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Die Tochter des stählernen Drachen

Die Tochter des stählernen Drachen

Titel: Die Tochter des stählernen Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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abstoßende Dinge, die Sie sich gegenüber niemals zugeben würden. Wahre Liebe, Klistiere, acht Meter alte Spitze, die vor Alter brüchig und braun geworden ist. Ihr Herzenswunsch.« Er grinste Galiagante höhnisch an. »Angelhaken. Andere Dinge.«
    Galiangte holte ein Bündel Banknoten hervor. »Bedien sie!« Der Kobold sprang mit ausgestreckten Händen auf ihn zu. Aber Fata Incolore schob sich zwischen ihn und das Bündel. Sie zählte die Hälfte ab und steckte den zusammengefalteten Rest Galiagante wieder in die Jackentasche. »Wenn wir Geschäftspartner werden«, sagte sie, »müssen wir zunächst ein gewisses finanzielles Verantwortlichkeitsgefühl entwickeln.«
    Er sah sie mit frischem Interesse an. »Werden wir dann Geschäftspartner?«
    »Wart’s ab.«
    »Hier hindurch.« Der Kobold legte die Hand auf eine kaum erkennbare Tür. »Schmutzig, häßlich, sehr nett, o ja, ja.«
    Jane zögerte. Sie hatte keine Lust einzutreten. Dort drinnen wartete etwas Fürchterliches. Sie spürte es. Sie wußte genau, sie würde es auf immer bedauern, dieses Etwas gesehen zu haben.
    »Sie haben Angst?« fragte Jouissante.
    Die drei Worte hingen in der Luft wie eine Herausforderung.
    »Nein, natürlich nicht.« Jane trat durch die Tür und zog sie fest hinter sich zu. Verdammt sollte sie sein, wenn die anderen das zu sehen bekämen, was es auch immer war.
    Sie betrat einen Raum von der Größe eines Basketballfelds. Er war leer. In einer Ecke hatte sich ein halbes Dutzend Zwerge um ein tragbares Fernsehgerät geschart. Bei ihrem Eintritt schalteten sie ihn aus und zerstreuten sich durch mehrere Türen. Zwei Zwerge kehrten mit einem fahrbaren, handbetriebenen alten Plattenspieler zurück. Ein dritter Zwerg eilte mit einem Wachszylinder hinter ihnen her. Er legte den Zylinder ein, drehte die Kurbel und senkte die Nadel herab.
    Kratzige Walzermusik ertönte.
    Leitern knallten gegen die Wände. In rasender Geschwindigkeit wurden Kreppapierglocken über die Halle gehängt. Im Treppenhaus gab es ein Gepolter, als die restlichen drei Zwerge zurückkehrten.
    Sie führten den Baldwynn herein.
    Der Baldwynn trug offizielle Abendkleidung. Der klassisch geschnittene Anzug war teuer und gerade genügend abgetragen, daß er nicht geliehen aussah. Der Schritt des Baldwynn war kraftlos und zögernd. Braungefleckte Hände, wie aus Porzellan, hingen reglos herab. Aber der Kopf drehte sich wie bei einer Kröte langsam von Seite zu Seite, und der Blick wirkte verschwommen, als starre er in ein anderes Universum.
    Ich fürchte mich nicht, sagte sich Jane. Ich werde mich nicht fürchten.
    Der Baldwynn wandte ihr den Kopf zu. Er hielt inne.
    Er sah Jane direkt an.
    Grinsende Zwerge umschwärmten sie. Einer entfernte ihre Maske. Ein weiterer nahm ihr den Mantel ab. Sie zogen sie zum Baldwynn hin und legten ihm ihre linke Hand auf die rechte Schulter. Ihre rechte Hand verschränkten sie mit seiner toten, weißen linken Hand, ihre andere Hand legten sie ihm um die Taille.
    Dann tanzten sie um die Halle umher, getrieben von den blechernen Walzerklängen. Sie schlurften dabei mit den Füßen, und ihre täppischen Bewegungen waren lediglich eine Reaktion auf die Knuffe und Stiche ihrer Wärter. Unbeholfen drehten und drehten sie sich.
    Zunächst hielt Jane den Blick auf die Brust des Baldwynn gerichtet. Dann jedoch stürzte sich ein Zwerg zwischen sie und schlug ihr das Kinn mit der kleinen Faust in die Höhe. Jetzt sah sie dem Baldwynn in die bleichen grauen Augen.
    Etwas blitzte kurz darin auf. Seine Lippen zitterten, als versuche er, damit etwas zu tun, das er schon seit langem vergessen hatte. Einmal. Zweimal.
    Beim drittenmal brach der Bann. Langsam stülpte er die Lippen vor wie ein kleines Mädchen, das um einen Kuß bettelt. Er entspannte sie mit einem schwachen Pff .
    Jane schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Erneut stülpte er die Lippen vor. Er senkte den Kopf zu ihr herab. Sie roch seinen Atem, er war madig und süß. Seine Hände wurden lebendig, und die Finger zupften schwächlich an ihr herum.
    »Nein!« Jane stemmte sich mit aller Kraft gegen die Brust des Baldwynn. Aber es gelang ihr nicht, sich loszureißen. Jemand, der so zerbrechlich und schwach war, konnte sie doch unmöglich festhalten! Und dennoch tat er es. Seine Arme waren wie Metallbänder, die sich langsam und unerbittlich schlossen und sie gegen den bejahrten Elfen-Gutsherrn drückten. Er legte ihr den Mund auf die Lippen. Als sie sich abwenden wollte, hielten ihr die Zwerge den

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