Die Tochter des stählernen Drachen
zusammen. Melanchthon flog jetzt Richtung Norden. Jane gab Gas.
»Volle Kraft!« befahl der Drache, als er sich wieder auf Maximalgeschwindigkeit einrichtete. »Kein weiteres Herumgeplänkel. Wir fliegen geradewegs zum Höllentor.«
»Wo ist es?« Die Navigationssysteme waren keine Hilfe. »Es ist nicht markiert! Ich kann’s nirgendwo finden.«
»Wo es ist? Närrin! Das Höllentor ist kein Ort - es ist ein Zustand !«
Auf seine Anweisung hin hob Jane Melanchthons Nase direkt nach oben. Ehe er abrutschen konnte, schaltete sie die Nachbrenner ein. G-Kräfte warfen sie auf die Liege zurück. Sie drückten ihr das Gesicht flach und schmälerten ihren Sichtbereich - alles sprang und tanzte; sie getraute sich lediglich, unmittelbar nach vorn zu schauen. Der Drache übernahm die Kontrolle ihrer selbständig arbeitenden Körperfunktionen und pumpte ihr Blut in den Kopf zurück, damit sie das Bewußtsein nicht verlor.
Die über ihnen türmenden Rauchsäulen schrumpften ins Nichts.
»Geh auf Position. Sieh mal, wie sie steigen!«
»Halt dich zurück, Spitfire.«
»Ich denke, ich kann einen Schuß rausdrücken.«
»Halt dich zurück!«
Alphanumerische fliegendreckgroße Ziffern schalteten sich ein und aus, während die Drachen miteinander sprachen. Es waren ihre öffentliche Identitäten. 2928: »Komm runter, Schätzchen. Wir möchten dir eine kleine Lektion in experimenteller Entelechie beibringen.«
6613: »Ha!«
8607: »Hört dein Pilot zu? Ich hab ’ne Botschaft für ihn: Spreiz die Backen, Dummscheißer, und mach dich auf ’nen Schuß Ontologie in Aktion gefaßt.«
Angewidert schaltete sie eine Maskierungsfunktion ein, die nur das ruhige Geplauder der Piloten durchließ.
»Hawk, kannst du dich auf Radar einklinken?«
»Ah, negativ, Rocket.«
»Verdammt noch mal, das ist die verrückteste Taktik, die ich je gesehen habe. Was hältst du davon?«
»Sieht für mich wie ein Entmagnetisierungsmanöver aus.«
»Das sehe ich auch so. Spitfire, geh auf Position zum Wegabschneiden. Hawk, dito links. Ich häng mich an ihn dran und treibe ihn euch direkt in die Arme.«
»Roger.«
»Roger.«
Ihre Verfolger waren ziemlich hoch. Über sie hinauszusteigen, schluckte den halben Abstand, den Jane ihnen gegenüber hatte. »Verfluchte Mistkerle«, sagte Melanchthon. »Sie glauben, sie haben uns in der Falle. Hol die Heckgeschütze hoch. Wenn sie irgendwie in Reichweite kommen, gib’s ihnen. Pust sie einfach weg.«
»O-okay.« Jane wurde wie ein Würfel im Becher eines Riesen herumgestoßen und -geschlagen. Sie konnte lediglich den Anweisungen des Drachen folgen, mehr nicht. Die Instrumentenbeleuchtung flackerte, als Melanchthon die beiden faßgroßen Gruppen von Supraleitern herauffeuerte, die gerade unterhalb der Bauchluken seines Thorax lagen. »Ich hab nie verstanden, wofür diese Dinger gut sind.«
»Dann sieh’s dir an.«
Melanchton warf 350 Grad vergrößerten Außenraum auf die Panoramaschirme. Jane sah elektromagnetische Felder, die sich wie Schwingen von seinem eisernen Körper wegbogen. Aktinisches blaues Licht flammte auf, wo die Felder auf Luft einwirkten, die beim Durchflug des Drachen ionisiert worden war.
»Da geht er hin, genau nach Plan. Es ist ein EM-Manöver, da bin ich verdammt sicher.«
»Kann mir nicht denken, weshalb sie zum Traumtor wollen, aber nichts sonst ergibt überhaupt einen Sinn. Position halten, Spitfire. Das hier geht nach Lehrbuch.«
»Du bist der Boß, Rocket.«
Sie schossen aus der Atmosphäre heraus. Und Melanchthon schaltete die Nachbrenner ab. Die blauen Flammen aus Energie wurden dunkler, wurden zu kleinen Wellen in der Struktur des Raums. Kurzzeitig befanden sie sich im freien Fall. Nach den zermalmenden Kräften der Beschleunigung kam Jane in der jähen Schwerelosigkeit fast der Mageninhalt hoch. Sie schluckte das plötzlich Hochgekommene wieder hinunter und überprüfte rasch alle Systeme. Überall grünes Licht. »Kannst du unsere Verfolger auf einer elektronischen Ebene zuschalten? Ich möchte ein paar private Worte mit ihrem Anführer wechseln.«
»Seitdem sie über den Horizont gekommen sind, habe ich elektronische Gegenmaßnahmen eingeschaltet«, sagte Melanchthon geringschätzig. »Hier. Ihr könnt jetzt virtuelle Zärtlichkeiten austauschen, du und dein Geliebter.«
Rockets Gesicht erschien auf der Panoramascheibe. »Jayne!« rief er erstaunt. »Was tust du denn hier?«
Sie konnte nicht antworten.
»Du bist entführt worden«, sagte er
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