weiter durch einen Vorratsraum mit leckenden Röhren in ein winziges Theater.
    Man hatte den schwachen Versuch unternommen, der Atmosphäre Glanz zu verleihen. Kleine Tische umstanden eine niedrige Bühne. Heavy Metal dröhnte aus einem Ghettoblaster, und ein Spiegelball warf einzelne Lichtpunkte durch das Theater. Sie setzten sich.
    »Wird ’ne tolle Sache werden«, bemerkte Jouissante.
    »Sehen Sie mich an, Sir?« fragte Jane.
    Rocket schüttelte den Kopf und sah mürrisch auf die Maske hinab, die er mit den Händen umklammert hielt. »Ich bin mir nicht sicher, ob das überhaupt etwas für mich ist.«
    »Warum sind Sie eigentlich mitgekommen, wenn Sie sich nicht amüsieren wollen?«
    Eine spärlich bekleidete Nymphe trat an ihren Tisch. »Falernian«, sagte Galiagante und steckte ihr mehrere Scheine in die Wäsche. Er setzte seine Maske ab und legte sie neben den Aschenbecher. Der Raum war heiß und stickig, doch Jane entschloß sich, die eigene Maske auf jeden Fall aufzubehalten.
    Kurze Zeit später wurde der Troll, den sie zuvor gesehen hatte, von zwei Zwergen hereingeführt. Sie zogen ihm den Morgenmantel aus; wie eben war er in Unterhemd, Schuhe und Socken gekleidet. Einer der Zwerge stach den Troll mit einem Stock.
    In der Mitte der Bühne fiel er auf die Knie.
    Die Nymphe kehrte mit Wein und Körben voller Silbermünzen zurück. Der Kobold mit dem bleistiftdünnen Bärtchen stöpselte das Mikrofon in eine Lautsprecherbox, und seine Ansage übertönte die Musik.
    »MaaaiiineDamenunHerrn«, sagte er undeutlich und verschwommen. »Lordsunfatas, geehrte Kundennndes Theatrsss ...«
    »PißköppunnZwerge«, brummelte einer der rangniedrigen Elfen.
    »SuchrrrdrrrWsshttt«, lachte Incolore.
    »... willkommmmmnnnzuunsrrrShow.« Die Scheinwerfer über den Tischen senkten sich herab. Blaue und rote Spots nagelten den Troll fest. »HEUTENACHT sinnddwirrrstolzz darrrfff, Ihnnnndnnn erstaunlichnn unnd absluuut bscheidnnn Tooooby CLUNCH zzzpräsnnntirnnn!«
    Jane schloß sich den anderen zu einem höflichen Applaus an.
    Der Zwerg mit dem Stock schlug Toby auf die Kehle und gab ihm damit den Einsatz. Der Troll zitterte und sagte mit hoher klarer Stimme: »Der Kalte Krieg ist vorüber. Wir stehen an der Morgendämmerung einer neuen Weltordnung. Uns stehen jedoch viele Gefahren und Ungewißheiten bevor. Ihr müßt im Kaffeesatz lesen und auf die Zwischentöne horchen. Ich weiß, wir leben in